Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitwertkonto, Fremdgeschäftsführer
Leitsatz (redaktionell)
1) Der Zufluss von Einnahmen kann auch durch eine Gutschrift in der Rechnungslegung des Schuldners bewirkt werden, wenn sich hieraus neben dem buchmäßigen Festhalten der Verpflichtung ergibt, dass der Betrag dem Gläubiger fortan zur Verfügung stehen soll und der dieser in der Lage ist, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen.
2) Einzahlungen auf einem Zeitwertkonto zugunsten des Fremdgeschäftsführers einer GmbH führen hiernach nicht zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn die Beträge in die von der Gesellschaft abgeschlossene Rückdeckungsversicherung eingezahlt werden und der Geschäftsführer bis zur Freistellungsphase keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme hat.
Normenkette
EStG §§ 11, 8 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Einzahlungen auf einem Zeitwertkonto beim Geschäftsführer einer GmbH zu einem Zufluss von Arbeitslohn führen.
Der Kläger ist seit 1992 Geschäftsführer der G … GmbH (GmbH). Anteile an der Gesellschaft hält er nicht.
Auf Grundlage eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 15.01.2007 erweiterte die GmbH den mit dem Kläger geschlossenen Dienstvertrag um eine „Vereinbarung zur Ansammlung von Wertguthaben zur Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestandes” und richtete in diesem Zusammenhang ein so genanntes Zeitwertkonto für den Kläger ein. Im August 2007 schloss die GmbH zur Finanzierung der Entgelte für die spätere Freistellung eine Rückdeckungsversicherung über monatliche Zahlungen von 6.000 €, eine jährliche Zahlung von 13.000 € und eine Einmalzahlung von 36.000 € ab. Lohnbestandteile, auf deren Auszahlung der Kläger im Rahmen der Vereinbarung mit der GmbH verzichtet hatte, wurden erstmals ab August 2007 vom Lohnkonto auf das Konto der Rückdeckungsversicherung gezahlt. Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigter aus der Rückdeckungsversicherung ist die GmbH. In 2007 wurden Verpfändungsvereinbarungen für die jeweiligen Beträge abgeschlossen.
Auf die Kopien des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 15.01.2007, der Versicherungsscheine der Rückdeckungsversicherung und die Verpfändungsvereinbarungen mit dem Kläger in der Lohnsteueraußenprüfungsakte wird Bezug genommen.
Die Einzahlungen auf das Wertguthaben behandelten alle Beteiligten bis Januar 2009 steuerfrei.
Anlässlich einer im Jahr 2010 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH kam der Prüfer zu der Auffassung, dass bei Geschäftsführern einer GmbH Zeitwertkonten steuerlich ab dem 01.01.2009 nicht mehr anerkannt werden könnten, da die Freistellung von der Arbeitsleistung bei fortbestehender Organstellung dem Aufgabenbild des Organs einer Kapitalgesellschaft widerspreche. Auf den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 30.06.2010 wird Bezug genommen (Lohnsteueraußenprüfungsakte).
Infolgedessen setzte der Beklagte mit Nachforderungsbescheid vom 03.11.2010 gegen den Kläger Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag für 2010 i.H.v. 4.367,70 € fest.
Mit weiterem Nachforderungsbescheid vom 03.01.2012 wurde bislang nicht berücksichtigte evangelische Kirchensteuer i.H.v. 810 € festgesetzt.
Gegen die Bescheide legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein.
Im Einspruchsverfahren wurden – nach Erteilung eines Verböserungshinweises – Fehler bei der Berechnung der Nachforderung korrigiert. Mit der Einspruchsentscheidung vom 20.03.2012 wurde die Lohnsteuer 2010 auf 9.000 €, die Kirchensteuer auf 810 € und der Solidaritätszuschlag auf 495 € festgesetzt und der Einspruch zurückgewiesen.
Nach den allgemeinen Grundsätzen zum Zufluss von Arbeitslohn führe eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über eine zeitlich verzögerte Auszahlung von Arbeitslohn nicht zu einer Verschiebung des steuerlichen Zuflusszeitpunktes. Hiervon abweichend vertrete die Finanzverwaltung jedoch die Auffassung, dass bei Zeitwertkonten unter bestimmten Voraussetzungen noch nicht die Wertgutschrift auf dem Konto, sondern erst die Auszahlung des Guthabens während der Freistellung zu Zufluss von Arbeitslohn führe. Dies gelte jedoch nicht für die Einrichtung von Zeitwertkonten bei Arbeitnehmern, die zugleich als Organ einer Körperschaft bestellt seien. Dies sei mit dem Aufgabenfeld des Organs einer Körperschaft nicht vereinbar. Hier führe bereits die Gutschrift des künftig fällig werdenden Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn. Der Beklagte beruft sich insoweit auf das BMF-Schreiben vom 17.06.2009, BStBl I 2009,1286.
Darin liege auch keine Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern und Organträgern eines Unternehmens. Es solle nicht übersehen werden, dass die Möglichkeit der Arbeitszeitflexibilisierung bei dem Personenkreis, zu dem der Kläger gehöre, nicht das primäre Ziel einer solchen Vereinbarung sei. Vielmehr gehe es um ein steuer- und ertragsoptimiertes Modell zur Anlage von b...