Entscheidungsstichwort (Thema)
Therapeutische Ernährungsberatung eines Diplom-Oecotrophologen umsatzsteuerfei
Leitsatz (redaktionell)
Die Umsätze eines Diplom-Oecotrophologen aus der therapeutischen Ernährungsberatung sind als Umsätze aus einer dem Arzt oder Heilpraktiker ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit steuerfrei gemäß § 4 Nr. 14 UStG.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist Diplom-Oecotrophologe (Ernährungsberater) und als solcher seit 1984 unternehmerisch tätig. Seit 1997 erzielt er außerdem geringfügige steuerpflichtige Vermietungsumsätze. Streitig ist, ob seine Umsätze aus der Ernährungsberatung gem. § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei sind.
Der Kläger übte seine ernährungsberatende Tätigkeit in den Streitjahren zunächst als freier Mitarbeiter bei Krankenkassen auf Honorarbasis aus. Ausweislich eines Ernährungsberatungsvertrages mit der Innungskrankenkasse M führte der Kläger dort Ernährungsberatungen im Rahmen von Gruppenkursen oder als individueller Einzelberater mit Personen durch, die ihm durch ärztliche Verordnung oder durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen aufgrund sozial-medizinischer Begutachtung zugewiesen worden waren. Daneben war eine zusätzliche vergütete Teilnahme des Klägers als Ernährungsberater auf Messen, Gesundheitstagen und Tagen der offenen Tür vereinbart.
Seit Inkrafttreten der Gesundheitsstrukturreform zum 1.1.1997 vereinnahmte der Kläger seine Honorare unmittelbar von den von ihm beratenen Personen, die insoweit im Rahmen sozial-rechtlicher Regelungen teilweise einen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber den Krankenkassen geltend machen konnten.
Nachdem der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 07.11.1985 unter Hinweis auf § 4 Nr. 14 UStG in Verb. mit § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG um Freistellung von der Umsatzsteuer gebeten und hierauf keine Antwort erhalten hatte, deklarierte er, wie bereits für 1984 und 1985 geschehen, seine Honorare auch ab 1986 lediglich im Rahmen der Einkommensteuer-Erklärungen als solche aus selbständiger beratender Tätigkeit. Erstmals für die Jahre 1997, 1998 und 2000 reichte der Kläger mit Rücksicht auf seine Vermietungsumsätze Umsatzsteuererklärungen ein. Die Umsätze und die damit zusammen hängenden Vorsteuern gab er wie folgt an:
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1997 |
1998 |
2000 |
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DM |
DM |
DM |
Umsätze 15 % |
4.800,00 |
2.100,00 |
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Umsätze 16 % |
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6.245,00 |
6.345,00 |
Umsatzsteuer |
720,00 |
0,00 |
1.015,20 |
Vorsteuerbeträge |
656,37 |
|
1.367,31 |
Zahllast |
63,63 |
1.314,20 |
- 352,11 |
Mitte 1999 führte der Beklagte beim Kläger eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 1996 bis 1998 durch. Im Ergebnis der Prüfung unterwarf der Beklagte, dem Prüfer folgend (Bericht vom 9.7.1999), die Umsätze des Klägers aus der Ernährungsberatung der Umsatzsteuer. Er stellte sich auf den Standpunkt, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG gelte für die Tätigkeit des Klägers nicht, weil die Ernährungsberatung keine im Sinne von § 4 Nr. 14 UStG/ § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnliche heilberufliche Tätigkeit sei. Da der Kläger in seinen Ausgangsrechnungen keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte, rechnete der Beklagte die Umsatzsteuer aus den Rechnungen heraus und setzte sie mit Bescheiden vom 4.8.1999 bzw. 9.8.1999 für die Jahre 1996, 1997 und 1998 auf 18.454 DM, 14.087 DM bzw. 12.659 DM (für 1997 und 1998 unter Einbeziehung von Vermietungsumsätzen und Eigenverbrauch) fest.
Im anschließenden Einspruchsverfahren trug der Kläger vor, seine Tätigkeit bestehe darin, durch ernährungstherapeutische Maßnahmen die Gesundheit der Patienten zu erhalten, wieder herzustellen bzw. die Erkrankung zu lindern. Er legte dazu eine Bescheinigung der IKK M vom 9.9.1999 vor, wonach er für die IKK als freier Mitarbeiter auf Honorarbasis tätig geworden sei. Die Zuweisung der Mitglieder der IKK zur Ernährungsberatung sei entweder durch ärztliche Verordnung oder durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung M aufgrund sozialmedizinischer Begutachtung erfolgt. Dazu legte er mit Schreiben vom 11.8.1999 beispielhaft verschiedene ärztliche Atteste und Bescheinigungen vor, auf die Bezug genommen wird. Daraus ergebe sich, dass er, der Kläger, ausschließlich auf medizinischem Gebiet (Ernährungserkrankungen) tätig geworden sei. Die Ernährungserkrankungen seien in drei Gruppen aufteilbar. Es gebe die ernährungsbedingten Krankheiten (Fettsucht/Adipositas, Diabetes, Fettleber, Leberzirrhose u. a.), Krankheiten die auf Ernährungstherapie ansprechen (Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz, Magen/Darmkrankheiten u. a.) und schließlich die krankheitsbedingte Fehlernährung (z. B. bei Resorptionsstörungen, Bulimie u. a.). Hier falle dem Oecotrophologen eine wichtige Aufgabe der Heiltätigkeit zu. Dass diese Tätigkeit, im Gegensatz zu der eines Krankengymnasten oder eines nichtmedizinischen Psychotherapeuten, nicht zu den ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten im Sinne von § 4 Nr. 14 UStG gehören solle, sei mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar. So habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil ...