Privates Veräußerungsgeschäft nach Grundstücksteilung
Private Veräußerungsgeschäfte sind Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Der Steuerpflichtige muss das Wirtschaftsgut zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben.
BFH: Keine steuervergünstigte Veräußerung eines unbebauten Gartengrundstücks
Der BFH hatte mit Urteil v. 25.05.2011, IX R 48/10, entschieden, dass eine Privilegierung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht vorliegt, wenn ein Steuerpflichtiger ein unbebautes, bislang als Garten eines benachbarten Wohngrundstücks genutztes Grundstück veräußert, ohne dass er seine Wohnung aufgibt.
Der zu dem zu Wohnzwecken genutzten Wirtschaftsgut (regelmäßig das Gebäude oder das zu Wohnzwecken genutzte Gebäudeteil) dazugehörende Grund und Boden ist zwar in die Begünstigung einzubeziehen, es fehlt in diesem Fall aber an einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen der Wohnung und dem Grund und Boden des Nachbargrundstücks. Zudem will das Gesetz mit der gesetzlichen Regelung verhindern, dass durch die Veräußerungsgewinnbesteuerung ein Umzug erschwert wird.
Fall des Niedersächsischen FG: Grundstück wird Jahre nach Kauf geteilt
Im Rahmen eines Klageverfahrens vor dem Niedersächsischen FG stellte sich der Sachverhalt ein wenig anders dar. Die Kläger erwarben in 2014 ein bebautes Grundstück mit einer Größe von ca. 4.000 qm. Im Jahr 2018 trennten sie ein Flurstück von 1.000 qm ab und veräußerten es in 2019 (mit Gewinn).
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2019 gaben sie keinen Spekulationsgewinn an, da sie der Auffassung waren, dass sie lediglich einen Teil ihres Gartens des von ihnen selbst genutzten Grundstücks veräußert hätten. Das von ihnen erworbene Grundstück sei als zusammenhängender Garten angelegt worden. Erst im Anschluss an den Grundstückskaufvertrag hätten sie angefangen, eine Grundstücksgrenze zu ziehen.
Für das ursprünglich erworbene Flurstück habe ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang für eigene Wohnzwecke bestanden, da auch erst in 2018 eine andere Nutzung möglich gewesen sei (zu diesem Zeitpunkt wurde der später veräußerte Grundstücksteil zu Bauland erklärt). Anders als in dem vom BFH entschiedenen Fall, habe kein getrenntes, eigenständig verkehrsfähiges Grundstück in der Nachbarschaft vorgelegen.
FG bezieht sich auf Grundsätze des BFH
Dies sieht das Niedersächsische FG in Bezug auf die Rechtsprechung des BFH aber anders (Urteil v. 20.7.2022, 4 K 88/21). Die Kläger hätten ein privates Veräußerungsgeschäft verwirklicht, in dem sie die Teilfläche des von ihnen zuvor erworbenen Grundstücks innerhalb von 10 Jahren nach Erwerb wieder veräußert haben.
Dieses Veräußerungsgeschäft sei nicht gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG wegen einer Nutzung zu eigenen Wohnzecken von der Besteuerung ausgenommen. Das Flurstück diente im Zeitpunkt seiner Veräußerung bei gleichzeitiger Weiternutzung des bisherigen Gebäudes des Grundstücks nicht mehr den eigenen Wohnzwecken der Kläger, so dass die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung nicht vorgelegen hätten.
Mit der Grundstücksteilung und Bildung des Flurstücks zum Zwecke des Verkaufs sei der Zusammenhang mit dem weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude aufgehoben gewesen. Der Grund und Boden gehörte nicht zum eigengenutzten Gebäude und konnte daher auch nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Denn die Ausnahmeregelung habe ihre Rechtfertigung darin, dass nur Grundstücksveräußerungen, die durch einen Wohnsitzwechsel ausgelöst werden, von der Besteuerung als Veräußerungsgeschäft ausgenommen werden sollen. Dass, anders als in dem vom BFH entschiedenen Fall (s. oben), nicht bereits bei Erwerb ein eigenständiges Grundstück bestanden hat, ändere an dieser Beurteilung nichts.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Das FG hat die Revision zugelassen. Beim BFH ist nun unter dem Aktenzeichen IX R 14/22 folgende Frage offen:
Flurmäßige Abtrennung und anschließende Veräußerung einer unbebauten Teilfläche aus einem Flurstück, welches aus einer eigengenutzten Immobilie mit einer großzügigen Gartenfläche bestand. Kann die unbebaute, als Garten genutzte Fläche für sich den privilegierten Tatbestand einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG beanspruchen, da sie in einem Nutzen- und Funktionszusammenhang zum bewohnten Objekt stand?
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so hat das Niedersächsische FG im entschiedenen Fall gerechnet:
Anschaffungskosten gesamt für 3.863 qm: 123.000 EUR
Anschaffungskosten pro qm: 31,84 EUR
Veräußerungspreis: 90.000 EUR abzüglich anteilige Anschaffungskosten (1.000 qm x 31,84 EUR) von 31.840 EUR = Gewinn 58.160 EUR.
MfG, Frank Holst, Haufe Online Redaktion