Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorzeitiger Zugewinnausgleich als Schenkung
Leitsatz (redaktionell)
1) Der durch einen Ehevertrag unter ausdrücklich erklärtem Fortbestand des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft begründete vorzeitige Zugewinnausgleichsanspruch (sog. "fliegender Zugewinnausgleich") ist keine nicht steuerbare Ausgleichsforderung im Sinne des § 5 Abs. 2 ErbStG, sondern eine schenkungsteuerpflichtige freigiebige Zuwendung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
2) Eine mittelbare Grundstücksschenkung setzt voraus, dass der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker nicht schon über das ihm überlassene Geld, sondern erst über das Grundstück frei verfügen kann.
3) Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 a Satz 1 ErbStG findet gemäß § 37 Abs. 12 ErbStG a.F. nur auf Erwerbe Anwendung, für welche die Steuer nach dem 30.5.1994 entstanden ist. Eine hiervon abweichende Steuerfestsetzung wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß §§ 163, 227 AO kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der zu beurteilende Sachverhalt sich bereits mehrere Jahre vor dem maßgeblichen Stichtag ereignet hat.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1, 1 S. 1, § 13 Abs. 1, 1 Nr. 4a, Abs. 1 Nr. 4a S. 1; ErbStG a.F. § 37 Abs. 12; BGB § 1378 Abs. 3; ErbStG § 5 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist in erster Linie, ob der Kläger und seine inzwischen verstorbene Ehefrau durch notariellen Ehevertrag den Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet haben mit der Folge, dass eine nach § 5 Abs. 2 ErbStG schenkungsteuerfreie Ausgleichsforderung (§ 1378 BGB) zugunsten der Ehefrau entstanden ist.
Der Kläger ist als Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in … niedergelassen. Seine im April … verstorbene Ehefrau war bis zu ihrem Tode als …professorin und Inhaberin des Lehrstuhls für … an der Universität … tätig. Der Kläger und seine Ehefrau lebten seit ihrer Eheschließung am 21. März 1975 im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Mit notariellem Ehevertrag vom 17. Oktober 1990 (Urk.-Nr. 3020/1990 des Notars …) trafen die Ehegatten folgende Vereinbarung:
I.
Wir leben seit unserer Eheschließung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei diesem Güterstand soll es auch weiterhin verbleiben. Jedoch sollen die während unserer Ehe bisher entstandenen Zugewinnausgleichsansprüche mit Ausnahme des Praxiswertes vollständig ausgeglichen werden.
II.
Zum Ausgleich des Zugewinns überträgt der Ehemann auf die Ehefrau im vorherein den künftigen Kaufpreisanspruch, der sich beim Verkauf des Anwesens … 20, … 1, ergibt. Die Ehefrau kann für die Zeit vom Abschluss dieses Vertrages bis zum Entstehen der Kaufpreisforderung keine Zinsen beanspruchen.
III.
Zum Ausgleich des Zugewinns verzichtet der Ehemann hiermit gegenüber seiner Ehefrau weiter auf folgende Forderungen:
- Forderung aus dem mit seiner Ehefrau abgeschlossenen Darlehnsvertrag vom 3.1.1988 mit dem … am 15.10.1990 ausgewiesenen Saldo zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen.
Forderung aus dem mit seiner Ehefrau abgeschlossenen Darlehnsvertrag vom 29.4.1990 mit dem … am 15.10.1990 ausgewiesenen Saldo zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen.
Ferner tritt der Ehemann an seine dies annehmende Ehefrau ab:
- Forderungen aus den mit der Hausgemeinschaft Nachlass Dr. … bestehenden Darlehnsverträgen mit dem …am 15.10.1990 ausgewiesenen Gesamtsaldo zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen.
- Forderungen aus den … Festgeldkonten … zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen.
…
V.
Für die zukünftige Berechnung des Zugewinns gilt folgendes: Zum Anfangsvermögen eines jeden Ehegatten gehören diejenigen Vermögensgegenstände, die sich am 31.12.1990 in dessen Eigentum befinden. Der Zugewinn soll also in Zukunft so berechnet werden, als wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft zwischen den Beteiligten erst am 31.12.1990 begründet worden wäre ….
Nachdem das Finanzamt … anlässlich einer bei der Ehefrau des Klägers durchgeführten Betriebsprüfung von dem Abschluss des vorgenannten Ehevertrags Kenntnis erlangt und dem seinerzeit für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt … eine Kopie der Vertragsurkunde übersandt hatte, forderte dieses den Kläger unter Hinweis auf die Schenkungsteuerpflicht des vorgezogenen Zugewinnausgleichs bei Fortbestand des Güterstands zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf.
Dieser Aufforderung kam der Kläger mit der Begründung nicht nach, im Streitfall liege keine unentgeltliche Zuwendung, sondern ein gemäß § 5 Abs. 2 ErbStG nicht steuerbarer Vorgang vor.
Nach umfangreicher Erörterung setzte das Finanzamt … mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) stehendem Bescheid vom 12. August 1997 Schenkungsteuer i.H. von …,– DM gegen den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau fest. Dabei ging es von einem Erwerbswert i.H. von …,– DM aus. Diesem Betrag lagen der hälftige Kaufpreisanspruch (…,– DM) aus der Veräußerung des Objekts … 20 sowie die Stände der Darlehenskonten einschließlich Zinsen i....