Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Existenzgründerrücklage
Leitsatz (redaktionell)
Eine § 7g-Rücklage a.F. für Existenzgründer setzt voraus, dass das Investitionswirtschaftsgut im Rücklagenjahr verbindlich bestellt worden ist. Eine Bestellung im Folgejahr ist nicht ausreichend.
Normenkette
EStG § 7g
Tatbestand
Materiell ist zwischen den Beteiligten streitig, ob die Klägerin als Existenzgründerin eine 7g-Rücklage nach altem Recht bilden durfte, obwohl sie keine verbindliche Bestellung vorgenommen hatte.
Die Klägerin war im Streitjahr und ist bis heute wohnhaft im Bereich des Finanzamts A. Bei ihrem Wohnsitzfinanzamt meldete sie am … 2007 einen Betrieb Landmaschinenvermietung an. Wirtschaftsjahr der im Handelsregister eingetragenen Firma ist der 01.07. bis 30.06. Am 1. November 2007 wurde der Betriebssitz nach B (im Zuständigkeitsbereich des Beklagten) verlegt.
Die Klägerin erstellte zum 30. Juni 2007 ihren Jahresabschluss (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung vom … 2007 bis 30. Juni 2007). Darin ermittelte sie einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 313.327,09 EUR. Dieser beruhte im Wesentlichen darauf, dass sie 306.800 EUR in einen Sonderposten mit Rücklageanteil einstellte. In einer Ergänzungsliste zu Ansparabschreibungen nach § 7 g EStG a.F. fügte sie eine Aufstellung der voraussichtlich anzuschaffenden einzelnen Wirtschaftsgüter bei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Jahresabschluss 2007 nebst der Ergänzungsliste Bezug genommen.
Der Beklagte folgte zunächst der Auffassung der Klägerin und erließ am 13. Juni 2008 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns 2007, in dem er den Verlust mit 313.327 EUR erklärungsgemäß feststellte. Dieser Bescheid erging endgültig. Ebenfalls erging am 3. Juli 2008 ein endgültiger Bescheid auf den 31. Dezember 2007 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes über 313.285 EUR.
Im Jahre 2010 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C eine Außenprüfung bei der Klägerin durch. Dabei versagte der Prüfer im Wesentlichen die Bildung der 7g-Rücklage. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 11 des Betriebsprüfungsberichts vom 25. Mai 2010 Bezug genommen.
Der Beklagte folgte der Auffassung des Betriebsprüfers und erließ folgende Änderungsbescheide:
einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 2007 vom 09.09.2010, in dem er den Gewinn nunmehr auf ./. 6.528 EUR feststellte;
einen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2007 vom 29.09.2010, in dem er den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf 6.484 EUR feststellte.
Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 04.03.2011 als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage trägt die Klägerin vor:
Der Beklagte habe nicht dargelegt, wieso er zu einer Änderung der bestandskräftigen Erstbescheide befugt sei. Außerdem habe er zu Unrecht das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des § 7g EStG a.F. verneint. Sie habe als Existenzgründerin von der gesetzlichen Möglichkeit des § 7g Abs. 7 EStG Gebrauch gemacht.
Die Klägerin beantragt,
den geänderten Feststellungsbescheid 2007 vom 09.09.2010 und den geänderten Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Ergänzend trägt er vor:
In dem erstmaligen Gewinnfeststellungsbescheid sei bestandskräftig festgestellt worden, dass eine gesonderte Feststellung durchzuführen sei. Diese gesondert festgestellte Besteuerungsgrundlage sei nicht angefochten worden, so dass sie auch bei Erlass des Änderungsbescheids zu berücksichtigen sei.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der angefochtene Änderungsbescheid zur Gewinnfeststellung 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin deshalb in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.
Demgegenüber ist der Änderungsbescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 2007 rechtmäßig.
1. Gewinnfeststellung
Der angefochtene Gewinnfeststellungsänderungsbescheid ist rechtswidrig.
Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b der Abgabenordnung 1977 – AO – sind die Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert festzustellen, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 AO ist für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Einkommen das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat (Wohnsitzfinanzamt). Für die gesonderte Feststellung nach § 180 AO ist gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO bei gewerblichen Betrieben mit Geschäftsleitung im Geltungsbereich der Abgabenordnung das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befindet.
Im Streitfall war zum Schluss des Gewinn...