Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluss von Kapitalerträgen, Schneeballsystem
Leitsatz (redaktionell)
Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ergeben sich ernsthafte Zweifel daran, dass Gutschriften über wiederangelegte Renditen in Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen, da bei derartigen Anlageformen nicht generell von einer Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Anlagebetrügers ausgegangen werden kann.
Normenkette
EStG §§ 20, 11 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Aussetzungsverfahren über die Frage, ob die angefochtenen Bescheide wegen Einkommensteuer 2007-2010 wegen Zuflüssen aus Kapitalerträgen im Zusammenhang mit einem Schneeballsystem zu ändern waren.
Die Antragstellerin beteiligte sich an der C Corporation (C).
Bei der C handelt es sich um eine am 19.2.2002 nach dem Recht des amerikanischen Bundesstaates Nevada begründete Aktiengesellschaft. Das Gesellschaftskapital betrug ausweislich des dem Gericht bekannten Gesellschaftsvertrages 10 Millionen US $. Der Nennwert eines Anteilsscheines betrug 100 US $. Gegenstand des Unternehmens war die Verwaltung des eigenen Vermögens. Die Gesellschafter waren entsprechend ihrer Beteiligungshöhe prozentual am Gewinn und Verlust der Gesellschaft zu beteiligen. Die C vertrieb nach den unbestrittenen Feststellungen des Beklagten Kapitalanlagen über ein Beratersystem vor allem in Deutschland. Das Geschäftsmodell sah so aus, dass von den Anlegern zur Verfügung gestellte Gelder in einen Vermögenspool fließen sollten, über den Banken Gelder zur Verfügung gestellt werden sollten, da diese Märkte für Privatanleger nicht zugänglich seien. Um gleichwohl hohe Renditen zu erzielen, sei der Umweg über die C notwendig. Den Anlegern wurden Renditen von 15,5 % versprochen.
Die Antragstellerin beteiligte sich an der C am 28.11.2006 mit einem Betrag von 20.000 EUR. Hierzu unterzeichnete sie eine Beitrittserklärung, in welcher sie nach als „stille Gesellschafterin” bezeichnet wurde.
Nach den dem Senat aus anderen Verfahren bekannten Ermittlungen des Landeskriminalamtes sowie der Staatsanwaltschaft E erhielten nach Einzahlung des Beteiligungsbetrages die Beteiligten zunächst eine Bestätigung, wonach der Beteiligungsbetrag dem Konto der C gutgeschrieben worden sei und mit diesem Datum das Beteiligungsverhältnis begänne. Sollte eine Beendigung der Beteiligung gewünscht sein, so sei dies frühestens nach Ablauf von zwölf Monaten möglich, wobei die Kündigung spätestens zum 31. Dezember zu erfolgen habe. Sollte keine Kündigung erfolgen, verlängere sich die Beteiligung automatisch um weitere zwölf Monate. Die C informierte jährlich über die Verlängerung und Erhöhung der Beteiligung. Diese Informationen hatten im Wesentlichen folgenden Wortlaut:
„Hiermit informieren wir Sie, dass sich ihre Beteiligung am XX.XX.XXXX um zwölf Monate verlängert. Der nominelle Wert ihrer Beteiligung wird sich auf voraussichtlich … EUR erhöhen.
Für den Fall dass der zum XX.XX.XXXX ermittelte Wert von dem oben genannten Betrag abweicht, erhalten Sie eine weitere Mitteilung.”
Der nominelle Wert der Beteiligung sollte danach höher sein, als der investierte Betrag. Entsprechende Mitteilungen wurden jährlich an die Beteiligten versandt.
Mit Schreiben vom 30.10.2012 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass wegen ihrer Beteiligung an der C für die Streitjahre Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern seien.
Mit Änderungsbescheiden vom 20.11.2012 und 29.11.2012 änderte der Antragsgegner die Einkommensteuerveranlagungen der Antragstellerin nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Darin berücksichtigte er Kapitalerträge, welche sich aus der getätigten Anlage bei der C ergeben haben sollen. Die Höhe errechnete er aus dem investierten Betrag zuzüglich der in den Vorjahren erzielten Zinsen und setzte von der Summe 15,5 % als Kapitalertrag an.
Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit Einsprüchen. Zugleich stellte sie Anträge auf Aussetzung der Vollziehung.
Zur Begründung teilte sie mit, dass es sich bei der Beteiligung an der C nicht um eine Beteiligung an einer stillen Gesellschaft, sondern um eine atypische stille Beteiligung handele. Die Antragstellerin habe mit Übernahme eines Unternehmerrisikos gehandelt. Aus deutscher Sicht sei die Beteiligung deshalb als eine Beteiligung an einem Gewerbebetrieb zu werten. Entsprechende Erträge hieraus könnten lediglich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuert werden. Solche Erträge seien nach dem DBA originär in den USA zu versteuern. Ferner habe die Gesellschaft niemals Erträge erwirtschaftet, da es sich um eine betrügerische Organisation handele. Daher könne unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des FG Saarland (1 K 2327/03) nicht von einem Zufluss von Beteiligungserträgen ausgegangen werden.
Mit Schreiben vom 6.12.2012 und 11.01.2013 sowie 25.02.2013 teilte der Antragsgegner mit, dass er die Aussetzung der Vollziehung ablehne. Zur Begründung wies er darauf hin, dass nach der bundesweit abgestimmten Rechtsau...