Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit einer Abfindung bei einvernehmlicher Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mit befristeter Wiedereinstellungszusage
Leitsatz (redaktionell)
Erklärt sich ein im Erziehungsurlaub gewesener Arbeitnehmer damit einverstanden, aus seinem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, obwohl er auf der Grundlage einer Gesamtbetriebsvereinbarung die Zusage des Arbeitgebers hatte, ihn nach vier Jahren wieder zu gleichen Bedingungen einzustellen, falls der Arbeitnehmer bis zu 6 Monate vor Arbeitsaufnahme die Annahme der Zusage erklärt, und wurde hiervon auch Gebrauch gemacht, so ist gleichwohl die Steuerfreiheit einer gezahlten Abfindung nach § 3 Nr. 9 EStG anzunehmen. Denn hierin liegt ein unfreiwilliger Verzicht auf das schon als entstanden anzusehende, aber noch nicht vollzogene neue Arbeitsverhältnis.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1a, § 3 Nr. 9
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
Die Klägerin war seit 1983 als kaufmännische Angestellte bei der A beschäftigt. Nach der Geburt ihrer Tochter am 20.12.1996 nahm die Klägerin Erziehungsurlaub bis zum 19.12.1999. Am 09.09.1999 erklärte sich die Klägerin mit einer ihr von der A angetragenen Regelung einverstanden, die auf der Grundlage der Gesamtbetriebsvereinbarung „…” der A vom … basierte. Hiernach sollte die Klägerin in beiderseitigem Einvernehmen mit Wirkung vom 20.12.1999 aus dem Unternehmen ausscheiden. Zugleich erklärte sich die A bereit, die Klägerin zum 20.12.2003 wieder in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen, das ihrer bisherigen beruflichen Qualifikation entsprechen sollte. Dies erforderte eine schriftliche Bestätigung der Klägerin sechs Monate vor dem vorgesehenen Zeitpunkt der Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit, da ansonsten die Wiedereinstellungszusage erlöschen sollte. Am 18.05.2003 unterschrieb die Klägerin die ihr von der A mit Schreiben vom 27.03.2003 übersandte formularmäßig vorbereitete Rückmeldung gemäß der Gesamtsbetriebsvereinbarung, wonach sie ihre Tätigkeit vereinbarungsgemäß am 20.12.2003 wieder aufnehmen werde. Als erstrebte Arbeitsform war von ihr eine Teilzeitbeschäftigung angegeben. Am 11.08.2003 erklärte sich die Klägerin mit nachfolgender Regelung, die ihr von der A mit Schreiben vom 18.06.2003 angedient worden war, einverstanden:
„… wie Sie uns auf unsere Veranlassung hin mitteilten, verzichten Sie darauf, ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen.
Sie erhalten als Ausgleich aller durch diesen Verzicht entstanden und in Zukunft entstehenden Nachteile eine Abfindung von 30.100,00 EUR brutto.”
Die hierauf im September 2003 ausgezahlte Abfindung unterwarf die A der vollen Besteuerung.
In ihrer Steuererklärung trugen die Kläger die vorgenannte Abfindung auf der Anlage N der Klägerin unter „Entschädigung/Arbeitslohn für mehrere Jahre” ein.
Im Einkommensteuerbescheid 2003 vom 08.02.2005 behandelte der Beklagte die Abfindung als voll steuerpflichtig. Zur Begründung führte er aus, dass eine Kündigung auf Veranlassung des Arbeitgebers nicht vorgelegen habe und daher die Voraussetzung des § 3 Nr. 9 und § 24 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht erfüllt seien. Bei der Zahlung an die Klägerin handele es sich auch weder um Arbeitslohn für mehrere Jahre im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, noch liege eine Zusammenballung von Einkünften vor.
Mit Einspruch vom 11.02.2005 begehrten die Kläger, die Festsetzung nach § 165 der Abgabenordnung (AO) im Hinblick auf anhängige Verfahren wegen Nichtgewährung von steuerfreien Aufwandsentschädigungen vorläufig vorzunehmen. Dem kam der Beklagten mit geändertem Einkommensteuerbescheid vom 20.05.2005 nach.
Zuvor, nämlich am 21.02.2005 legten die Kläger, vertreten durch ihren heutigen Prozessbevollmächtigten, Einspruch gegen den Bescheid vom 08.02.2005 dahingehend ein, dass die Abfindung unzutreffend behandelt worden sei. Es bestünden keine Zweifel, dass es sich um eine Abfindung nach § 3 Nr. 9 EStG handele. Das Arbeitsverhältnis werde durch Auflösungsvertrag beendet und eine Abfindung nach einer entsprechenden Gesamtbetriebsvereinbarung gezahlt. Wie der Kommentierung von Meisel/Sofka, § 15 Bundeserziehungsgeldgesetz Rd. 48 zu entnehmen sei, sei es seinerzeit schon weithin üblich gewesen, neben und im Anschluss an den Erziehungsurlaub unbezahlten Sonderurlaub zu gewähren. Nach Ablauf des Sonderurlaubs habe der Arbeitnehmer dann natürlich einen Anspruch, seine Beschäftigung wieder aufzunehmen. Nichts anderes ergebe sich aus dem Schreiben vom 07.09.1999. Warum die Parteien nicht einfach unbezahlten Sonderurlaub, sondern ein Ausscheiden und einen Wiedereinstellungsanspruch vereinbart hätten, sei nicht bekannt. Würde unterstellt, der Gesetzgeber hätte in § 3 Nr. 9 EStG eine Abfindung für den Fall ausdrücklich ausgeschlossen, dass ein Mitarbeiter nach Beendigung eines Sonderurlaubes durch Auflösungsvertrag aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide, wü...