Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenheimzulage bei wirtschaftlichem Eigentum
Leitsatz (redaktionell)
1) Wirtschaftliches Eigentum i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO umfasst eine Mehrzahl ungleichartiger "zivilrechtlicher Rechtslagen", die Nichteigentümern eine eigentumsähnliche Position verschaffen.
2) Wirtschaftliches Eigentum liegt insbesondere dann vor, wenn der Nutzungsberechtigte, der die Kosten für die Wohnung getragen hat, aufgrund eindeutiger im voraus getroffener und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und Sachherrschaft - unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers - innehat.
3) Diese zur Herstellung einer neuen Wohnung auf fremden Grund und Boden entwickelten Grundsätze gelten im Fall eines Anbaus an eine auf fremden Grund und Boden befindliche Wohnung entsprechend.
Normenkette
EigZulG § 2; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1; EigZulG § 2 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin die Eigenheimzulage ab 1999 zusteht.
Die Klägerin, die mit ihrem Ehemann und zwei minderjährigen Kindern zusammenlebt, stellte den Antrag auf Eigenheimzulage und vermerkte in dem Antragsformular, dass sie die Eigenheimzulage für den im Jahr 1999 fertig gestellten Ausbau bzw. die Erweiterung an einer eigengenutzten Wohnung bei Herstellungskosten in Höhe von 122.871,– DM geltend mache. Auf den Antrag wird verwiesen.
Der Beklagte legte in einem Aktenvermerk vom 13.01.2000 nieder, dass die Klägerin unter der Anschrift H- straße 6, I, einen Anbau an das bestehende Gebäude errichtet habe. Der Anbau habe eine Nutzfläche von 66 qm. Baukosten seien in Höhe von 122.871,– DM aufgewendet worden, die durch ordnungsgemäße Belege an Amtsstelle nachgewiesen worden seien. Das gesamte Grundstück stehe im Eigentum der Großmutter der Klägerin, Frau K.
Ein in der Steuerakte befindliches Grundbuchblatt bezüglich dieses Grundstücks weist im Jahr 1950 eine Hof- und Gebäudefläche im Eigentum der Großeltern der Klägerin aus.
Unter dem 14.01.2000 forderte der Beklagte die Klägerin auf nachzuweisen, dass das Grundstück H-Straße 6 in ihrem wirtschaftlichen Eigentum stehe. Die Klägerin legte dem Beklagten daraufhin einen Vertrag über ein Dauernutzungsrecht vom 02.01.1998 vor. Der Vertrag hat folgenden Wortlaut:
„Vertrag über ein Dauer-Nutzungsrecht
zwischen |
K, H-Straße 6, I |
|
– Eigentümerin – |
und |
G geb. T, H-Straße 6, I |
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– Nutzungsberechtigte – |
Frau G nutzt die Wohnung in I, H-Straße 6 im ersten Obergeschoß und im Dachgeschoß.
Das alleinige Nutzungsrecht am ersten Obergeschoß und am Dachgeschoß des Hauses in I, H-straße 6, Gemarkung …, Flur … wird hiermit von der Eigentümerin auf Frau G geb. am 00.00.1964 auf deren Lebenszeit, mindestens aber für 50 Jahre übertragen.
Das Nutzungsrecht umfasst außerdem die gesamte Dach-Terrasse, welche den Deckenabschluß der Garage und zweier im Erdgeschoß liegender Räume bildet, die Mitbenutzung des Gartens und die Mitbenutzung des Hauseingangs an der Frontseite des Hauses.
Das Obergeschoß ist 80 qm groß ohne Terrasse, und das Dachgeschoß ist ca. 50 qm groß incl. Schrägen.
Frau G ist berechtigt, die Räume beliebig zu nutzen und zu verändern. Dabei sind öffentliche Bauvorschriften zu beachten. Frau G ist darüber hinaus berechtigt, die von ihr genutzte Wohnung durch einen Anbau im Bereich des Obergeschosses zu erweitern und zwar derart, dass die genannte Dach-Terrasse mit entsprechender Baugenehmigung bebaut wird. Die durch einen Anbau verursachten Herstellungskosten sind von Frau G zu tragen, ebenfalls die gesamten Instandhaltungsaufwendungen für die genannten Räume.
Für den Fall, dass Frau G oder ihr Rechtsnachfolger das Nutzungsrecht nicht in Anspruch nimmt, ist ihr oder einem Rechtsnachfolger der Gegenwert eines evtl. Anbaus zum jeweiligen Zeitpunkt von der Eigentümerin zu ersetzen.
I, 02. Jan. 1998
Die Klägerin trug vor, die neu entstandene Wohnung werde von ihrer Familie aufgrund des vorgelegten Vertrages, den sie mit ihrer Großmutter vor Beginn der Baumaßnahme geschlossen habe, genutzt. Die von ihr vorgelegte privatschriftliche Vereinbarung, die vor dem Baubeginn geschlossen worden sei, reiche zur Begründung ihres wirtschaftlichen Eigentums. Die Herstellungskosten seien von ihr getragen worden. Die Bezahlung sei aus dem Familieneinkommen und Familienvermögen erfolgt. Die Eigentümerin des Grundstücks, ihre Großmutter, sei in ihrer Verfügungsbefugnis durch den Vertrag über das Grundstück wirtschaftlich eingeschränkt, weil sie im Falle eines Verkaufs ihr, der Klägerin, schadenersatzpflichtig werde.
Mit Bescheid vom 12.05.2000 lehnte der Beklagte den Antrag auf Eigenheimzulage ab 1999 ab. Dies erläuterte er damit, dass der Anspruch auf Zahlung der Eigenheimzulage grundsätzlich nur für den bürgerlich-rechtlichen oder den wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes bestehe. Eine vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende Zuordnung komme nu...