Verkauf des Gartengrundstücks steuerpflichtig – aber nicht immer!
Blick in die aktuelle Rechtslage
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften unterliegen nach Maßgabe von §§ 22 Nr. 2 i.V.m. 23 EStG der Besteuerung. Dazu gehören nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z.B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.
Ausgenommen von der Besteuerung sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung
- ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder
- im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alternative)
genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
Der BFH musste nunmehr die Frage beurteilen, ob der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch ein zwecks Verkaufs geteiltes Grundstück zuzurechnen ist.
Sachverhalt: Grundstücksteilung mit anschließender Veräußerung und Gartennutzung bis zum Verkauf
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt verhielt sich folgendermaßen:
- Die Kläger sind verheiratet und wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
- Die Kläger erwarben 2014 zu je ½ ein Grundstück (3.863 qm).
- Der Einzug in das Eigenheim erfolgte in 2015 nach Sanierung.
- Infolge der sich nachträglich herausgestellten Bebaubarkeit des großen Grundstücks wurde dieses geteilt.
- Ein Grundstücksteil von 1.000 qm wurde nach der Teilung in 2019 veräußert. Zuvor wurden Abriss- und Abholzungsmaßnahmen durchgeführt. Bis zum Verkauf wurde das geteilte Grundstück offenbar weiter als Gartengrundstück genutzt.
Das Finanzamt ging in Bezug auf den veräußerten Grundstücksteil von einem privaten Veräußerungsgeschäft aus und versteuerte rd. 66.000 EUR.
Nds. FG: Steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft liegt vor!
Auch das Niedersächsische FG (Urteil v. 20.7.2022, 4 K 88/21) ging von einem privaten Veräußerungsgeschäft aus. Ein Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem weiter bewohnten Objekt liege nach Abtrennung und anschließender Veräußerung nicht mehr vor.
Entscheidung: Geteiltes Grundstück ist eigenständig zu beurteilen und löst ein privates Veräußerungsgeschäft aus.
Die Revision gegen die Entscheidung des Niedersächsischen FG ist unbegründet und wurde zurückgewiesen. Der BFH stellte zunächst heraus, dass die Anschaffung und die Veräußerung innerhalb der 10 Jahresfrist stattgefunden habe und demnach ein privates Veräußerungsgeschäft vorliege.
Wirtschaftliche Identität zwischen angeschafften und veräußerten Wirtschaftsgut
Zwischen dem veräußerten und dem angeschafften Wirtschaftsgut muss eine wirtschaftliche Identität (Nämlichkeit) vorliegen. Hiervon geht der BFH aus, wenn das angeschaffte Wirtschaftsgut nach Teilung nur zum Teil veräußert wird (wirtschaftliche Teilidentität). Auch im Entscheidungsfall erbrachte Abriss- und Abholzungsmaßnahmen auf dem abgeteilten Grundstück änderten an dem Vorliegen einer Teilidentität nichts.
Einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang entfallen
Das private Veräußerungsgeschäft wird nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen. Durch die Grundstücksteilung entfiel der einheitliche Nutzungs- und Funktionszusammenhang des neuen Grundstücksteils zu dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude nebst dazugehörigem Grund und Boden.
Mit der Teilung entstanden aus dem bis dahin einheitlichen Wirtschaftsgut Grund und Boden zwei neue Wirtschaftsgüter (Grundstücke), deren "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" jeweils getrennt zu betrachten ist.
Das abgetrennte Grundstück kann nach Auffassung des BFH zwar trotz Teilung noch in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten bebauten anderen Grundstück stehen. Im Entscheidungsfall hat der BFH diesen einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang aber abgelehnt.
Die Abtrennung der Teilfläche erfolgte zwecks Veräußerung und Bebauung durch den Erwerber. Die Abtrennung und die dokumentierte Veräußerungsabsicht überlagern den Zusammenhang mit dem eigengenutzten Gebäude und dessen Grundstück. Von einer Eigennutzung des später veräußerten Grundstücksteils ging der BFH zudem nicht aus, selbst wenn die Kläger dieses Flurstück bis zur Veräußerung als Garten genutzt haben sollten.
Unter welchen anderen Voraussetzungen ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem eigengenutzten Gebäude nebst dessen Grundstück bejaht werden kann, ließ der BFH ausdrücklich offen.
Hinweis: Einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang entfällt nicht automatisch
Die Veräußerung eines Gartengrundstücks sei nach § 23 EStG steuerpflichtig, heißt es in verschiedenen Meldungen. So „einfach“ hat es sich der BFH jedoch nicht gemacht. Im Entscheidungsfall wurde zwar eine Steuerpflicht gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angenommen, weil die Teilung des „Gartengrundstücks“ zum Zwecke der Veräußerung erfolgte. Eine Teilung muss aber nicht automatisch den Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem eigengenutzten Gebäude entziehen. Der BFH betont dies ausdrücklich, jedoch ohne zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen dieser Zusammenhang vorliegt bzw. entfällt. Weitere BFH-Entscheidungen sind zu erwarten. Die Beratungspraxis sollte dies bereits jetzt im Blick haben.
BFH, Urteil v. 26.9.2023, IX R 14/22; veröffentlicht am 25.1.2024.
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