Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Umsatzsteuervergütungen
Leitsatz (redaktionell)
Für den Erlass eines Verwaltungsakts gem. § 218 Abs. 2 Satz 2 AO bleibt nur Raum, wenn eine förmliche Entscheidung über den Erstattungsanspruch gem. § 37 Abs. 2 AO nicht vorgesehen ist und außerdem der Anspruch streitig ist. Im Streitfall kommt ein Rückforderungsbescheid gem. § 218 Abs. 2 Satz 2 AO nicht in Betracht, da durch die Mitteilung des Stpfl. über die USt für das Streitjahr bereits eine Grundlage für die Verwirklichung eines - etwaigen - Rückforderungsanspruchs vorhanden ist. Diese Mitteilung ist ein Steuerbescheid i.S.d. § 218 Abs. 1 Satz 1 AO.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2 S. 1, § 218 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte Umsatzsteuervergütungen für die Monate Januar bis Mai 2005 vom Kläger zurückfordern darf.
Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der H GmbH (H-GmbH) in A. Diese befasste sich mit der Konstruktion und Herstellung von Industrieanlagen. Das Betriebsgrundstück hatte sie vom Kläger gepachtet. Die Betriebs- und Büroeinrichtung wurde ihr durch die B GmbH (B-GmbH) vermietet, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls der Kläger war. Auf dem Grundstück befand sich außerdem eine mobile Mehrzweckhalle, die der Kläger bereits früher an die H-GmbH veräußert hatte und die von ihr zeitweise für die Produktion genutzt wurde.
2004 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C beim Kläger und der H-GmbH eine Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2002 durch. In den Berichten vom 30.08.2004 vertrat der Prüfer die Auffassung, dass zwischen dem Kläger und der H-GmbH eine Betriebsaufspaltung und eine umsatzsteuerliche Organschaft entstanden seien. Zur Vereinfachung könne für die geprüften Jahre der Erlass entsprechender Umsatzsteuerbescheide unterbleiben. Unter Bezugnahme auf die Prüfungsfeststellungen forderte der Beklagte den Kläger auf, ab dem 01.01.2005 Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben.
Die H-GmbH befand sich spätestens seit 2004 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Wegen einer Forderung in Höhe von rund 70.000 EUR übereignete sie die Halle zur Sicherheit an die B-GmbH. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 07.12.2004 Bezug genommen.
Der Kläger gab zwischen dem 23.02.2005 und dem 29.09.2005 Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Januar bis Juni 2005 ab. Diese führten für die Monate Januar bis Mai 2005 aufgrund von Vorsteuerüberhängen zu einer Umsatzsteuervergütung in Höhe von insgesamt 54.500,39 EUR. Für den Monat Juni 2005 meldete der Kläger eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung in Höhe von 11.544,86 EUR an. Aufgrund von Anträgen, die der Kläger im eigenen Namen bzw. für die H-GmbH beim Beklagten gestellt hatte, verrechnete dieser die Umsatzsteuervergütungen für die einzelnen Monate wie folgt: Einen Teil der Vergütung für Januar verrechnete er mit der vom Kläger und dessen Ehefrau zu zahlenden Einkommensteuer-Vorauszahlung für das 1. Vierteiljahr 2005 und überwies den Restbetrag auf ein Bankkonto des Klägers. Die Vergütungen für die Monate Februar, März und April wurden in voller Höhe mit Steuerschulden der H-GmbH verrechnet. Die Vergütung für Mai verrechnete der Beklagte im Wesentlichen mit der erwähnten Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Juni 2005. Per Saldo ergab sich für die Monate Januar bis Juni 2005 eine Umsatzsteuervergütung in Höhe von insgesamt 42.955,53 EUR.
Die H-GmbH stellte Ende Juni 2005 die Nutzung der vom Kläger gepachteten Grundstücke sowie der Halle ein. Im August 2005 veräußerte der Kläger seine Geschäftsanteile. Auf Antrag eines Gläubigers vom Oktober 2005 eröffnete das AG D am ….2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der H-GmbH. Dieses Verfahren ist inzwischen (2010) aufgehoben und die H-GmbH im Handelsregister gelöscht.
Am 25.7.2007 gab der Kläger die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2005 ab, bei deren Anfertigung Steuerberater K aus E mitgewirkt hatte. Dieser stellte sich auf den Standpunkt, dass die Organschaft bereits Ende 2004 durch den Sicherungsübereignungsvertrag beendet worden sei. Dementsprechend erklärte der Kläger für die Monate Januar bis Juni 2005 keine Umsätze der H-GmbH. Die Erklärung enthielt nur die eigenen Umsätze des Klägers in 2005 und zwar in Höhe von 0 EUR sowie einen Vorsteuerbetrag in Höhe von 191,34 EUR. Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung durch förmliche Mitteilung vom 15.07.2008 zu. Auf die verbleibende Umsatzsteuer (./.191,34 EUR) rechnete er die bereits erstatteten 42.955,53 EUR an und forderte den Kläger auf, die Differenz (= 42.764,19 EUR) zu zahlen.
Der Kläger legte gegen den „Umsatzsteuerbescheid 2005 (Abrechnungsteil) vom 15.07.2008” Einspruch ein. Der Beklagte dürfe die Umsatzsteuervergütungen nicht abrechnen, da diese die Organschaft beträfen, welche bereits Ende 2004 beendet sei. Für den Fall, dass dieser Einspruch endgültig keinen Erfolg habe, richtete der Kläger den Einspruch in der Begründung „hilfsweise” auch gegen den festgesetzten Umsatzsteuerbetrag für 2005 in Höh...