Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustabzug bei schädlichem Beteiligungserwerb nach § 8c KStG, Erwerbergruppe, Stille-Reserven-Klausel
Leitsatz (redaktionell)
1) Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen” in § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass ein Zusammenwirken mehrerer Personen beim Erwerb von Anteilen an der Verlustgesellschaft zum Zwecke der personenübergreifenden Nutzbarmachung von Verlusten erforderlich ist und dass diese Personen im Anschluss an den Erwerb durch Stimmbindungsvereinbarungen, Konsortialverträge oder andere verbindliche Abreden einen beherrschenden einheitlichen Einfluss bei der Verlustgesellschaft ausüben können.
2) Die Berechnung der stillen Reserven im Rahmen des § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG ist verfassungskonform in der Weise vorzunehmen, dass sich die Bestimmung der Vergleichswerte („anteiliges bzw. gesamtes in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesenes Eigenkapital” einerseits und „dem diesem Anteil entsprechenden gemeinen Wert des Betriebsvermögens” andererseits) an der Differenz zwischen dem Nennwert der übertragenen Geschäftsanteile und dem Kaufpreis orientiert.
Normenkette
KStG § 8c Abs. 1 Sätze 6, 1, 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Abzug von Verlusten durch einen schädlichen Beteiligungserwerb i.S. § 8c KStG ausgeschlossen ist.
Am Stammkapital der im Juni 2010 gegründeten Klägerin von …€ waren Frau Z (Z) mit 14%, Herr M (M) mit 35% und Herr Y (Y) mit 51% beteiligt. Nach erzielten Anlaufverlusten war das Stammkapital aufgebraucht; zum 31.12.2012 wies die Gesellschaft ein negatives Eigenkapital lt. Steuerbilanz von … € aus. Vor diesem Hintergrund wollten Z und M den Geschäftsanteil des mehrheitsbeteiligten Y erwerben, um das Unternehmen anschließend umstrukturieren zu können. Im Rahmen der Kaufpreisverhandlungen bestimmten die Beteiligten den Gesamtwert des Unternehmens (100%) mit … €. Auf der Grundlage dieser Wertermittlung veräußerte Y mit Anteilskaufvertrag vom ….2013 sodann seinen 51%-Geschäftsanteil zum Gesamtkaufpreis von … €, wobei Z einen 36%Geschäftsanteil erwarb und M 15%-Geschäftsanteil, so dass sich folgende Beteiligungsstruktur ergab:
Aufgrund eines laufenden bilanzsteuerlichen Verlusts von …€ verringerte sich das Eigenkapital zum 31.12.2013 auf einen negativen Wert von insgesamt …€. Unter Zugrundelegung einer zeitanteiligen Ergebnisentwicklung betrug das Eigenkapital zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs (….2013) unstreitig ./. …€, (entsprechend 105/360 Tage).
Mit den vorliegend streitgegenständlichen Bescheiden vom 15.4.2015 über Körperschaftsteuer 2013 und gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2013 nahm der Beklagte eine Verlustkürzung gemäß § 8c KStG vor. Im Körperschaftsteuerbescheid für 2013 vom 15.4.2015 bestimmte der Beklagte den gemäß § 8c KStG nicht zu berücksichtigenden anteiligen Verlust des laufenden Veranlagungszeitraums bis zum Veräußerungszeitpunkt mit …€; außerdem bestimmte der Beklagte den nicht zu berücksichtigenden Verlustabzug nach § 8c KStG in dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2013 vom 15.4.2015 mit ./. …€ (GA. Bl. 60).
Die Einsprüche der Klägerin blieben ohne Erfolg. Zur Begründung nahm der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung vom 8.9.2015 Bezug auf die Erörterungsschreiben vom 21.5.2015 (GA. Bl. 63), 8.7.2015 (GA. Bl. 68) und vom 3.8.2015 (GA. Bl. 71) und führte ergänzend aus, dass die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht entsprochen habe. In den o.a. Erörterungsschreiben führt der Beklagte im Wesentlichen aus, die volle Verlustkürzung rechtfertige sich nach § 8c Abs. 1 S. 2 KStG, da es sich bei Z und M um eine Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen gehandelt habe. Sie hätten die Klägerin gemeinsam beherrscht, so dass die Erwerbe vom 15.4.2013 zusammenzurechnen seien. Die Vermutung eines Gesamtplans dieser Erwerber rechtfertige sich daraus, dass die Erwerbe innerhalb eines Jahres erfolgt seien. Von der Verlustkürzung sei auch nicht im Hinblick auf die Stille-Reserven-Klausel in § 8c Abs. 1 S. 6 KStG abzusehen. Stille Reserven in diesem Sinne seien der Unterschiedsbetrag zwischen dem Eigenkapital und dem gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Körperschaft, so dass in den bilanzierten Wirtschaftsgütern stille Reserven enthalten sein müssten. Aus dem eingereichten Anlageverzeichnis ergäben sich solche Reserven jedoch nicht. Außerdem forderte der Beklagte in seinen Erörterungsschreiben die Darlehensverträge an, aus denen die Verbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern M und Z hervorgingen.
Die Klägerin macht geltend, es könne keine Rede davon sein, dass Z und M eine Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen i. S. d. § 8c Abs. 1 S. 3 KStG darstellten. Das Rechtsinstitut des Erwerberkreises „mit gleichgerichteten Interessen” sei zur Vermeidung von Gestaltungsmodellen mit mehreren Erw...