Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbliche Vermögensverwaltung und Bewertung von Vorzugsaktien
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Vermögensverwaltung für fremde Rechte ist stets gewerblich und nicht freiberuflich.
2) Ein Stpfl., der die Vermögensberatung für die Mitglieder einer vermögenden Familie betreibt und hierbei die Anlageberatung ganz oder teilweise selbst tätigt, handelt gewerblich.
3) Der Wert nicht notierter Vorzugsaktion ist grundsätzlich vom Börsenkurs der börsenfähigen Aktien desselben Unternehmens abzuleiten.
4) Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen ableiten, die vom Bewertungsstichtag weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist unter Berücksichtigung der Vermögens- und Ertragsaussichten zu schätzen. Das sog. Stuttgarter Verfahren ist ein geeignetes Schätzungsverfahren.
Normenkette
EStG §§ 18, 17; BewG § 11; EStG § 15
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin ihres im Verlauf des Klageverfahrens verstorbenen Ehemannes. Die Klägerin und ihr Ehemann wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann war Alleininhaber der Firma A e.K., einem Unternehmen für Vermögensverwaltung. Die Eintragung der A e.K. ins Handelsregister erfolgte am ….1999. In den Streitjahren verwaltete die A e.K. das Vermögen der Familienmitglieder B, nämlich von Frau B, Frau C und Frau B1 (Klägerin), bestehend aus Bankguthaben und Aktiendepots, weiteren Geldanlagen sowie Haus- und Grundbesitz. Für diese Tätigkeit verfügte die A e.K. ab Mitte 1998 über fachlich versiertes Personal (eine Sekretärin, einen Bankkaufmann und eine Projektleiterin). Die A e.K. bemühte sich um neue Kunden. In den Streitjahren hat sie jedoch keine weiteren Kunden gewinnen können. Die Klägerin und ihr Ehemann waren darüber hinaus Beteiligte der B Holding GmbH. Ab Juni 1996 belief sich die Beteiligung der Klägerin auf 27,96 % und diejenige des Ehemannes auf 23,37 %. Die Eheleute und die weiteren Gesellschafter veräußerten ihre Beteiligung an der B Holding GmbH am 30.06.1997 an die D Incorporation (D). Als Gegenleistung wurden den Veräußerern u. a. 5 Mio. Shares (Vorzugsaktien) der D zum Nominalwert von 1,00 US-Dollar pro Anteil gewährt. Die Vorzugsaktien konnten durch Gesellschafterbeschluss im Verhältnis 1:1 in Stammaktien umgewandelt werden. Der entsprechende Gesellschafterbeschluss wurde am …10.1997 gefasst. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Kurswert der Stammaktie 37,37 US-Dollar. Bei der Ermittlung ihres Veräußerungsgewinns nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) setzte die Klägerin den Wert der als Teil des Kaufpreises überlassenen Vorzugsaktien mit 21,56 US-Dollar je Aktie bei einem Devisenkurs von 1,72 DM an.
Im Zeitraum Oktober 2002 bis Mai 2003 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung F eine Betriebsprüfung (Bp) bei der Klägerin und ihrem Ehemann für die Jahre 1997 bis 1999 durch. Wegen der Einzelheiten der getroffenen Feststellungen wird auf den Bp-Bericht vom 11.09.2003 verwiesen. Die Prüfer gelangten u. a. zu der Auffassung, dass die Vermögensverwaltung der A e.K. als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren sei und dementsprechend der Buchführungspflicht unterliege. Dies veranlasste den Ehemann der Klägerin dazu, für die Streitjahre erstmals Gewinnermittlungen durch Bestandsvergleich vorzulegen. In diesen Gewinnermittlungen waren Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zum 31.12.1997 von 4 Mio. DM und zum 31.12.1998 von weiteren 1 Mio. DM gebildet. Diese Rückstellungen sollten nach den Ausführungen des Ehemannes der Klägerin im Zusammenhang stehen mit dem Aufbau einer Vermögensverwaltung für Kunden in Europa und in den USA, und zwar für die Beratung durch den Steuerberater E. Die entsprechenden Honorare wurden der A e.K. vom Steuerberater E am 10.03.2003 in Rechnung gestellt und – zwischen den Beteiligten nicht weiter streitig – im Jahr 2005 beglichen. Die Rückstellungen wurden von den Prüfern nicht anerkannt, weil im Prüfungszeitraum keinerlei Nachweise für die Begründung einer Rückstellungsverpflichtung vorgelegt worden seien. – Ferner ermittelten die Prüfer den Veräußerungsgewinn der Klägerin nach § 17 EStG aus der Veräußerung der Beteiligung an der B Holding GmbH neu. Die Prüfer stellten sich auf den Standpunkt, dass die Bewertung der 5 Mio. Shares an der D mit dem Kurswert der Aktien zum 30.06.1997 von 30,75 US-Dollar anzusetzen sei. Zwar seien die hingegebenen Vorzugsaktien an der D nicht an der Börse gehandelt worden. Andererseits seien die Vorzugsaktien jedoch kurze Zeit später im Verhältnis 1:1 in Stammaktien umgewandelt worden. Mithin sei es sachgerecht, für die Vorzugsaktien den Wert der Stammaktien anzusetzen. Dies führte zu einem Ansatz von 768.750,00 US-Dollar gegenüber bislang 539.000,00 US-Dollar für die der Klägerin hingegebenen D-Vorzugsaktien.
Mit Bescheiden vom 10.03.2004 änderte der Beklagte die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre und passte diese an die Ergebnisse der Feststellungen...