Entscheidungsstichwort (Thema)
Spontanauskunft nach EU-Amtshilfegesetz über Avalprovisionen
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Spontanauskunft des deutschen Fiskus an Steuerbehörden eines anderen Mitgliedstaats (hier Spanien) nach dem EU-Amtshilfegesetz ist bereits dann zulässig, wenn der mitgeteilte Sachverhalt im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu einer Besteuerung in dem anderen Mitgliedstaat führen kann.
2) Es kommt nicht darauf an, ob in dem anderen Mitgliedstaat eine Besteuerung wahrscheinlich ist.
Normenkette
BGB § 1004 Abs. 2; EUAHiG § 8; AO § 117; DBA Spanien Art. 4, 20; AO § 30
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit einer Spontanauskunft der deutschen an die spanischen Finanzbehörden.
Der Kläger verfügt seit 2004 über einen Wohnsitz in Spanien. Daneben unterhielten der Kläger und seine frühere Ehefrau zunächst noch ihren Hauptwohnsitz im eigenen Haus in A (Deutschland), B-Straße …, und zwar bis zur Veräußerung dieser Immobilie im Jahre 2006. Nach dem klägerischen Vortrag wohnten im Anschluss daran er, der Kläger, und seine frühere Ehefrau, soweit sie sich nach dem Wohnsitzwechsel nach Spanien noch in Deutschland aufhielten, entweder im Hotel oder in einem möblierten Apartment oder manchmal in einem Raum des Büros in der C-Straße … in A (vgl. Bl. 63, 65 der Verwaltungsakte des Beklagten –VA–). In einem vom Kläger gegenüber dem Finanzamt A im Januar 2007 ausgefüllten Fragebogen zur beschränkten Steuerpflicht gab der Kläger unter anderem an, seit 1965 bis 2004 in Deutschland gewohnt zu haben, nach 2004 den bisherigen Wohnsitz in Deutschland jedoch nicht vollständig aufgegeben zu haben und sich seither „alle paar Wochen für ein paar Wochen” in A aufzuhalten (vgl. Bl. 69 der VA).
Der Kläger bezog in den Jahren 2008 bis 2010 aus der Überlassung von Bürgschaften Avalprovisionen in Höhe von rund 370.000 € (vgl. hierzu die Einzelaufstellung Bl. 43 der VA und Bl. 79 der Gerichtsakte –GA–). Diese Provisionen erklärte der Kläger im Zusammenhang mit den beim Finanzamt A abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2008 bis 2010 (vgl. Bl. 75 der VA). Der Kläger wurde für die Jahre 2008 bis 2010 vom Finanzamt A, erklärungsgemäß aufgrund beschränkter Steuerpflicht zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2013 (Bl. 5 der VA) leitete das Finanzamt A – wie dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers zuvor mit Schreiben vom 17. Juli 2011 (Bl. 19 der VA) und vom 9. August 2012 (Bl. 23 der VA und Bl. 69 der GA) mitgeteilt – über das … Landesamt für Steuern (mit dessen Schreiben vom 14. Februar 2013) eine vorbereitete Mitteilung/Spontanauskunft im steuerlichen Auskunftsaustausch (vgl. Bl. 9 ff. der VA und Bl. 62 der GA) an den Beklagten weiter. Mit dieser Spontanauskunft will das Finanzamt A die spanischen Steuerbehörden über die vom Kläger erzielten Provisionen informieren (vgl. Bl. 17 der VA).
Der Beklagte wies den damaligen Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 5. Juli 2013 (Bl. 165 VA sowie Bl. 28 der GA) darauf hin, dass auch unter Berücksichtigung der bis dahin vorgebrachten Einwendungen (vgl. Bl. 21, 27 der VA) einer Weitergabe der Spontanauskunft gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1, 2 EG-Amtshilfegesetz (EGAHiG) nichts entgegenstünde, da die Informationen über die Avalprovisionen für die korrekte Besteuerung im Ansässigkeitsstaat Spanien geeignet sein könnten. Die Avalprovisionen des Klägers seien als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG anzusehen. Diesbezüglich stünde gemäß Art. 21 DBA-Spanien dem Ansässigkeitsstaat das alleinige Besteuerungsrecht zu. Ein Besteuerungstatbestand zu Gunsten Deutschlands nach § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG sei nicht erfüllt. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger seit der Veräußerung seiner Immobilie in A im Jahre 2006 keinen inländischen Wohnsitz mehr unterhalte und daher nicht mehr in Deutschland ansässig sei.
Die Weitergabe der Spontanauskunft sei auch ermessensgerecht, da vorliegend eine Besteuerung in Deutschland nicht durchgeführt worden sei. Eine Übermittlung von Informationen im Wege der Spontanauskunft sei vorzunehmen, wenn zu vermuten sei, dass die Informationen für die Festsetzung der Steuern im anderen Staat erheblich sein könnten. Vorliegend würden durch die Mitteilung die spanischen Steuerbehörden in die Lage versetzt, überprüfen zu können, ob die mitgeteilten Zahlungen in Spanien korrekt erklärt und versteuert worden seien bzw. ob grundsätzlich ein Besteuerungsrecht in Spanien gegeben sei (vgl. Bl. 167 der VA). Der Auskunftserteilung stehe insbesondere nicht entgegen, dass der Kläger bestreite, dass das Besteuerungsrecht tatsächlich Spanien zustehe. Die ausländische Finanzverwaltung sei an die Qualifizierung des festgestellten Sachverhalts nicht gebunden. Vielmehr habe diese die Möglichkeit, aufgrund der Informationen gegebenenfalls weitere Ermittlungen durchzuführen und eigenständig zu entscheiden. Es entspreche dem Zweck des Spontanauskunftsverfahrens, die ausländische Behörde nicht zur Umsetzung der eigenen Rechtsmeinung z...