rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Haushaltszugehörigkeit eines Kindes bei Trennung der Eltern von Tisch und Bett in gemeinsamer Wohnung
Leitsatz (redaktionell)
1) Leben Eltern getrennt von Tisch und Bett in der gemeinsamen Wohnung, lässt sich regelmäßig nicht feststellen, in welchem der beiden Haushalte das Kind vorrangig lebt, weil die gemeinsame Sorge beider Elternteile für das Kind trotz ihrer Trennung fortdauert. Die beruflich bedingte Abwesenheit eines Elternteils steht der Haushaltszugehörigkeit nicht entgegen, da der berufstätige Elternteil sonst unzulässig diskriminiert würde.
2) Bildet die Rechtmäßigkeit eines an einen Elternteil gerichteten Kindergeld-Rückforderungsbescheides den Streitgegenstand einer Klage, so muss der andere Elternteil nicht beigeladen werden.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 2; FGO § 60 Abs. 3; AO 1977 § 174 Abs. 5; EStG § 64 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger das an ihn für die Monate Juli 1996 bis Mai 1997 ausgezahlte Kindergeld zurückzahlen muss.
Da der Kläger und seine inzwischen von ihm geschiedene Ehefrau (E.) den Kläger zum Auszahlungsberechtigten für das Kindergeld bestimmt hatten, bezog dieser in der Vergangenheit laufend das Kindergeld für seinen 1984 geborenen Sohn. Der Kläger war als Montagearbeiter häufig außer Haus, auch in den Monaten ab Juni 1996. Im Zuge dieses auswärtigen Aufenthalts hat der Kläger in Kroatien einen Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt. Zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf Trennungsunterhalt beantragte E. am 11. November 1996, den Kläger im Wege der einstweiligen Anordnung zu verurteilen, ihr für die Dauer der kommenden 6 Monate Trennungsunterhalt zu zahlen. Inzwischen ist zwischen dem Kläger und E. unstreitig, dass sie ab Juni 1996 in der gemeinsamen Wohnung von Tisch und Bett getrennt lebten, also getrennte Haushalte unterhielten.
Mitte Dezember 1996 wurde der Kläger während seiner auswärtigen Montagetätigkeit krank und kehrte nach Hause zurück. Da sein Arbeitsverhältnis gekündigt wurde, hielt er sich ab diesem Zeitpunkt laufend in Leverkusen auf und wohnte dabei in der gemeinsamen Wohnung. Am 30. Mai 1997 meldete sich der Kläger behördlich um, nachdem er eine neue Wohnung angemietet hatte. Das Kindergeld für Juni 1997 wurde an den Beklagten mit dem Hinweis „Konto erloschen” zurücküberwiesen.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 1997, eingegangen beim Beklagten am 4. November 1997, und mit Schreiben vom 20. Februar 1998 teilte E. dem Beklagten mit, der Kläger und sie lebten seit Juni 1996 in der gemeinsamen Wohnung von Tisch und Bett getrennt, weil dies finanziell nicht anders möglich gewesen sei. Erst Ende Mai 1997 habe der Kläger eine neue Wohnung bezogen. Das Kindergeld sei immer auf das Konto des Klägers gezahlt und von diesem nicht an Sie weitergeleitet worden. Der Kläger habe sich seit Juni 1996 nicht um die Familie gekümmert, sondern sich lediglich selbst versorgt.
Der Beklagte zahlte der E. daraufhin ohne weitere Prüfung das Kindergeld für die Monate ab Juni 1996 nach (KG-Akte Bl. 44). Mit dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 16. Januar 1998 forderte der Beklagte vom Kläger, das für die Monate Juni 1996 bis Mai 1997 gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 2.500 DM zurück. Zur Begründung führte er aus, das Kind habe in diesem Zeitraum im Haushalt der E. gelebt, die somit vorrangig kindergeldberechtigt sei.
Mit seinem Einspruch machte der Kläger geltend, er habe bis Ende Mai 1997 zusammen mit seinem Kind und E. in der gemeinsamen Wohnung gelebt. Er sei Arbeitslosengeld-Empfänger und zu einer Rückzahlung des geforderten Betrags nicht in der Lage. Der Einspruch blieb jedoch ohne Erfolg.
Der Kläger macht geltend, er habe sich auch ab Juni 1996 noch um die Betreuung des gemeinsamen Sohnes gekümmert. Er habe ihn und E. finanziell unterstützt und die Wohnungsmiete gezahlt. Außerdem sei er mit dem Sohn in den „jugoslawischen Club” gefahren, wo dieser sich regelmäßig an einer Volkstanzgruppe beteiligt habe.
Der Kläger beantragt, den Rückforderungsbescheid vom 16. Januar 1998 und die Einspruchsentscheidung vom 11. März 1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, das Kind habe seit Juni 1996 im Haushalt der vom Kläger getrennt lebenden E. gelebt. Eine Haushaltsaufnahme erfordere das örtlich gebundene Zusammenleben zwischen Kind und Elternteil in einer gemeinsamen Familienwohnung. Der Berechtigte müsse dem Kind Fürsorge durch Erziehung, Beaufsichtigung und Pflege zukommen lassen. Dies sei im Streitfall allein E. gewesen. Daran änderten weder die seltenen Wochenendbesuche während der Montagetätigkeit des Klägers etwas noch die Besuche im „jugoslawischen Club” nach der Rückkehr des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Es ist davon auszugehen, dass der Sohn des Klägers in den Monaten Juni 1996 bis Mai 1997 zumindest auch zu seinem Haushalt gehört hat.
1. Im Streitfall haben weder die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung der E. gemäß § 60 Abs. 3 FGO...