Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungswidrige Rückwirkung der Verlängerung der Spekulationsfristen
Leitsatz (redaktionell)
1) Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob die zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl I 1999, 402) ergangene Anwendungsregelung des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 unter dem Gesichtspunkt unzulässiger unechter Rückwirkung mit Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes insoweit vereinbar ist, als auch private Grundstücksveräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung mehr als zwei Jahre beträgt und die auf einem nach dem 31.12.1998 sowie vor dem Beschluß des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 durch den Bundestag am 4.3.1999 abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder einem gleichstehenden Rechtsakt beruhen, als private Veräußerungsgeschäfte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 in Verbindung mit § 22 Nr. 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 der Einkommensbesteuerung unterworfen werden.
2) Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des BVerfG ausgesetzt.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 Sätze 1, 1 Nr. 1, § 52 Abs. 39, 39 S. 1; GG Art. 20 Abs. 3; EStG § 23 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen sind.
Die Kläger erwarben mit Vertrag vom 15.3.1990 ein seinerzeit landwirtschaftlich genutztes Grundstück mit einer Größe von 9926 qm für einen Kaufpreis von 60.000 DM.
Nach Vermessung und Parzellierung des Grundstücks in den Jahren 1996/1997 veräußerten die Kläger mit Vertrag vom 26.2.1999 eine Parzelle von 4309 qm Größe für einen Kaufpreis von 560.000 DM an die A-GmbH in Wl.
In dem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 23.3.2000 erfaßte der Beklagte aufgrund dieses Veräußerungsgeschäftes gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 einen steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 533.954 DM.
Mit dem hiergegen fristgerecht erhobenen Einspruch vertraten die Kläger die Auffassung, daß die rückwirkend für Kaufverträge ab dem 1.1.1999 geltende Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre gegen ihr schutzwürdiges Vertrauen in die zur Zeit des Vertragsabschlusses geltende gesetzliche Regelung des § 23 EStG a. F. verstoße und damit unzulässig sei. Die Verlängerung der Behaltefrist auf zehn Jahre bewirke, daß Grundstücke, die bereits steuerentstrickt gewesen seien, rückwirkend wieder der Besteuerung unterworfen würden. Hier hätte der Gesetzgeber zumindest eine Übergangsregelung oder eine Belastungsmilderung in Form der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG oder eine zeitanteilige Steuerfreistellung vorsehen müssen. Zudem sei die rückwirkende Gesetzesänderung auf den 1.1.1999 unzulässig, da sie auch Rechtsgeschäfte erfasse, die vor dem Beschluß und der Veröffentlichung des Gesetzes getätigt worden seien. Es sei ihnen nicht zuzumuten, sich laufend über sämtliche Gesetzgebungspläne zu informieren und wirtschaftliche Dispositionen auf Gesetzesentwürfe abzustellen. Außerdem sei in dem ursprünglichen Reformentwurf (Steuerreformgesetz 1999) von einer Verlängerung der Frist auf fünf Jahre die Rede gewesen, womit die Grundstücksveräußerung nicht steuerpflichtig gewesen wäre. Zum Zeitpunkt des Verkaufs hätten sie nach alledem nicht davon ausgehen können, von der Änderung des § 23 EStG erfaßt zu werden.
Hilfsweise beantragten die Kläger den gewinnmindernden Ansatz von nachträglichen Anschaffungskosten und Veräußerungskosten in Höhe von 92.179 DM. Wegen der Zusammensetzung dieser Aufwendungen wird auf die Aufstellung in Anlage zu der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 3.1.2001 Bezug genommen. Hinsichtlich des in dieser Aufstellung enthaltenen Vermögensverlustes für eine unentgeltlich an die Stadt Linnich abgetretene Fläche in Höhe von 7.000 DM erklärten sich die Kläger im Einspruchsverfahren mit einem Werbungskostenansatz in Höhe der tatsächlichen Anschaffungskosten von 302 DM einverstanden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 3.1.2001 half der Beklagte dem Begehren der Kläger insoweit ab, als er den Spekulationsgewinn unter Berücksichtigung von Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 658 DM und Werbungskosten in Höhe von 84.794 DM nurmehr mit einem Betrag von 448.502 DM der Besteuerung unterwarf. Die verbleibende Differenz zum Hilfsantrag der Kläger ergab sich hierbei aus der doppelten Erfassung einer Katastergebühr in Höhe von 30 DM. Im übrigen wies der Beklagte den Einspruch unter Hinweis auf die gesetzliche Neuregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 und der hierfür geltenden Anwendungsregelung des § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG zurück.
Bei der Verlängerung der sogenannten Spekulationsfrist durch die gesetzliche Neuregelung bzw. der r...