Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldsalden auf einem Gesellschafterverrechnungskonto als Dauerschulden
Leitsatz (redaktionell)
1) Lässt sich aus dem Geschäftsverhältnis der Beteiligten schließen, dass im Rahmen des Kontokorrentverkehrs dem Unternehmen ein bestimmter Mindestkredit dauernd gewidmet sein soll, sind die Kontokorrentschulden Dauerschulden.
2) Mehrere Kontokorrentkonten, die für einen Geschäftspartner geführt werden, können nicht als Einheit angesehen werden, wenn keine endgültige tatsächliche Verrechnung stattfindet. Eine temporäre Zusammenfassung für die Bilanzaufstellung genügt nicht.
Normenkette
GewStG § 12 Abs. 2, 2 Nr. 1; HGB § 355 Abs. 1-2; GewStG § 8 Nr. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 13.10.2003; Aktenzeichen I B 74/03) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei den Schuldsalden auf einem Gesellschafterverrechnungskonto um Dauerschulden handelt.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Durchführung von Leistungen auf dem Werbesektor, insbesondere die Durchführung von Industriedekorationen und Tätigkeiten auf dem Gebiet des Ausstellungs- und Messebaus. Herr I, der das Unternehmen gegründet hatte, war Geschäftsführer der Klägerin. Seine Ehefrau M war ebenfalls im Unternehmen der Klägerin als Prokuristin tätig. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine besondere Vorschrift über die Behandlung und Abwicklung von Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Klägerin und Gesellschafter (Gesellschafterverrechnungskonto). In den Steuerakten befindet sich allerdings ein auf den 18. Dezember 1989 datierter „Kontokorrentdarlehensvertrag” (Prüfer-Handakte Bl. 184), nach dem die Gesellschafterin der Klägerin ein jeweils ab Auszahlung zu verzinsendes Kontokorrentdarlehen in unbestimmter Höhe gewährt. Der Darlehensnehmer sollte berechtigt sein, das Darlehen ganz oder teilweise jederzeit ohne Kündigung zurückzuzahlen.
Mit notariellem Vertrag vom 18. Dezember 1993 erwarb die Klägerin zur Stärkung des Betriebskapitals von Herrn I 5 Eigentumswohnungen und Garagen zu einem Kaufpreis von insgesamt 1.100.000 DM (Prüfer-Handakte Bl. 28, 188). Mit notariellen Vertrag vom 29. März 1994 erwarb die Klägerin von der Gesellschafterin 4 weitere Eigentumswohnungen und Garagen für insgesamt 733.700 DM (Prüfer-Handakte Bl. 29, 30, 190, 192).
Die Klägerin führte für die Gesellschafterin ein laufendes Gesellschafterverrechnungskonto, auf dem die Forderungen gegen die Klägerin aus den Wohnungsverkäufen, Zinsgutschriften, Gehälter sowie diverse kleinere Beträge gutgeschrieben bzw. belastet wurden. Der Saldo auf diesem Konto zu Lasten der GmbH beruht nach Feststellungen des Prüfers insbesondere auf der Verrechnung von Gewinnausschüttungen und Gehaltsansprüchen (BP-Bericht Tz 14).
Ab etwa 1993 errichtete die Gesellschafterin ein Zweifamilienhaus. Die Finanzierung dieses Objekts erfolgte über die Klägerin. Zur Erfassung der von der Klägerin verauslagten Mittel wurde ein weiteres Verrechnungskonto „Hausbau” in der Buchhaltung der Klägerin eingerichtet. Den Zinsaufwand machte die Gesellschafterin im Rahmen ihrer persönlichen Einkommensteuer als Werbungskosten/Vorbezugskosten geltend.
Der Zinsaufwand für das laufende Gesellschafterverrechnungskonto in 1993 betrug 15.031 DM (Prüfer-Handakte Bl. 148), der Zinsertrag der Klägerin auf dem Verrechnungskonto Hausbau betrug 51.524 DM (Prüfer-Handakte Bl. 152). Die Zinsen wurden als Aufwand bzw. Ertrag erfasst und auf dem jeweiligen Verrechnungskonto verbucht. Im Rahmen des Jahresabschlusses wurden Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Gesellschafterin und Klägerin schließlich verrechnet. Es handelte sich allerdings nicht um eine endgültige Verrechnung der Salden auf den Konten. Vielmehr wurden die Verrechnungskonten bei Erstellung der Buchführung für 1994 wieder auseinander gerechnet. In den Folgejahren 1994 und 1995 wurde ebenso verfahren.
Beide Verrechnungskonten wiesen zu den Bilanzstichtagen folgende Ergebnisse aus (BP-Bericht Tz 15, 17):
|
Verrechnungskonto |
Verrechnungskonto |
Summe |
|
laufend (DM) |
Hausbau (DM) |
DM |
31.12.93 |
– 672.748 |
1.326.787 |
654.039 |
31.12.94 |
– 1.897.931 |
1.446.753 |
– 451.178 |
31.12.95 |
– 1.897.637 |
1.530.590 |
– 367.047 |
Nach einer für die Streitjahre 1993 bis 1995 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer im BP-Bericht vom 10. Oktober 1997 die Auffassung, die zwischen Klägerin und Gesellschafterin bestehenden Darlehen bzw. Forderungen seien ohne Saldierung getrennt als Forderungen und Verbindlichkeiten anzusetzen. Dies ergebe sich aus den unterschiedlichen Gründen für Darlehensaufnahme bzw.- gewährung und daraus, dass die Gesellschafterin die Zinsen aus dem ihr gewährten Darlehen als Werbungskosten angesetzt habe (BP-Bericht Tz 14, 15). Der Prüfer betrachtete deshalb die Schuldsalden auf dem laufenden Verrechnungskonto der Gesellschafterin
1993: |
252.306 DM |
1994: |
672.748 DM |
1995: |
1.897.930 DM |
als Dauerschulden und rechnete diese zur Hälfte dem Gewerbekapital zu (BP-Bericht Tz 29). Außerdem erhöhte er den Gewerbeertrag um die Hälfte des von ihm ermittelte...