Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatz-Vergleichsverfahren als sachgerechtes Kriterium für die Beurteilung der Gewerblichkeit
Leitsatz (redaktionell)
Ein Strukturwandel vom landwirtschaftlichen Betrieb zum gewerblichen Betrieb ist anzunehmen, wenn der Umsatz aus zugekauften Fremderzeugnissen am Gesamtumsatz des Betriebs 30% überschreitet. Für diese Beurteilung führt nur das Umsatz-Vergleichsverfahren zu sachgerechten Ergebnissen. Das Einkaufswert-Umsatzverfahren führt zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen.
Normenkette
EStG §§ 13, 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in den Streitjahren, ebenso wie in den Vorjahren, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder – aufgrund eines zwischenzeitlich eingetretenen Strukturwandels – solche aus Gewerbebetrieb erzielt hat.
Bei der Klägerin, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, handelt es sich um ein vor ca. 70 Jahren gegründetes Unternehmen, das in der zweiten bzw. dritten Generation durch die Gesellschafter, die Herren B. A. sen., B. A. jun. sowie C. A., als Familienbetrieb geführt wird.
Die Klägerin verfügte in den Streitjahren über einen Gärtnereibetrieb sowie drei Ladengeschäfte. In der Gärtnerei wurden Blumen und Zierpflanzen gezüchtet, die ausschließlich über die drei eigenen Ladengeschäfte bzw. direkt im Rahmen der Gärtnerei an Endabnehmer verkauft wurden. Die Blumenzucht oblag den als Gärtnereimeistern ausgebildeten Gesellschaftern B. A. sen. und B. A. jun., die durch vier Angestellte Gärtnergehilfen und einen Gärtnerlehrling sowie gelegentliche Aushilfen unterstützt wurden. In den drei Ladengeschäften setzte die Klägerin sowohl aus Eigenerzeugung wie auch aus Zukauf stammende Schnittblumen, Topf-, Beet- und Balkonpflanzen ab, desweiteren auch Keramikartikel, Korbwaren und Stauden. Desweiteren betrieb die Klägerin Kranzbinderei und Grabpflege und fertigte Gestecke, für die zugekaufte und selbst erzeugte Blumen verwandt wurden. Der Gesellschafter C. A., ebenfalls Gärtnermeister, war für die kaufmännische Betriebsleitung der Ladengeschäfte zuständig. Für den Vertrieb der zugekauften Artikel und selbst gezüchteten Pflanzen sowie für das Binden von Kränzen und das Fertigen von Gestecken beschäftigte die Klägerin in den Ladengeschäften neben den beiden als Aushilfe tätigen Ehefrauen der Gesellschafter vier Verkäuferinnen, einen Floristenlehrling und im Bedarfsfall Aushilfskräfte.
Die Klägerin trat sowohl im Rahmen ihrer Ladengeschäfte wie auch ihrer Gärtnerei gegenüber ihren Kunden einheitlich unter der Firma B. A. auf. Die kassentechnische Erfassung der in der Gärtnerei vereinnahmten Erlöse erfolgte über das Ladengeschäft …straße in …. Die Handelsgeschäfte … Straße in … und … Straße in … verfügten jeweils über eigene Registrierkassen. Die in den Läden und in der Gärtnerei vereinnahmten Erlöse wurden in einem täglich erstellten Kassenbericht zusammengefaßt ausgewiesen. Der Wareneinkauf für alle Ladengeschäfte erfolgte zentral. Die Eingangsrechnungen wurden überwiegend an den Sitz der Geschäftsleitung in der …straße in … gerichtet und von einem der drei Bankkonten der Klägerin bezahlt. Die Buchführung und Rechnungslegung erfolgte für die Gärtnerei und die drei Ladengeschäfte einheitlich.
Der Anteil der in dem unmittelbar an der Gärtnerei … in … gelegenen Handelsgeschäft … straße erzielten Umsätze am Gesamtumsatz der Klägerin betrug 60 %, der des Ladengeschäfts … Straße, das in mittelbarer Nähe zum Gärtnereibetrieb ebenfalls in … gelegen ist, 27 % sowie der des Ladengeschäfts … Straße 13 %.
Ebenso wie für die Vorjahre erklärte die Klägerin in den Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für die Streitjahre solche aus Land- und Forstwirtschaft. Gewerbesteuerklärungen und Umsatzsteuererklärungen wurden nicht abgegeben. Der Beklagte erließ daraufhin, insoweit erklärungsgemäß, Feststellungsbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen.
In den Jahren 1990 und 1991 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft … (Bp) statt. Im Anschluß hieran vertrat der Beklagte die Ansicht, daß die Einkünfte der Klägerin als solche aus Gewerbebetrieb zu beurteilen seien. Aufgrund des steuerschädlichen Zukaufs von Fremderzeugnissen in den Jahren 1980 bis 1984 sei es zu einem Strukturwandel im Betrieb der Klägerin gekommen. Die Klägerin erziele daher in den Streitjahren nicht mehr Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, sondern solche aus Gewerbebetrieb, so daß Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für die Streitjahre festzusetzen seien. Die Klägerin vertrat hingegen die Auffassung, daß sie ausschließlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt habe. Im übrigen wurde hinsichtlich des Ergebnisses der Betriebsprüfung Übereinstimmung erzielt.
Auf der Grundlage des Betriebsprüfungsberichts vom 22. Januar 1992 erließ der Beklagte sodann am 28. Januar 1993 gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderte Feststellungsbescheide hinsi...