rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit der Aufwendungen einer Psychotherapie durch einen Heilpraktiker
Leitsatz (redaktionell)
1) Aufwendungen für eine Psychotherapie durch einen Heilpraktiker können ohne Vorlage eines vor Beginn der Behandlung ausgestellten amtsärztlichen Attests als agB berücksichtigt werden.
2)Bei der Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen ist der Rahmen des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker zugrunde zu legen.
Normenkette
EStG § 33
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kosten einer psychotherapeutischen Behandlung außergewöhnliche Belastungen darstellen.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In der Einkommensteuererklärung für 2002 machten sie Aufwendungen von 11.632 EUR für die Behandlung des Klägers bei einem Heilpraktiker als außergewöhnliche Belastung geltend. Nach den Angaben des Klägers bestand die Behandlung aus einer Gesprächs- und Hypnosetherapie. Ausweislich der Rechnung des behandelnden Heilpraktikers war in der Zeit vom 5.11.2001 bis 1.10.2002 eine Psychotherapie durchgeführt worden, für die dieser außerhalb des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker (GebüH) einen Stundensatz abgerechnet hatte. Für das Jahr 2001 wurden jeweils acht Einzel- bzw. Doppelsitzungen zu je 170 DM bzw. 340 DM (insgesamt 2.086 EUR) abgerechnet, für das Jahr 2002 jeweils 37 Einzel- bzw. Doppelsitzungen zu je 86 EUR bzw. 172 EUR (insgesamt 9.546 EUR). Wegen Einzelheiten wird auf die Rechnung nebst Auflistung der Therapiesitzungen (Blatt 53 ff. Gerichtsakte) Bezug genommen.
In dem Einkommensteuerbescheid vom 9.10.2003 ließ der Beklagte die Aufwendungen unberücksichtigt, weil die Notwendigkeit nicht durch ein vor Beginn der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen worden sei. Als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wurden in anderem Zusammenhang entstandene Aufwendungen von 553 EUR, die sich aber wegen der zumutbaren Belastung von 6.621 EUR (§ 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG –) steuerlich nicht auswirkten. Im Einspruchsverfahren reichten die Kläger eine Bescheinigung des behandelnden Heilpraktikers nach, nach der der Kläger unter einer schweren sozialen Phobie mit ausgeprägten Panikattacken leidet, die es ihm unmöglich machten, an einem normalen beruflichen Leben und sozialen Leben teilzunehmen. Auf die Bescheinigung vom 7.1.2004 wird Bezug genommen. Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 2.3.2004).
Mit der am 1. April 2004 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie rügen im Wesentlichen, dass der Beklagte sich mit den vorgelegten Nachweisen nicht auseinandergesetzt habe. Vielmehr stütze er sich auf die Richtlinie 189, der wiederum das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13.2.1987 (Bundessteuerblatt – BStBl – II 1987, 427) zugrunde liege. Hierin werde die steuerliche Anerkennung von Aufwendungen für eine psychotherapeutische Behandlung daran geknüpft, dass ein vor Beginn der Therapie ausgestelltes amtsärztliches Zeugnis vorgelegt werde. Diese Rechtsprechung und folglich auch die Richtlinie könnten aber keinen Bestand haben. So sei es in einer Vielzahl von Fällen schon aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, ein amtsärztliches Attest beizubringen. Darüber hinaus überzeuge das Urteil auch deswegen nicht, weil keine stichhaltigen Gründe für die Erforderlichkeit der Einholung eines amtsärztlichen Attestes vor Beginn der Behandlung bezeichnet würden. Schließlich widerspreche das Urteil den Vorgaben des § 92 Abgabenordnung. Danach dürfe die Finanzbehörde sich grundsätzlich nicht auf ein bestimmtes Beweismittel beschränken, falls dies nicht das ausschließlich erreichbare oder taugliche Beweismittel sei; sie habe sich vielmehr aller Beweismittel zu bedienen, die sie nach pflichtgemäßen Ermessen zur Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte. Auf Grund der Selbstbindung durch die angegebene Richtlinie habe sich die Finanzverwaltung jegliches Ermessen von vornherein abgeschnitten. Die Beschränkung auf ein einziges angeblich taugliches und damit zulässiges Beweismittel komme in ihrer einschränkenden Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift gleich, die tatsächlich aber nicht existiere. Daher müssten die Voraussetzungen des § 33 EStG mit jedem anderen geeigneten Beweismittel nachgewiesen werden können. Hierzu zähle im Streitfall die Bescheinigung des Therapeuten vom 7.1.2004. Sofern die Finanzbehörde weitere Beweise für notwendig erachte, solle sie den Steuerpflichtigen auffordern, solche Beweise zu erbringen bzw. sich für die Erhebung solcher Beweise zur Verfügung zu stellen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 9.10.2002 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 2.3.2004 dahin abzuändern, dass die Einkommensteuer 2002 unter Berücksichtigung weiterer außergewöhnlicher Belastungen i.H.v. 11.632 EUR herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte beruft sich im Wesentlichen auf sein Vorbringen im außergerichtlichen Verfahren. Darüb...