Entscheidungsstichwort (Thema)
Tätigkeit eines EDV-Beraters als eine dem Ingenieur ähnliche Berufstätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1) Die "Ähnlichkeit" in der Ausbildung und Art der Tätigkeit zu einem Ingenieur i.S. von § 18 EStG kann im Einzelfall durch einen "Soll-Ist-Vergleich" der Umfänge der theoretischen Ausbildungszeiten, aber auch durch eine Bewertung des Niveaus von zum Beweis vorgelegten Arbeitsproben festgestellt werden.
2)Die vom BFH zur Abgrenzung einer freiberuflichen von einer gewerblichen Tätigkeit als entscheidend herausgestellte Differenzierung der Entwicklung von Systemsoftware einerseits und Anwendersoftware andererseits kann für das Jahr 1991 nicht mehr als sachgerecht betrachtet werden, weil bereits 1991 auch der typische Informatiker, der sog. Kerninformatiker, überwiegend im Bereich der Anwendersoftware-Entwicklung tätig war.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine freiberufliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG handelte, weil seine Tätigkeit der eines Ingenieurs ähnlich war oder ob der Kläger gewerblich tätig war und er aus diesem Grund einen Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 GewStG unterhielt.
Für das Streitjahr legte der Kläger keine Gewerbesteuererklärung vor. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung ordnete er die Einkünfte aus seinem Unternehmen dem Bereich der selbständigen Arbeit i.S.d. § 18 EStG zu.
Das FA behandelte das Unternehmen des Klägers als Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 GewStG und erließ aus diesem Grund den Gewerbesteuermessbescheid 1991 vom 19. Mai 1994 in dem es einen Gewerbesteuermessbetrag i.H.v. 155.– DM ansetzte. Hierbei erhöhte das FA den vom Kläger erklärten Gewinn von 28.612.– DM auf 39.149.– DM, weil es einen Teil der als Betriebsausgaben erklärten Fremdleistungen nicht zum Abzug zuließ. Über die Höhe des Gewinns besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Mit seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage begehrt der Kläger eine Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids 1991, weil er freiberuflich und nicht gewerblich tätig gewesen sei.
Ausbildung und beruflicher Werdegang des Klägers gestalteten sich wie folgt:
Nach Ablegung des Abiturs wurde der Kläger bei der Firma H AG in C, einem mittelständischen Unternehmen, zum mathematisch-technischen Assistenten ausgebildet. Die zweieinhalbjährige Ausbildung begann im September 1983. Sie endete durch eine Abschlussprüfung im Februar 1986 vor der IHK L. Die Ausbildung entfiel etwa jeweils zur Hälfte auf einen praktischen und einen theoretischen Teil. Der praktische Teil der Ausbildung bestand aus einer Tätigkeit des Klägers bei der Firma H AG im Systembereich Datenbanken. Die theoretische Ausbildung erfolgte in einem Blockunterricht. Sie dauerte zweimal ein halbes Jahr und einmal drei Monate. Die Ausbildung erfolgte durch Dozenten von Fachhochschulen. Träger der Ausbildungsmaßnahme war ein Zusammenschluss von mehreren Firmen. Wieviele Stunden pro Woche unterrichtet wurden, hing davon ab, inwieweit die Dozenten durch ihre anderweitige Unterrichtstätigkeit belastet waren. Die reine Unterrichtszeit betrug etwa 30 bis 45 Unterrichtsstunden pro Wochen. Bei dieser Zeit ist die Zeit für Hausarbeiten nicht mitgerechnet. Die theoretische Ausbildung entfiel jeweils zur Hälfte auf Datenverarbeitung und auf Mathematik.
Im Bereich Datenverarbeitung erwarb der Kläger Kenntnisse in den Bereichen
- Datenfernverarbeitung
- Adressierungsmechanismen der unterschiedlichen Datenbankarchitekturen
- Systemprogrammierung mit Assembler-Programmen
- Systemorganisation von Großrechnern
- Durchsatzermittlung unterschiedlicher Prozessortypen.
Der mathematische Anteil der Ausbildung umfasste die Fächer
- Numerik
- Analysis
- Algebra
- Statistik
- Operations-Research.
In den Jahren 1987 und 1988 war der Kläger Angestellter der I GmbH. Er war dort tätig im Bereich Systembetreuung Datenbanken.
Ab dem Jahr 1989 war der Kläger selbständig. Er war zunächst als freier Mitarbeiter der Firma I GmbH tätig. Die Firma I GmbH handelte ihrerseits als Subunternehmer der Firma T AG. Die Firma T stellte der J GmbH den Kläger im Rahmen eines Werkvertrages zur Verfügung.
Die J GmbH ihrerseits entwickelte im Auftrag der deutschen U AG eine speziell auf die Uabgestimmte Großanwendung zur Auftragsbearbeitung und Bestandsverwaltung mit Namen „…” mit einer Größenordnung von circa … Millionen Firmen- und Privatanschlüssen.
Der Kläger war der Projektgruppe „W” zugeordnet. Deren Aufgabe bestand in Datenbankentwurf und Implementierung, der systemtechnischen Umsetzung der analogen Vermittlungstechnik in digitale Übertragungswege und dem Datenbankmonitoring.
Der Kläger selbst beschäftigte sich im Streitjahr 1991 überwiegend mit dem Datenbank-Entwurf (insbesondere mit der Definition von Segmenten, DBDs und PCBs sowie deren Implementierung und Test) und der Performance-Analyse. Weiterhin wurden von ihm Systemprogramme erstellt, die zu besseren Auswertungsmöglichkeite...