Entscheidungsstichwort (Thema)
Bekanntgabe an einen Empfangsbevollmächtigten bei einheitlicher Feststellung
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Erteilung einer Empfangsvollmacht bei der einheitlichen Feststellung nach § 183 AO ist nicht formgebunden.
2) Die Benennung eines Empfangsbevollmächtigten in der Feststellungserklärung durch eigenhändige Unterschrift der für die Erstellung der Steuererklärung verantwortlichen Person, ist insbesondere dann auseichend, wenn der Bevollmächtigte ein steuerlicher Berater ist.
3) Mängel der Vollmachtserteilung sind im Außenverhältnis unbeachtlich.
Normenkette
AO § 183 Abs. 1 S. 1, § 122
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2004 vom 2.3.2011, für 2005 vom 14.3.2011 und für 2006 vom 15.6.2012. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist zwischen den Beteiligten streitig, ob die oben genannten Bescheide wirksam bekanntgegeben wurden.
Die Antragstellerin ist Kommanditistin der „A … GmbH & Co KG” (im Folgenden: KG), die bis zu einer im Dezember 2003 erfolgten Umstrukturierung zunächst unter der Bezeichnung „M … GmbH & Co KG” firmierte. Gesellschafter der KG waren ab dem 1.1.2004 die „A & Partner … GmbH” als Komplementärin sowie die Antragstellerin (Anteil: 5,04%), die „A X GmbH” und die „A Y GmbH & Co KG” als Kommanditisten.
Die KG reichte für die Jahre 2004 bis 2006 jeweils Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen beim Antragsgegner ein. In den jeweiligen Feststellungserklärungen, die für 2004 und 2005 am 30.3.2007 und für 2006 am 4.7.2008 beim Antragsgegner eingingen, war unter der Rubrik „Empfangsvollmacht – Gemeinsamer, von allen Beteiligten bestellter Empfangsbevollmächtigter” die „H Treuhand GmbH …, B-Straße … in … D” (im Folgenden: H Treuhand) angegeben. Die unterschriebenen Feststellungserklärungen waren mit dem Firmenstempel der KG (2004 und 2005) und einem Datum versehen. Für nähere Einzelheiten wird auf die Feststellungserklärungen in den Steuerakten des Antragsgegners Bezug genommen.
Der Antragsgegner erließ aufgrund der Feststellungserklärungen zunächst Feststellungsbescheide für 2004 mit Datum vom 8.5.2007, für 2005 mit Datum vom 4.5.2007 und für 2006 mit Datum vom 15.7.2008. Diese Bescheide wurden in der Folgezeit mehrfach geändert; die letzten und im vorliegenden Verfahren relevanten Feststellungsbescheide ergingen für 2004 mit Datum vom 2.3.2011, für 2005 mit Datum vom 14.3.2011 und für 2006 mit Datum vom 15.6.2012. Sämtliche Bescheide waren an die „H Treuhand” als Empfangsbevollmächtigte für die KG adressiert.
Mit Schreiben ihres steuerlichen Beraters vom 19.4.2013 legte die Antragstellerin Einspruch gegen die für die KG ergangenen Gewinnfeststellungsbescheide der Jahre 2004 bis 2006 unter Hinweis auf eine fehlerhafte Bekanntgabe ein. Daneben stellte sie einen Antrag auf Einzelbekanntgabe der Bescheide nach § 183 Abs. 2 AO, widerrief vorsorglich die Empfangsvollmacht der H Treuhand und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Darüber hinaus stellte sie hilfsweise einen Billigkeitsantrag nach § 163 AO und beantragte Akteneinsicht. Für nähere Einzelheiten wird auf das in der Rechtsbehelfsakte des Antragsgegners abgeheftete Schreiben vom 19.4.2013 Bezug genommen.
Gegen die Ablehnung des Billigkeitsantrags legte die Antragstellerin erfolglos Einspruch ein. Der Antrag auf Akteneinsicht wurde vom Antragsgegner am 22.5.2014 abgelehnt.
Der Antragsgegner verwarf die Einsprüche gegen die Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 2004 bis 2006 mit Einspruchsentscheidung vom 22.5.2014 als unzulässig. Zur Begründung führte er aus, dass die Gewinnfeststellungsbescheide ordnungsgemäß bekannt gegeben und bestandskräftig geworden seien. In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung für die Kalenderjahre 2004, 2005 und 2006 sei die H Treuhand als gemeinsamer, von allen Beteiligten bestellter Empfangsbevollmächtigter angegeben worden. Die Feststellungsbescheide seien daher gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 AO an die H Treuhand als Empfangsbevollmächtigte für alle Beteiligten bekannt gegeben worden. Die Voraussetzungen für eine Einzelbekanntgabe der Bescheide an die jeweiligen Feststellungsbeteiligten hätten nicht vorgelegen. Insbesondere sei eine Einzelbekanntgabe an die Antragstellerin nicht erforderlich gewesen. Für nähere Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 22.5.2014 Bezug genommen.
Über die hiergegen von der Antragstellerin beim erkennenden Senat unter dem Az. 11 K 1766/14 am 26.6.2014 erhobene Klage ist bisher nicht entschieden. Im Rahmen des Klageverfahrens hat die Antragstellerin durch ihre Prozessbevollmächtigte am 22.8.2014 Einsicht in die Akten des Antragsgegners und die Gerichtsakte genommen und mit Verfügung vom 1.9.2014 die von ihr erbetenen Kopien erhalten.
Mit einem am 10.2.2015 eingegangene...