Entscheidungsstichwort (Thema)
Formwirksamkeit einer mittels beSt und einfach signiert erhobener Klage
Leitsatz (redaktionell)
1. Die einfache Signatur ermöglicht wie die eigene Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung und bringt dessen unbedingten Willen zum Ausdruck, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen.
2. Das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) ist ein sicherer Übermittlungsweg i.S.d. § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO.
3. Es entspricht dem gesetzgeberischen Willen, dass auch Steuerberatungsgesellschaften über das beSt wirksam nicht qualifiziert signierte elektronische Dokumente übermitteln können sollen.
4. Zwar lässt sich mit der einfachen Signatur – verbunden mit der Übermittlung über das beSt einer Steuerberatungsgesellschaft – die Herkunft des Dokuments von einem konkreten Sachbearbeiter nicht rechtssicher nachweisen; dies gilt aber gleichermaßen für das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) und ist hinzunehmen.
Normenkette
FGO § 64; StBerG §§ 86d, 157e; ERVV § 2 Abs. 1 S. 1; FGO § 52a
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten in der Sache um die Berücksichtigung eines Verlustes aus § 17 EStG und nachträglicher Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an der B GmbH im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Streitjahres (2017) sowie um die Anpassung des zur Einkommensteuer 2017 festgesetzten Verspätungszuschlages.
Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung einen Verlust nach § 17 EStG aus seiner Beteiligung an der B GmbH in Höhe von … EUR und nachträgliche Betriebsausgaben zu dieser Beteiligung in Höhe von … EUR geltend.
Gegen den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 01.09.2020, in dem der Beklagte weder den geltend gemachten Verlust aus § 17 EStG noch die nachträglichen Betriebsausgaben berücksichtigte, legte der Kläger am 25.09.2020 Einspruch ein, mit dem er unter anderem nunmehr die Berücksichtigung eines Verlustes aus der Beteiligung an der B GmbH von … EUR und der bereits erklärten nachträglichen Betriebsausgaben zu dieser Beteiligung begehrte.
In der Einspruchsentscheidung vom 21.06.2023 entsprach der Beklagte teilweise – hinsichtlich zwischen den Beteiligten nicht mehr streitiger Punkte – dem Begehren des Klägers, lehnte jedoch eine Berücksichtigung des geltend gemachten Verlustes aus der Beteiligung an der B GmbH ab und wies auch den Einspruch gegen den Verspätungszuschlag als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob der Kläger im Namen der A GmbH Steuerberatungs-Gesellschaft, als seine Prozessbevollmächtigte Klage, die ausweislich des seitens des Gerichts erzeugten Prüfvermerks über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach der A GmbH Steuerberatungsgesellschaft Berufsausübungsgesellschaft übermittelt wurde. Der Kläger war im Handelsregister seit dem 00.00.2017 als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A GmbH Steuerberatungs-Gesellschaft eingetragen. Die nicht qualifiziert signierte pdf.-Datei der Klageschrift war von dem Kläger handschriftlich unterschrieben und ausweislich des gerichtsseitig erstellten Prüfvermerks vom 23.07.2023 an diesem Tage um 13:21:08 Uhr bei Gericht eingegangen. Der Prüfvermerk trägt den Hinweis: „Sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Steuerberaterpostfach.”
Mit Hinweisschreiben vom 25.10.2023 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Formwirksamkeit der Klageerhebung bestehen könnten, da aus dem Prüfvermerk nicht ersichtlich sei, ob der Unterzeichner des Schreibens dieses auch abgesendet habe, da der Prüfvermerk als Absender lediglich die Berufsausübungsgesellschaft nenne.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Formerfordernisse der elektronischen Klageerhebung erfüllt seien und somit die Klage im Sachlichen angegangen werden könne.
Der Beklagte hat auf eine Stellungnahme zur Zulässigkeit der Klage verzichtet.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Senat entscheidet über die Frage der Formwirksamkeit der Klage durch Zwischen-Gerichtsbescheid gemäß §§ 97, 90a der Finanzgerichtsordnung (FGO).
a) Nach § 97 FGO kann über die Zulässigkeit der Klage durch Zwischenurteil vorab entschieden werden. Das Zwischenurteil kann sich dabei nach dem Zweck des § 97 FGO auf die Bejahung einer einzelnen Prozessvoraussetzung beschränken (vgl. BFH, Urteil vom 22.07.2015 – V R 50/14, BFH/NV 2015, 1694). In den Fällen des § 97 FGO kann die Entscheidung auch durch einen Gerichtsbescheid ergehen (BFH, Zwischenurteil vom 05.11.2019 – X R 15/18, BFH/NV 2020, 526).
b) Der Erlass einer Zwischenentscheidung gemäß § 97 FGO betreffend die Formwirksamkeit der Klageerhebung ist im vorliegenden Verfahren sachgerecht. Hierdurch wird die in dieser Hinsicht durch den gerichtlichen Hinweis vom 25.10.2023 aufgeworfene Ungewissheit über die Zulässigkeit der Klage beseitigt, so dass sich der Rechtsstreit im weiteren Verlauf auf die materiell-recht...