Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustabzug bei Körperschaften
Leitsatz (redaktionell)
1) § 8c Abs. 1 KStG und § 10a Satz 10 GewStG in der im Streitjahr 2012 geltenden Fassung sind verfassungsgemäß.
2) Für die Ermittlung stiller Reserven im Rahmen der Verschonungsregelung gemäß § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG ist vorrangig auf den Kaufpreis abzustellen; ein Wahlrecht, die stillen Reserven anhand einer Unternehmensbewertung zu ermitteln, besteht nicht.
Normenkette
GewStG § 10a S. 10; KStG § 8c
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 24.01.2019; Aktenzeichen I R 4/19) |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob vortragsfähige und laufende Verluste infolge eines sog. schädlichen Beteiligungserwerbs gemäß § 8c Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes sowie § 10a des Gewerbesteuergesetzes untergehen.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH laut Gründungsvertrag vom … November 2006 den Handel mit … im In- und Ausland, die Erbringung sämtlicher hiermit verbundener Dienstleistungen sowie alle Tätigkeiten und Leistungen, die dem Gesellschaftszweck förderlich sind.
Gesellschafter der GmbH waren seit Gründung Herr A und Frau F mit je einer Stammeinlage i.H.v. 12.500 €.
Die Bilanz der Klägerin zum 31.12.2011 und 2012 weist jeweils ein positives Eigenkapital aus.
Mit Notarvertrag vom … Juni 2012, auf den Bezug genommen wird, wurde das Stammkapital um 37.500 € auf 62.500 € erhöht und die neuen Geschäftsanteile auf den neuen Gesellschafter M (M) übertragen. Es wurden zwei neue Geschäftsanteile à 28.125 EUR und à 9.375 EUR gebildet. Die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister erfolgte am 3. September 2012. Ein Aufgeld wurde nicht gezahlt.
Im Vorfeld der Kapitalerhöhung hatte eine Besprechung mit Herrn R (R) stattgefunden. R sollte der Klägerin den Direktbezug der Waren vom chinesischen Hersteller vermitteln. Zu diesem Zweck sollte R in verdeckter Form mit 60 % der Anteile bei der Klägerin einsteigen, wozu eine Kapitalerhöhung durchgeführt werden sollte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Besprechungsprotokoll vom 28. Mai 2011 (Bl. 101 GA) Bezug genommen.
Mit Notarvertrag vom … Juni 2012, verhandelt ebenfalls am … Juni 2012, schloss der neue Gesellschafter M mit R einen Treuhandvertrag ab. Danach verpflichtete sich M als Treuhänder, den von ihm erworbenen Geschäftsanteil i.H.v. 28.125 EUR (45 % der GmbH-Anteile insgesamt) im eigenen Namen, aber für Rechnung und im Auftrag des Treugebers R als wirtschaftlicher Eigentümer zu halten. M verpflichtete sich unter anderem, die ihm als Gesellschafter nach außen zustehenden Rechte, insbesondere das Stimmrecht aus der Beteiligung, nur gemäß Weisung des Treugebers auszuüben und das Treuhandverhältnis vertraulich zu behandeln. Nach § 5 des Treuhandvertrags erteilte der Treuhänder dem Treugeber Vollmacht, das Stimmrecht aus der Beteiligung auszuüben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Treuhandvertrag Bezug genommen.
Der Beklagte kürzte bei der Veranlagung 2012 zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer gemäß § 8c KStG bzw. § 10a GewStG die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste. Wegen der Berechnung im Einzelnen, die zwischen den Beteiligten unstreitig ist, wird auf die Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2014 Bezug genommen.
Die Klägerin legte unter anderem gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2012 vom 12. November 2013 und den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2012 vom 21. November 2013, die jeweils über 0 EUR lauteten, Einspruch ein.
Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2014 als unbegründet zurück.
Mit der Klage trägt die Klägerin vor:
Für die Anwendung der streitigen Vorschriften sei zunächst erforderlich, dass eine Übertragung „an einen Erwerber” erfolgte. Bei Treuhandverhältnissen seien die Wirtschaftsgüter aber dem Treugeber und nicht dem Treuhänder zuzurechnen. Allerdings gelte auch eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen als ein Erwerber. Der Beklagte unterstelle, dass Treuhänder und Treugeber stets gleichgerichtete Interessen verfolgten und damit die Kapitalgesellschaft gemeinsam beherrschten. Hierfür gebe es allerdings keinerlei Anhaltspunkte. Zwar setze eine Treuhandvereinbarung ein gewisses Vertrauensverhältnis voraus. Es gehe jedoch deutlich zu weit, hieraus gar eine Stimmbindungsvereinbarung der Treuhandparteien herzuleiten. Der Treugeber R könne durch die Bildung einer Koalition der Altgesellschafter und des weiteren Neugesellschafters M überstimmt werden. Hiervon sei auch bereits in der Vergangenheit Gebrauch gemacht worden.
Hinzu komme, dass unabhängig von einem ansonsten schädlichen Beteiligungserwerb ein Verlust abgezogen werden könne, soweit er die zum Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs vorhandenen, im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven nicht übersteige. Hierzu hat die Klägerin ein Gutachten über die Unternehmensbewertung, verfasst von dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater W, vorgelegt. Dieses Gutachten, auf das Bezug genommen wird, kommt zu dem Ergebnis, dass der Ertrag...