Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Pflegekindverhältnis bei Kurzzeitpflege
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Kind, das für eine Kurzzeitpflege in den Haushalt von Pflegeeltern eingewiesen wird, begründet dort kein Pflegekindschaftsverhältnis.
2) Dies gilt auch dann, wenn das Kind in Vorjahren bereits in den Haushalt der Pflegeeltern eingewiesen war oder die Einweisung eine längere Zeit andauert, etwa aufgrund tatsächlicher Probleme bei der Umsetzung einer Jugendhilfemaßnahme auf Seiten der Stadt.
Normenkette
EStG §§ 63, 32 Abs. 1 Nr. 2, § 62
Tatbestand
Die Klägerin begehrt für das am …03.1999 geborene Kind A Kindergeld. Die Klage richtet sich ausdrücklich nur gegen den Bescheid des Beklagten vom 20.04.2016, wodurch die Festsetzung des Kindergeldes vom 09.09.2014 ab Februar 2016 aufgehoben wurde, da das Kind kein Pflegekind im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei.
Der Beklagte hatte die Klägerin gleichzeitig darauf hingewiesen, dass das für die Zeit ab Mai 2013 bis Januar 2016 gezahlte Kindergeld zurück gefordert werde. Der Stand in Bezug auf die hier nicht streitgegenständliche Rückforderung ist dem Gericht nicht bekannt.
Dem angefochtenen Aufhebungsbescheid war Folgendes vorausgegangen:
Das Jugendamt der Stadt B hatte der Familienkasse mit Schreiben vom 09.03.2016 mitgeteilt, dass A bis zum 19.04.2013 bei der Klägerin gelebt habe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Pflegefamilie den vorrangigen Anspruch auf das Kindergeld gehabt. Am 19.04.2013 sei A durch das Jugendamt C gemäß bei § 42 SGB VIII in Obhut genommen worden und aus der Pflegefamilie ausgeschieden. In der Zeit vom 04.06.2013 bis zum 13.05.2016 habe sich A auf Kosten der Stadt im Rahmen des § 34 SGB VIII in der heilpädagogisch-therapeutischen Gruppe von F in H befunden. Die Hilfe habe vor Ablauf der Bewilligung beendet werden müssen, da A in der Einrichtung nicht mehr tragbar gewesen sei. In der Nacht vom 12.05. bis 13.05.2014 habe sich A im M in B befunden. Im Anschluss hieran sei er ein paar Tage „verschüttet” gewesen. Mangels anderweitiger Alternative sei A am 27.05.2014 wieder in seiner ehemaligen Pflegestelle untergebracht worden. Bewilligt sei eine Unterbringung im Rahmen einer Kurzzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII, bis eine andere Unterbringungsmöglichkeit für A gefunden sei. Da der Verbleib A nicht mehr auf Dauer angelegt gewesen sei, hätten die Pflegeeltern auch nicht mehr den vorrangigen Anspruch auf das Kindergeld gehabt, so dass auch von der Stadt keine Abmeldung der Abzweigung erfolgt sei. Seit dem 27.05.2014 sei auf das an die Pflegestelle (Klägerin) ausgezahlte Pflegegeld auch kein Kindergeld angerechnet worden.
Der gegen den Aufhebungsbescheid gerichtete Einspruch der Klägerin wurde durch Entscheidung vom 07.07.2016 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der dagegen gerichteten Klage führt die Klägerin wie folgt aus:
Sie sei Pflegemutter des inzwischen 17-jährigen Kindes A. Dieser sei über Jahre in ihrer Familie gemäß § 33 des Sozialgesetzbuches (SGB) VIII untergebracht gewesen. Nachdem A etwa vier Jahre in der Familie der Klägerin gelebt habe, sei es zu erzieherischen Schwierigkeiten gekommen, die eine vorübergehende Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe notwendig gemacht habe. Deshalb sei das Kind von Mai 2013 bis Mai 2014 nicht in der Familie der Klägerin gewesen. Das Kind sei aber jedes Wochenende zu einem Kurzurlaub abgeholt worden, um den Familien Kontakt nicht abreißen zu lassen. Nach Ablauf eines Jahres sei das Kind wieder in die Familie der Klägerin zurückgekehrt.
Soweit der Beklagte argumentiere, das Kind A sei nur in Form einer Kurzzeitpflege untergebracht gewesen, sei dies vor dem Hintergrund der tatsächlichen Gegebenheiten sachlich wie rechtlich unzutreffend. Es sei auch keineswegs so, dass A den Haushalt der Klägerin mit Vollendung des 18. Lebensjahres am …03.2017 verlassen werde, da derzeit der Versuch unternommen werde, für ihn eine Möglichkeit zu schaffen, im Berufskolleg seinen Hauptschulabschluss zu bewältigen. Dies sei ein Umstand, der sicher dazu führen werde, dass das Kind den Haushalt der Klägerin nicht verlassen werde. Auch müsse bedacht werden, dass Hilfe gemäß § 33 SGB VIII durchaus auch jungen Volljährigen gewährt werde und nicht lediglich Minderjährigen. Die Vollzeitpflege sei eine stationäre, familienersetzende Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen derer das Pflegekind oder der Jugendliche über Tag und Nacht im familiären Rahmen außerhalb des Elternhauses untergebracht werde. Sie finde unter öffentlicher Beteiligung, aber im privaten Raum statt. Sie könne als zeitlich begrenzte Erziehungshilfe oder als auf Dauer angelegte Lebensform ausgestaltet werden. Eine Sonderform der Pflege im Sinne des § 33 SGB VIII sei die Kurzzeit- bzw. Übergangspflege. Diese sei vorgesehen, wenn Eltern vorübergehend, z.B. krankheitsbedingt, ausfielen. Kinder würden dann in einer speziellen Übergangspflegestelle aufgenommen, wobei es sich eben auch um Pflegefamilien handele. Betrachte man gerade di...