Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbstbehalt im Rahmen von Krankenversicherungsbeiträgen nicht abziehbar
Leitsatz (redaktionell)
Selbstbehaltsbeträge, mit denen sich ein Versicherter geringere Beiträge erkauft, sind nicht gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 a EStG als Sonderausgaben abziehbar, weil es sich dabei nicht um "Beiträge" an das Versicherungsunternehmen handelt und diese auch nicht der Erlangung des Versicherungsschutzes dienen.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3 a
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist die Abzugsfähigkeit eines Selbstbehalts im Rahmen der Versicherungsbeiträge bei Krankenversicherungen für den Kläger und seine Töchter als Sonderausgaben.
Der Kläger (und seine beiden Töchter) haben private Krankenversicherungsverträge abgeschlossen; dabei wurden geringere Versicherungsbeiträge durch einen Selbstbehalt erkauft.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 machte der Kläger zunächst einen Selbstbehalt in Höhe von 1.800,– EUR für sich und in Höhe von 1.080,– EUR für seine Tochter A, geb. ….01.1998, als außergewöhnliche Belastung geltend.
Der Kläger wurde zunächst mit Einkommensteuerbescheid vom 28.11.2011 erklärungsgemäß veranlagt (Änderungsbescheid nach Feststellungsbescheid vom 09.12.2011). Mit Einspruch vom 15.12.2011 machte der Kläger geltend, die Selbstbehalte für sich und seine Töchter (je 1080,– EUR) seien als Sonderausgaben zu berücksichtigen, da sie sich im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen nicht auswirken würden.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 05.06.2012 als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage, bei Gericht eingegangen am 15.06.2012, macht der Kläger geltend, mit dem Selbstbehalt erkaufe er nicht nur für sich, sondern auch für seine Töchter eine geringere Versicherungsprämie. Der Selbstbehalt müsse bei den Sonderausgaben berücksichtigt werden, da er im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen zu keiner steuerlichen Entlastung führe.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und Änderung der Einkommensteuerfestsetzung vom 9.12.2011 die Einkommensteuer neu festzusetzen und dabei weitere 3.960,– EUR als Sonderausgaben zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf § 10 Abs. 1 Nr. 3 a EStG. Danach könnten nur Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Das Gesetz verstehe unter Beiträgen aber nur Zahlungen an das Versicherungsunternehmen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet (§ 100 Abs.1 Satz 1 FGO). Dem Kläger steht wegen seiner Zuzahlungen kein höherer Sonderausgabenabzug im Rahmen seiner Aufwendungen für Krankenversicherungen zu.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Einkommensteuergesetz – EStG – gehören zu den Sonderausgaben u.a. Beiträge zur Krankenversicherung, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden.
Zu den Beiträgen zu Versicherungen gehören nicht nur die eigentlichen Prämien, sondern auch die üblichen mit dem Versicherungsverhältnis zusammenhängenden und vom Versicherungsnehmer zu tragenden Nebenleistungen. Nach dem Wortlaut muss es sich jedoch um Beiträge „zu” einer Krankenversicherung handeln. Daraus folgt, dass nur solche Ausgaben zu den Beiträgen zu Krankenversicherungen gehören können, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen und damit – als Vorsorgeaufwendungen – letztlich der Vorsorge dienen. Zahlungen aufgrund von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen an entstehenden Kosten sind somit keine Beiträge zu einer Versicherung (so auch BFH-Urteil vom 18.7.2012 X R 41/11, BFHE 238, 103; BStBl II 2012, 821 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt; der Kläger hat hinsichtlich des Selbstbehalts keine Aufwendungen zur Erlangung des Versicherungsschutzes getätigt.
Durch die Vereinbarung eines Selbstbehaltes hat der Kläger eine zulässige Gestaltung gewählt, die zu geringeren Sonderausgaben und gegebenenfalls höheren außergewöhnlichen Belastungen führt. Dem hat die steuerrechtliche Beurteilung zu folgen.
Hiergegen bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 13.2.2008 2 BvL 1/06 (VersR 2008, 1241) § 10 Abs.3 EStG nur insoweit als mit Artikel 20 Abs.1, Art.3 Abs.1 und Art.6 Abs.1 des Grundgesetzes unvereinbar angesehen, als Beiträge zu einer Privaten Krankenversicherung in der dortigen Fallkonstellation nicht ausreichend erfasst werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat alleine auf die gezahlten Beiträge abgestellt und wegen des Selbstbehalts der Kläger im dortigen Verfahren im Rahmen des § 10 Abs. 3 EStG keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert, obwohl es eine umfassende Prüfung vorgenommen hat und auch im dortigen Fall ein Selbstbehalt vereinbart war.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs.1 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 7016728 |
EFG 2014, 1477 |