rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungsbefugnis des Finanzamts im Klageverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Finanzamt ist zur Änderung von Steuerverwaltungsakten während des Klageverfahrens auch dann befugt, wenn eine zuvor im Vorverfahren gesetzte Frist nach § 364b Abs. 1 AO ergebnislos verstrichen ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 364b Abs. 1, § 132 S. 1

 

Tatbestand

Wegen Nichtabgabe der Steuererklärung schätzte der Beklagte mit Bescheid vom 28.6.2000 die für die Klägerin festzusetzende Körperschaftsteuer auf 0 DM. Das Einkommen nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG stellte er hierbei mit 20.000 DM und das zu versteuernde Einkommen nach einem Verlustvortrag in gleicher Höhe mit 0 DM fest. Dieser Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Im Rahmen des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens forderte der Beklagte die Klägerin nach § 364 b Abs. 1 Nr. 1 AO auf, bis zum 27.10.2000 die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung sie sich beschwert fühle. Insbesondere sollten die bei der Schätzung nicht berücksichtigten steuermindernden Sachverhalte angegeben werden. Außerdem bat der Beklagte um Vorlage der Gewinnermittlung innerhalb der genannten Frist.

Nachdem die Klägerin auf diese Aufforderung in der Folgezeit nicht reagiert hatte, wies der Beklagte den Einspruch am 31.10.2000 als unbegründet zurück und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die ausstehende Steuererklärung nebst Gewinnermittlung vorgelegt. Die Einkünfte vor Verlustabzug betragen demnach … DM.

Die Klägerin beantragt,

die Schätzbescheide erklärungsgemäß abzuändern.

Der Beklagte beantragt,

die Schätzungsbescheide erklärungsgemäß zu ändern und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Nach seiner Auffassung kann die im Klageverfahren nachgereichte Steuererklärung durch die Finanzbehörde nicht mehr berücksichtigt werden, nachdem die im Vorverfahren gesetzte Frist nach § 364 b Abs. 1 AO ergebnislos verstrichen ist. Zwar treffe es zu, daß eine Beschränkung des Verlustabzugs wegen Mantelkaufs die von der Klägerin begehrte Steuerfestsetzung nicht berühren könne, da im gerichtlichen Verfahren keine Verböserung in Betracht komme. Eine Abhilfeentscheidung durch die Finanzbehörde sei aber deshalb nicht möglich, weil ansonsten die vom Gesetzgeber gewollte Präklusion unterlaufen würde (§ 364 b Abs. 2 Satz 1 AO). Bei der gerichtlichen Stattgabeentscheidung müßten der Klägerin die Kosten auferlegt werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Das Einkommen der Klägerin nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG ist für das Streitjahr in erklärungsgemäßer Höhe von … DM festzustellen, da ein verfahrensrechtlicher Anlaß zur Nichtberücksichtigung der nachgereichten Steuererklärung nicht besteht (§ 76 Abs. 3 in Verbindung mit § 79 b Abs. 3 FGO).

Aus der Verweisung in § 76 Abs. 3 Satz 2 FGO auf § 79 b Abs. 3 FGO folgt, daß der Senat Erklärungen, die nach Ablauf einer Ausschlußfrist nach § 364 b Abs. 1 AO eingereicht werden, nur dann ermessensfehlerfrei zurückweisen kann, wenn deren Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde (§ 79 b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Eine solche Verzögerung kann indessen im Streitfall ungeachtet eines möglichen Mantelkaufs zum 1.12.1995 nicht eintreten, da der Beklagte bereits mit dem angegriffenen Schätzungsbescheid die Körperschaftsteuer mit 0 DM festgesetzt und ausgehend von einem Einkommen vor Verlustabzug i. H. v. 20.000 DM das zu versteuernde Einkommen mit 0 DM festgestellt hat. Die Nichtberücksichtigung des Verlustvortrags in Höhe der nunmehr erklärten Einkünfte würde demnach zu einer im gerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Verböserung führen. Die Feststellung des Einkommens nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG wird demgegenüber von der Frage des Umfangs der vortragsfähigen Verluste nicht berührt.

Obwohl die Klägerin in vollem Umfang obsiegt hat, hat sie die Verfahrenskosten zu tragen, die durch die verspätete Abgabe der Steuererklärung entstanden sind (§ 137 FGO). Dies betrifft allerdings nur die bis zum 10.7.2001 entstandenen Verfahrenskosten. An diesem Tag hat der Beklagte ungeachtet der geklärten Höhe des festzustellenden Einkommens den Erlaß eines Abhilfebescheides gemäß §§ 132, 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO abgelehnt. Daran war der Beklagte aber durch die im Einspruchsverfahren erfolglos gebliebene Ausschlußfrist gemäß § 364 b Abs. 1 AO nicht gehindert. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Verfügung einer derartigen Ausschlußfrist für eine unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuerfestsetzung als ermessensgerecht angesehen werden kann.

Nach § 132 Satz 1 AO ist das FA grundsätzlich auch während des Einspruchsverfahrens und des finanzgerichtlichen Verfahrens befugt, den angefochtenen Bescheid zu ändern. Die im Siebenten Teil der AO „Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren” angesiedelte Ausnahmeregelung des § 364b Abs. 2 Satz 1 AO, nach der Erklärungen und Beweismittel nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie erst nach Ablauf e...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?