Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung eines Gesellschafters an einer Außenprüfung bei der GbR; Voraussetzungen einer Fortsetzungsfeststellungsklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Rücknahme der Beteiligung eines Gesellschafters an einer Betriebsprüfung bei der GbR stellt einen Verwaltungsakt dar.
2. Eine Außenprüfung ist abgeschlossen, wenn die prüfende Behörde den Abschluss ausdrücklich oder konkludent erklärt, wobei die Außenprüfung mit der Zusendung des Prüfungsberichts i.d.R. als abgeschlossen angesehen werden kann.
3. Die Tatbestandsvoraussetzung des berechtigten Interesses i.S.d. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist eine besondere Sachentscheidungsvoraussetzung für die Fortsetzungsfeststellungsklage.
4. Typische Fallgruppen eines berechtigten Interesses sind (a) eine Wiederholungsgefahr, (b) die präjudizielle Wirkung für Folgeprozesse wie etwa eine Amtshaftungsklage, (c) ein Rehabilitierungsinteresse und (e) die effektive Durchsetzung von Grundrechten.
5. Eine Beiladung des zu beteiligenden Gesellschafters zum finanzgerichtlichen Verfahren ist bei offensichtlicher Unzulässigkeit der Klage nicht erforderlich.
Normenkette
AO § 202 Abs. 1, § 124 Abs. 2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist in der Sache streitig, ob die Klägerin an einer bei einer GbR durchgeführten und zwischenzeitlich beendeten Betriebsprüfung zu beteiligen war.
Die von ihrem vorherigen Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin ist Alleinerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin ihrer am ….20… verstorbenen Mutter. Die Mutter war bis zu ihrem Tod Gesellschafterin der „ Y GbR” (im Folgenden: GbR). Weiterer Gesellschafter der GbR war (im Folgenden: S). Die GbR führte einen Betrieb.
Aufgrund erheblicher interner Differenzen entzog S der Mutter mit Wirkung vom ….2017 die ihr für die GbR bislang eingeräumte Einzelvertretungsmacht und die Einzelgeschäftsführungsbefugnis. Die Mutter erklärte daraufhin den sofortigen Ausschluss des S aus der GbR und die Übernahme des Betriebs der GbR. Ein in diesem Zusammenhang unter dem Az. …/17 beim Landgericht X (Urteilsverkündung …) und später unter dem Az. …/1818 beim OLG X (Urteilsverkündung …) geführtes Klageverfahren führte unter anderem zu dem Ergebnis, dass der Entzug der Einzelvertretungsmacht und der Einzelgeschäftsführungsbefugnis durch S rechtmäßig und der von der Mutter der Klägerin erklärte Ausschluss des S aus der GbR unwirksam waren. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Akten befindlichen Kopien der vorgenannten Entscheidungen Bezug genommen.
Die im vorliegenden Verfahren streitige Frage einer Beteiligung der Klägerin an einer bei der GbR duchgeführten Betriebsprüfung resultiert aus folgendem Sachverhalt:
Vor Ergehen der Entscheidung des OLG X hatte S nach dem Tod der Mutter als einzig verbliebener Gesellschafter der GbR mit protokolliertem Beschluss vom ….2019 entschieden, den Betrieb der GbR nunmehr als Einzelunternehmer fortzuführen.
Der Beklagte hatte aufgrund einer Prüfungsanordnung vom .11.2018 mit einer Betriebsprüfung bei der GbR für die Jahre 2012 bis 2014 – später erweitert auf die Jahre 2007 bis 2016 – begonnen. Die Schlussbesprechung über die Betriebsprüfung fand am 8.12.2020 statt. Weitere Prüfungshandlungen nahm der Beklagte nach diesem Zeitpunkt nicht mehr vor. Für nähere Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 3.2.2021 Bezug genommen. Die Klägerin wurde an der Betriebsprüfung nicht beteiligt.
Der Beklagte übersandte der steuerlichen Beraterin der Klägerin eine Kopie des Betriebsprüfungsberichts mit Schreiben vom 18.3.2021 soweit sich Auswirkungen für die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter mit Blick auf die betroffenen Einkommensteuerfestsetzungen ergeben könnten und gewährte ihr eine Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Klägerin hatte beim Beklagten während der laufenden Betriebsprüfung und nach dem Tod ihrer Mutter als deren Alleinerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin die Beteiligung an der Betriebsprüfung beantragt. Da dem Beklagten zunächst nicht bekannt war, dass S der Mutter der Klägerin die Einzelvertretungsbefugnis für die GbR entzogen hatte und insoweit ein Rechtsstreit beim Landgericht X anhängig gewesen war, beteiligte er die Klägerin mit Verfügung vom 16.9.2019 zunächst an der Betriebsprüfung. Dabei ging der Beklagte davon aus, dass die Mutter der Klägerin bis zu ihrem Tod geschäftsführungsbefugte Gesellschafterin der GbR gewesen und die Klägerin nach dem Tod der Mutter in diese Position als Alleinerbin eingetreten sei.
Bei weiteren Ermittlungen im Rahmen der Betriebsprüfung erlangte der Beklagte Kenntnis vom Entzug der Geschäftsführungsbefugnis der Mutter sowie dem von der Mutter erklärten Ausschluss des S aus der GbR. Im Rahmen einer eigenen rechtlichen Prüfung des Gesamtsachverhalts gelangte der Beklagte zu dem Ergebnis, dass der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis wirksam und der Ausschluss des S aus der GbR nicht wirksam erfolgt seien. Vor diesem Hintergrund nahm der Beklagte mit Datum vom 13.2.2020 die Verfügung vom 16.9.2019 zurück. Dies führte dazu, dass d...