rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfernungspauschale für Fahrten zwischen ständigen Arbeitsstätten verschiedener Arbeitgeber
Leitsatz (redaktionell)
Ein Arbeitnehmer, der in mehreren Dienstverhältnissen steht und dort jeweils eine ständige Arbeitsstätte hat, kann für Fahrten, die er arbeitstäglich unmittelbar von Arbeitsstätte zu Arbeitsstätte durchführt, - nur - die Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG geltend machen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 3, 3 Nr. 4, Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin (Kl) erzielte im Streitjahr aus zwei Halbtags-Arbeitsverhältnissen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ihre erste Arbeitsstelle hatte sie bei den Rechtsanwälten … in Köln, die zweite bei der Firma … in Leverkusen. In ihrer Einkommensteuererklärung 1994 machte sie Aufwendungen für Fahrten an 225 Tagen i. H. von insgesamt … DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Hierbei qualifizierte sie die Fahrten von ihrer Wohnung in P. zur Rechtsanwaltskanzlei (Entfernung 17 km) sowie die Fahrten von der Firma … zurück zu ihrer Wohnung (Entfernung 26 km) als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und die mittäglichen Fahrten von ihrem Arbeitgeber in Köln zu dem in Leverkusen (Entfernung 19 km) als Dienstfahrten.
Im Einkommensteuerbescheid 1994 vom 26. Juli 1996 berücksichtigte der Beklagte (Bekl) Aufwendungen für Fahrten zwischen den beiden Arbeitsstätten unter Ansatz von 31 Entfernungskilometern (17 km + 26 km + 19 km = 62 km: 2 = 31 km) mit dem Pauschbetrag gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG in Höhe von 0,70 DM. Hiernach ergaben sich abzugsfähige Fahrtkosten in Höhe von insgesamt … DM.
Die Kl legte gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch ein. Sie begehrte unter Hinweis auf Drenseck in Schmidt, EStG (15. Aufl.) § 9 Rz 129, 130 den Ansatz der tatsächlichen Kosten (0,52 DM je Fahrtkilometer) für die Strecke zwischen beiden Arbeitsstätten. Der Bekl lehnte dies in seiner Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 1997 unter Hinweis auf die EStG-Kartei NRW zu § 9 EStG Fach 4 Nr. 1 sowie das BFH-Urteil vom 8. November 1974 VI R 69/72 (BStBl II 1975, 177) ab.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Kl ihr Ziel weiter, bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit die Aufwendungen für die Fahrten zwischen den beiden Arbeitsstätten als Dienstfahrten mit 0,52 DM pro Fahrtkilometer zu berücksichtigen. Es dürfte rechtlich unbestritten sein, daß Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten darstellten, weil sie der Einnahmeerzielung dienten. Dies bedeute, daß derartige Fahrtkosten nicht etwa erst durch die Regelung des § 9 Abs. 1 EStG abzugsfähig seien, sondern von vorneherein seien. Die Funktion des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG liege darin, pauschale Werte für die Kilometer zu geben, die in diesen Fällen anders seien, als „normale Reisekosten”. Begrenzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG griffen aber nur für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein. Die Rechtsanwaltskanzlei in Köln sei aber nicht ihre Wohnung, sondern eine ihrer Arbeitsstätten. Ein Wohnungsbegriff könne nicht dahin ausgelegt werden, daß auch eine Arbeitsstätte eine Wohnung sei. Aus diesem Grunde könne sich der Bekl auch nicht mit Erfolg auf die Anweisungen in Abschn. 42 Abs. 4 c LStR 1993 und das dort aufgeführte Beispiel 2 (jetzt LStH 42, 1999, „Mehrere Dienstverhältnisse” Beispiel 2) berufen, zumal Verwaltungsanweisungen für die Finanzgerichte nicht bindend seien. Ebensowenig eigne sich das Urteil des BFH vom 25. März 1988 III R 96/85 (BStBl II 1988, 655) zur Stützung der vom Bekl vertretenen Rechtsauffassung, da der Begriff der „Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte” zunächst einmal der wörtlichen Interpretation bedürfe und dabei die Fahrt von einer Arbeitsstätte zur anderen Arbeitsstätte nicht als Fortsetzung der Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstätte angesehen werden könne, jedenfalls dann nicht, wenn – wie vorliegend – die Fahrt für einen halben Arbeitstag unterbrochen werde.
Im übrigen verweist die Kl auf die Kommentierung in Hartz-Meeßen-Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, zu „Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte” Rz 56, wonach für einen Arbeitnehmer, der im Rahmen desselben Dienstverhältnisses mehrere Arbeitsstätten habe, für Fahrten zwischen diesen Arbeitsstätten nicht die Beschränkungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG gelten würden. Es wäre nicht sachgerecht, diese Fahrten anders zu beurteilen, nur weil mehrere Dienstverhältnisse vorliegen würden.
Die Kl beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 1997 und Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 1994 vom 26. Juli 1996 bei der Veranlagung weitere Werbungskosten i. H. von … DM bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Ansatz zu bringen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er macht geltend, daß die von der Kl herangezogene Kommentierung in Hartz-Meeßen-Wolf einen anderen Sachverhalt betreffe...