Entscheidungsstichwort (Thema)
Anscheinsbeweis der Privatnutzung eines betrieblichen Pkw beim Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer
Leitsatz (redaktionell)
1) Nach allgemeiner Lebenserfahrung nutzt ein alleiniger Gesellschafter-GF ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebs-Fahrzeug auch für private Fahrten.
2) Dies gilt auch dann, wenn dem alleinigen Gesellschafter-GF sowohl ein weiterer betrieblicher Pkw ausdrücklich auch zur privaten Nutzung als auch ein privater Pkw zur Verfügung stehen.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Pkw der Klägerin von ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer auch privat genutzt wurde und deshalb eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH den Vertrieb von …. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war in den Streitjahren Herr A. Im Haushalt des Geschäftsführers lebten in den Streitjahren seine Ehefrau und zwei minderjährige Kinder. Auf den Geschäftsführer war privat ein Audi A6 zugelassen.
Der Anstellungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, enthält in § 8 Abs. 1 die Bestimmung, dass dem Geschäftsführer für seine Tätigkeit im Rahmen des Vertrags ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt wird. Dieser Firmenwagen darf auch zu privaten Zwecken genutzt werden. Bei diesem Firmenwagen, der nach der 1%-Regelung versteuert wird, handelt es sich um einen Audi TT.
Daneben befindet sich im Betriebsvermögen der Klägerin ein Audi AS Quattro.
Neben dem Geschäftsführer beschäftigte die Klägerin dessen Ehefrau auf geringfügiger Basis. Weitere Arbeitnehmer hatte die Klägerin nicht.
Die Veranlagungen der Klägerin zur Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2009-2011 erfolgten zunächst erklärungsgemäß.
In 2013 fand bei der Klägerin für die Streitjahre eine Betriebsprüfung statt. Dabei kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass – ebenso wie bereits in den Vorjahren – ein im Betriebsvermögen der Klägerin befindlicher PKW (Audi AS Quattro) allein von deren Geschäftsführer genutzt wurde. Da während der Betriebsprüfung keine Fahrtenbücher vorgelegt wurden, ging die Prüferin von einer auch privaten Nutzung des Pkw aus. Den privaten Nutzungsanteil ermittelte sie für alle Streitjahre nach der sog. 1%-Regelung. Wegen der Ermittlung im Einzelnen wird auf Tz. 2.3 des Betriebsprüfungsberichts vom 25. November 2013 i.V.m. der Anlage 3 zum Betriebsprüfungsbericht vom 30. Juni 2010 Bezug genommen. Die Prüferin nahm eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von jeweils brutto 4.512 € an. Der Betrag als solcher ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ am 20. Januar 2014 geänderte Körperschaftsteuerbescheide und Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2009, 2010 und 2011. Entsprechend ergingen geänderte Gewerbesteuermessbetragsbescheide, geänderte Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Verlustabzugs und geänderte Umsatzsteuerbescheide (Erhöhung der Umsatzsteuer jeweils um 720,40 €).
Die Klägerin legte gegen alle Änderungsbescheide rechtzeitig Einspruch ein.
Während des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte Änderungsbescheide zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer, in denen er einem der zwei Streitpunkte aus der Betriebsprüfung abhalf. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Änderungsbescheide verwiesen. In den Änderungsbescheiden setzte er die Körperschaftsteuer für 2009 auf null Euro fest (Gesamtbetrag der Einkünfte -572 €, darin enthalten eine verdeckte Gewinnausschüttung i.H.v. 4.512 €), für 2010 auf 4.416 Euro fest (Gesamtbetrag der Einkünfte 30.013 €, darin enthalten verdeckte Gewinnausschüttung 4.512 €) und für 2011 ein Euro fest (Gesamtbetrag der Einkünfte 7 €, darin enthalten verdeckte Gewinnausschüttung 4.512 €). Den vortragsfähigen Verlust nach § 10d des Einkommensteuergesetzes stellte der Beklagte jeweils mit null Euro fest. Entsprechend verfuhr er bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags bzw. der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts. Die Änderungsbescheide wurden zum Gegenstand der Einspruchsverfahren.
Während des Einspruchsverfahrens legte die Klägerin Fahrtenbücher für die Streitjahre vor, aus denen sich ihrer Ansicht nach ergab, dass der PKW ausschließlich betrieblich genutzt worden war. Privatfahrten durch ihren Gesellschaftergeschäftsführer hätten nicht stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Fahrtenbücher Bezug genommen.
Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 1. September 2015, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:
Die von der Klägerin vorgelegten Fahrtenbücher seien nicht anzuerkennen. In diesen fehlten aussagefähige Angaben zum Zweck der jeweiligen Fahrt. So seien nur Nachnamen aufgezeichnet, nicht aber, um wen es sich dabei handele und zu welche...