Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachholung der Bekanntgabe eines Feststellungsbescheids gegenüber einem Feststellungsbeteiligten bei einer allein diesem gegenüber zunächst rechtsunwirksamen Bekanntgabe. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IV R 3/24)
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit Blick auf die gebotene Einheitlichkeit einer Entscheidung ist die Nachholung einer unterbliebenen Bekanntgabe an einen Feststellungsbeteiligten auch noch nach Ablauf der Feststellungsfrist ohne eine nähere zeitliche Eingrenzung geboten.
2. Ein Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von ertragsteuerrechtlichen Besteuerungsgrundlagen ist nicht bereits deswegen nichtig, weil er nicht alle Beteiligten als Inhaltsadressaten enthält.
3. Ein Steuerbescheid, der sich an einen materiell-rechtlich falschen, aber existenten Steuerpflichtigen richtet, ist zudem nicht mangels inhaltlicher Unbestimmtheit gemäß § 125 Abs. 1 AO nichtig, sondern nur rechtswidrig.
4. Demgegenüber ist ein an einen nicht oder nicht mehr existenten Steuerpflichtigen gerichteter Feststellungsbescheid insoweit nichtig.
5. Da in Gewinnfeststellungsbescheiden nur die Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden und keine Steuerschuld festgesetzt wird, führt die in § 181 Abs. 1 Satz 1 AO angeordnete sinngemäße Anwendung der Vorschriften über Steuerbescheide dazu, dass an die Stelle des Steuerschuldners im Sinne des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO der Feststellungsbeteiligte als der Inhaltsadressat tritt.
6. Ein eine Nichtigkeit begründender Fehler bei der Bezeichnung eines Beteiligten führt lediglich zu einer Nichtigkeit „insoweit” (Teilnichtigkeit) und nicht zur Gesamtnichtigkeit des Feststellungsbescheids.
Normenkette
AO §§ 124, 183, 119, 125, 181, 157, 122
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von für die Streitjahre 2004 und 2005 erlassenen Änderungsbescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2004 und 2005. Dabei ist unter anderem streitig, ob eine wirksame Bekanntgabe gegenüber der Klägerin und die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 129 AO vorlagen.
Die Klägerin ist Kommanditistin der „Z GmbH & Co KG” (im Folgenden: Z KG), die im Jahr 1999 gegründet worden war und bis zu einer im Dezember 2003 erfolgten Umstrukturierung zunächst unter der Bezeichnung „Y GmbH & Co KG” (im Folgenden: Y KG) firmierte. Gesellschafter bei Gründung der Y KG waren die Y1 GmbH als Komplementärin und die Y2 GmbH & Co KG (Klägerin) als Kommanditistin.
Nach einer am ….2003 beschlossenen Kapitalherabsetzung von … Euro auf … Euro veräußerte die Klägerin als Gründungskommanditistin der Y KG mit Kaufvertrag vom ….2003 und mit Wirkung zum ….2004 einen Teilanteil ihrer Kommanditbeteiligung an der Y KG in Höhe von … Euro an die Z2 GmbH und in Höhe von … Euro an die Z3 GmbH & Co KG. Mit gleichem Vertrag schied die bisherige Komplementärin der Y KG aus. Als neue Komplementärin ohne Kapitaleinlage trat die Z1 GmbH in die Z KG ein. Mit der Neufassung des Gesellschaftsvertrags nach dem Anteilsverkauf wurde die Firma in „Z GmbH & Co KG” (Z KG, siehe oben) geändert.
Gesellschafter der Z KG waren ab dem ….2004 nunmehr die „Z1 GmbH” als Komplementärin ohne Haftungseinlage sowie – jeweils als Kommanditisten – die Klägerin mit einem Anteil von 5,04% (… Euro), die „Z2 GmbH” mit einem Anteil von 94,92% (… Euro) und die „Z3 GmbH & Co KG” mit einem Anteil von 0,04% (… Euro).
Die KG reichte für die Jahre 2004 und 2005 jeweils Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen beim Beklagten ein. In den jeweiligen Feststellungserklärungen, die für 2004 und 2005 am 30.3.2007 beim Beklagten eingingen, war unter der Rubrik „Empfangsvollmacht – Gemeinsamer, von allen Beteiligten bestellter Empfangsbevollmächtigter” die „X GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, W-Straße …, … V” (im Folgenden: X) angegeben. Ausweislich der Angaben auf den Steuererklärungen hatte die X bei der Anfertigung der jeweiligen Steuererklärung mitgewirkt. Die unterschriebenen Feststellungserklärungen waren mit dem Firmenstempel der Z KG (2004 und 2005) und einem Datum versehen. In den Feststellungserklärungen für 2004 und 2005 waren die Beteiligten wie folgt bezeichnet:
Bezeichnung der Gesellschaft (F-Erklärung Seite 1, Zeilen 2 ff.):
Z GmbH & Co KG
Anlage FB (Angaben über die Feststellungsbeteiligten):
Nummer d. Beteiligten: 1
Z2 GmbH
Kommanditist
[…]
Nummer d. Beteiligten: 2
Y GmbH & Co KG
U-Straße …, … T
Kommanditist
[…]
Nummer d. Beteiligten: 3
Z3 GmbH & Co KG
Kommanditist
[…]
Auf den Anlagen FE 1 waren die Beteiligten jeweils mit denselben Bezeichnungen (Firmennamen) wie auf den Anlagen FB aufgeführt. Für nähere Einzelheiten wird auf die Feststellungserklärungen in den Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.
Auf den Erklärungen war bei der Bearbeitung durch den Beklagten auf der Vorderseite jeweils handschriftlich mit Datum vom 30.3.2007 und Namenszeiche...