Die Klägerin ist Alleinerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter. Die Mutter war Gesellschafterin einer GbR, die einen Betrieb führte. Zwischen den Gesellschaftern traten erhebliche Differenzen auf. Der Mitgesellschafter entzog der Mutter die eingeräumte Einzelvertretungsmacht sowie die Einzelgeschäftsführungsbefugnis. Die Mutter wiederum schloss den Mitgesellschafter aus der GbR mit sofortiger Wirkung aus. In einem Rechtsstreit entschied das zuständige OLG, dass der Ausschluss des Mitgesellschafters aus der GbR durch die Mutter unwirksam, die Maßnahmen des Mitgesellschafters hinsichtlich der Mutter wiederum wirksam gewesen seien. Vor Ergehen der Entscheidung des OLG hatte der Mitgesellschafter nach dem Tod der Mutter entschieden, die GbR als Einzelunternehmen fortzuführen. Das beklagte FA führte beim Mitgesellschafter eine Ap durch, an der die Klägerin zunächst nicht beteiligt wurde. Auf ihren Antrag beteiligte das FA dann die Klägerin, weil es zunächst davon ausging, dass die Mutter bis zu ihrem Tod geschäftsführende Gesellschafterin der GbR gewesen sei. Nachdem das FA Kenntnis von den Maßnahmen der Mutter und des Mitgesellschafters erhalten hatte, nahm es die Verfügung, mit der die Klägerin beteiligt wurde, zurück. Hiergegen erhob die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage, mit der sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer fehlenden Beteiligung begehrte. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens wurde die Ap beendet.
Das FG wies die Klage ab. Es sah die Klage als unzulässig an. Zwar sei die Rücknahme der Verfügung der Beteiligung der Klägerin ein Verwaltungsakt. Der Regelungsgehalt der Rücknahmeverfügung, habe sich aber nach der Beendigung der Ap erledigt. Nach § 100 Abs. 1 S. 4 FGO kann, wenn sich ein mit der Anfechtungsklage angegriffener Verwaltungsakt im Verlauf des Klageverfahrens erledigt hat, das Gericht bei Vorliegen eines berechtigten Interesses auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts feststellen. Jedoch fehle der Klägerin das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse. Dieses Interesse ist eine Sachurteilsvoraussetzung, die das Gericht von Amts wegen zu prüfen hat. Typische Fallgruppen eines berechtigten Interesses sind eine Wiederholungsgefahr, die präjudizielle Wirkung für einen Folgeprozess (Amtshaftung), ein Rehabilitationsinteresse und die effektive Durchsetzung von Grundrechten (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 100 FGO Rz. 49). Eine Wiederholungsgefahr muss hinreichend konkret sein (BFH v. 20.11.2018 – VIII R 45/15, BStBl. II 2019, 306; Rauda in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO; § 100 FGO Rz. 173). Im Streitfall liegen die Voraussetzungen nicht vor, da die GbR nicht mehr existiert und sich daher eine Beteiligung der Klägerin an einer zukünftigen Ap nicht mehr stellt. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse im Hinblick auf einen zukünftigen Amtshaftungsprozess setzt einen substantiierten Vortrag voraus, dass (1.) nach Art und Höhe ein Schaden entstanden, (2.) die Schadenersatzklage anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten, (3.) die gerichtliche Entscheidung für das zivilgerichtliche Urteil nicht unerheblich und (4.) die Rechtsverfolgung vor dem Zivilgericht nicht offensichtlich aussichtslos ist (BFH v. 22.12.2003 – VII B 35/03, BFH/NV 2004, 652 m.w.N.). Auch diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Klägerin hat nämlich nicht substantiiert vorgetragen, dass sie eine Schadenersatzklage beabsichtige oder diese zumindest kurzfristig bevorstünde. Anhaltspunkte für ein Rehabilitationsinteresse oder ein sonstiges geschütztes Interesse der Klägerin an einer gerichtlichen Entscheidung sind zudem weder vorgetragen noch ersichtlich.
Wegen der offensichtlichen Unzulässigkeit der Klage hielt das FG die Beiladung des ehemaligen Mitgesellschafters für nicht erforderlich (vgl. BFH v. 20.6.2012 – IV B 147/11, BFH/NV 2012, 1614 m.w.N.)
FG Köln v. 11.12.2023 – 11 K 1415/20