Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn des Zinslaufs für Erstattungszinsen bei Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe
Leitsatz (redaktionell)
Im Falle einer Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe und nachfolgender Zusammenveranlagung bestimmt die Umwandlung den maßgeblichen Zeitpunkt und damit das rückwirkende Ereignis, nach dem sich der Beginn des Zinslaufes gemäß § 233a Abs. 2a AO bemisst.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 233a Abs. 2a
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen III R 17/24) |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anwendung des Art. 97 § 9 Abs. 5 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO) sowie die sich hieraus ergebende Verzinsungspflicht streitig.
Die Kläger haben am ….2006 vor dem Magistrat der Stadt Z in Hessen die Erklärungen nach § 1 Abs. 1 des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) zur Begründung einer Lebenspartnerschaft abgegeben.
Für die Streitjahre 2007 und 2010 wurden die Kläger zunächst getrennt veranlagt.
Die im Rahmen dieser Einzelveranlagungen ergangenen Steuerbescheide wiesen für die Kläger jeweils Einkommensteuererstattungsbeträge aus, und zwar im Veranlagungszeitraum 2007 für den Kläger zu 1) i.H.v. … € und für den Kläger zu 2) i.H.v. … € (insgesamt mithin … €), im Veranlagungszeitraum 2010 für den Kläger zu 1) i.H.v. … € und für den Kläger zu 2) i.H.v. …€ (insgesamt mithin … €).
Am ….2017 schlossen die Kläger vor dem Standesamt Z in Hessen die Ehe. Es handelte sich um eine Eheschließung nach § 17a Personenstandsgesetz (PStG) bei bestehender Lebenspartnerschaft.
Am 20.03.2020 beantragten die Kläger die Zusammenveranlagung u.a. für die Veranlagungszeiträume 2007 und 2010 gemäß § 26b EStG i.V.m. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Dabei wiesen sie darauf hin, dass nach Art. 97 § 9 Abs. 5 EGAO Eheleute, die ihre Lebenspartnerschaft gemäß § 20a des LPartG bis zum 31.12.2019 in eine Ehe umgewandelt hätten, eine Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO beantragen könnten.
Die Kläger hätten im Dezember 2017 standesamtlich geheiratet, sodass die Voraussetzungen erfüllt seien. Bei der Umwandlung einer Lebenspartnerschaft nach § 20a Lebenspartnerschaftsgesetzes in eine Ehe handele sich um ein rückwirkendes Ereignis, und Ehegatten, die ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt hätten, könnten die Zusammenveranlagung auch für bereits bestandskräftig einzelveranlagte Jahre verlangen.
Mit Bescheiden vom 26.10.2021 nahm der Beklagte eine Zusammenveranlagung der Kläger für die Streitjahre 2007 und 2010 vor.
Dabei wiesen die Bescheide jeweils Einkommensteuererstattungsbeträge aus und zwar für den Veranlagungszeitraum 2007 i.H.v. … € und für den Veranlagungszeitraum 2010 i.H.v. … €.
Am 30.11.2021 beantragten die Kläger die Festsetzung von Zinsen gemäß § 233a Abs. 2a i.V.m. § 175 Abs. 1 Nr. AO für die Veranlagungszeiträume 2007 und 2010 durch Erlass eines Zinsbescheids.
Dabei machten sie geltend, dass es sich gemäß Art. 97 § 9 Abs. 5 EGAO bei der Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe im Sinne des § 20a LPartG um ein rückwirkendes Ereignis handele, das die Anwendung des § 233a AO ermögliche, sofern der Antrag auf nachträgliche Zusammenveranlagung bis spätestens 31.12.2020 gestellt worden sei.
Aufgrund der Umwandlung der Lebenspartnerschaft der Kläger in eine Ehe am ….2017 und ihrer Antragstellung auf Zusammenveranlagung vor dem 31.12.2020 seien die Voraussetzungen des Art. 97 § 9 Abs. 5 EGAO zur Anwendung des § 233a AO erfüllt.
Der Zeitpunkt des rückwirkenden Ereignisses, das für die Bestimmung des Beginns des Zinslaufs maßgeblich sei, liege hierbei im Zeitpunkt der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe, mithin am ….2017.
Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des Art. 97 § 9 Abs. 5 EGAO. Zudem stelle ein rückwirkendes Ereignis immer ein Ereignis dar, das einen Sachverhalt dermaßen beeinflusse und dadurch Wirkung für die Vergangenheit habe, dass die Steuerfestsetzung nachträglich zu ändern sei. Die steuerliche Wirkung ergäbe sich aus der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in die Ehe. Dieser Vorgang stelle die Grundlage für die nachträgliche Zusammenveranlagung dar und sei deshalb auch maßgeblich für die Bestimmung des Zinslaufs gemäß § 233a Abs. 2 AO. Der Zinslauf habe dementsprechend ab April 2019 begonnen.
Mit Bescheid vom 10.03.2022 lehnte der Beklagte die Anträge auf Festsetzung der Zinsen gemäß § 233a AO für die Veranlagungszeiträume 2007 und 2010 ab.
Zur Begründung führte er aus, dass gemäß § 233a Abs. 2a AO der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres beginne, in dem der Antrag auf Zusammenveranlagung nach Art. 97 § 9 Abs. 5 EGAO gestellt worden sei. Dies sei nach Aktenlage der 23.03.2020 gewesen. Der Zinslauf beginne somit am 01.04.2022.
Gegen diese Ablehnung der Festsetzung von Zinsen gemäß § 233a AO legten die Kläger am 28.03.2022 fristgerecht Einspruch ein.
Dabei machten sie geltend, dass im Streitfall nicht der Antrag auf Zusammenveranlagung vom 23.03.2020 das rückwirkende Ereignis darstelle, sondern vielmehr die Umwan...