Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsbetrieb Jugendreisen kein Zweckbetrieb
Leitsatz (redaktionell)
Die Unterhaltung eines Geschäftsbetriebs "Jugendreisen", der nicht in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen zu Gute kommt, ist kein steuerbefreiter Zweckbetrieb i.S. der §§ 65 ff. AO.
Normenkette
GewStG § 3 Nr. 6; AO §§ 65, 53; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger die Voraussetzungen für die Freistellung von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – und § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG – erfüllt, insbesondere, ob die Durchführung von Jugendreisen in vollem Umfang einen Zweckbetrieb darstellt.
Der Kläger ist ein im Jahr … errichteter Verein, der unter der Nummer … im Vereinsregister des Amtsgerichts M erfasst ist. Er wird ausweislich des Vereinsregisters und der Satzung in der Fassung vom … 1997 durch den Vereinsvorsitzenden und seinen Stellvertreter gemeinsam vertreten (§ 6 Abs. 2 der Satzung). Sein Vereinszweck ist die Förderung von Kindern und Jugendlichen aus allen sozialen Schichten. Dieser Zweck wird insbesondere durch die Organisation und Durchführung von Kinder- und Jugenderholungsmaßnahmen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 der Vereinssatzung) verwirklicht.
Der Kläger wurde auf der Basis der von ihm eingereichten Jahresabschlüsse, die jährliche Einnahmen zwischen ca. … Mio. € sowie Erträge zwischen ca. … € und ca. … € in den drei Streitjahren auswiesen, zunächst mit Freistellungsbescheid vom 22. Februar 2010 zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 2006 bis 2008 veranlagt. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Aus den – den eingereichten Jahresabschlüssen beigefügten – Kontennachweisen ergibt sich, dass wesentliche Teile der Einnahmen an professionelle Reiseveranstalter, wie … verausgabt wurden. Die nach Abzug dieser, in Klasse 70 des Buchhaltungsprogramms erfassten, Kosten verbleibenden und in der Gewinn- und Verlustrechnung – GuV – allein ausgewiesenen Erlöse wurden weitgehend für die in Klasse 04 des Buchhaltungsprogramms ausgewiesenen eigenen Kosten des Klägers aufgewendet.
Die wesentlichen Kostenpositionen z.B. des Streitjahres 2006 waren Gehälter einschließlich Sozialabgaben von ca. … €, Mieten von ca. … €, Reiseversicherungen von ca. … € oder die Kosten für Werbung von ca. … € (Werbekosten, Werbekosten Internet, Porto und Domainkosten). Daneben fielen Kosten für Kraftfahrzeuge in Höhe von ca. … €, Reisekosten von ca. … € sowie Abschreibungen von ca. … € als Kostenpositionen ins Gewicht. Die Gehälter veränderten sich in den beiden Folgejahren zunächst auf ca. … € (2007) und dann auf ca. … €. Die Werbekosten stiegen zunächst auf ca. … € an (2007), um dann auf ca. … € (2008) abzufallen.
Im Zeitraum von März 2010 bis März 2011 fand bei dem Kläger eine steuerliche Außenprüfung statt, um die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit zu prüfen. Der Prüfer kam dabei zu der Überzeugung, die Buchführung des Klägers sei nicht ordnungsgemäß. Es seien keine Kontierungen auf den Belegen vorhanden gewesen, gegen das Saldierungsverbot sei verstoßen worden, die Kasse habe Kassenfehlbeträge ausgewiesen und der Kläger habe durch Bildung einer Ansparrücklage zum 31. Dezember 2005 und deren Auflösung zum 31. Dezember 2008 sein Vermögen unzutreffend ausgewiesen.
Der Kläger erhebe keine Mitgliedsbeiträge und erhalte keine Spenden oder Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln. Die eingesetzten Betreuer, Reiseleiter und Animateure seien zumeist Studenten mit einem Mindestalter von 21 Jahren. Sie würden vor Beginn ihres Einsatzes durch den Kläger geschult.
Weder aus dem Internetauftritt noch aus den Reiseprospekten sei zu erkennen, welche pädagogischen Programme der Kläger angeboten habe. Wegen der Feststellungen insoweit wird auf den in Kopie vorliegenden Reiseleitervertrag und die detaillierte Mitteilung über die Schulung im Jahresbericht 2008 sowie umfangreiche Auszüge aus dem Internetauftritt des Klägers, diverse Reiseprospekte des Klägers sowie Unterlagen zu gewerblichen Konkurrenten Bezug genommen.
Der Kläger habe Reisen für Kinder und Jugendliche, aber auch für Erwachsene unter der Marke Q vertrieben. Sprachreisen nach England seien über einen Sprachreiseveranstalter (U) angeboten worden. Im Übrigen seien insbesondere Reisen nach Spanien, Griechenland, Süditalien, Frankreich und Bulgarien angeboten worden.
Hinsichtlich der tatsächlichen Geschäftsführung stellte der Betriebsprüfer fest, dass trotz der satzungsgemäßen Gesamtvertretung wesentliche Geschäfte von dem Vereinsvorsitzenden H allein abgeschlossen und unterschrieben worden seien. So habe der Vorsitzende einen Mietvertrag zwischen sich und dem Verein sowie Kaufverträge über die Domains … etc. ebenfalls zwischen sich und dem Verein allein abgeschlossen. Privatanteile einer Reise nach E (Asien) seien von dem Vereinsvorsitzenden trotz eines entsprechenden Beschlusses der Mitgliederversammlung nicht ...