rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verwirkung eines Anspruchs auf Rückforderung von unberechtigt ausgezahltem Kindergeld, kein Entreicherungsseinwand möglich

 

Leitsatz (redaktionell)

Einem Erstattungsanspruch der Familienkasse kann nicht der Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB entgegengehalten werden.

Die reine Weiterzahlung von Kindergeld über einen Zeitraum von weniger als einem Jahr begründet keinen Vertrauenstatbestand, der eine Rückforderung unberechtigt weitergezahlten Kindergeldes ausschließt.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 818 Abs. 3; EStG § 31 S. 3, § 63 Abs. 1; AO 1977 § 37 Abs. 2, 2 S. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger dem Rückforderungsbescheid des Beklagten den Einwand der Entreicherung entgegenhalten kann.

Der Kläger ist Vater dreier Kinder: A, geboren 03.05.1970, C geboren 28.03.1975 und B geboren 01.11.1978. Er bezog für seine Tochter B aufgrund Kindergeldbescheids vom 29.11.1994 Kindergeld i.H.v. zuletzt 300,00 DM. Die Kindergeldfestsetzung war befristet bis zum Juli 1998.

Nachdem der Beklagte entschieden hatte, daß für den Sohn A kein Kindergeld mehr zu zahlen sei, änderte er mit Bescheid vom 28.08.1998 die Kindergeldfestsetzung für B und setzte das Kindergeld von Januar 1996 bis März 1997 auf 220,– DM herab. Ob und welches Kindergeld ab April 1997 zu zahlen sei, enthält der Bescheid nicht. Gleichwohl wurde ab April 1997 weiter Kindergeld in Höhe von DM 200,00 gezahlt.

Ebenfalls mit Bescheid vom 28.08.1998 hob der Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind B für den Zeitraum Januar bis Juni 1998 auf und forderte den zuviel gezahlten Betrag i.H.v. 1.320,– DM zurück. Die Aufhebung beruht darauf, daß B ab 01. November 1997 eine Lehre als Kinderkrankenschwester angetreten hat, und, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, in 1998 die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes die Unschädlichkeitsgrenze des § 32 EStG übersteigen.

Der Kläger legte gegen den Rückforderungsbescheid Einspruch ein. Diesen wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23.06.1998 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus:

Da die eigenen Einkünfte des Kindes einen Betrag von 15.089,– DM ergäben, sei die Festsetzung des Kindergeldes nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO aufzuheben. Der zuviel gezahlte Betrag sei gemäß § 37 Abs. 2 AO zu erstatten.

Mit der Klage trägt der Kläger vor:

Die Rückforderung des zuviel gezahlten Kindergeldes sei unzulässig, da er -der Kläger- entreichert sei. Er habe bereits mit Schreiben vom 26.10.1997 den Beklagten darauf hingewiesen, daß seine Tochter eine Lehre als Kinderkrankenschwester beginnen werde. Eine Kopie des Ausbildungsvertrages, aus dem die eigenen Einkünfte und Bezüge ersichtlich seien, sei dem Beklagten übersandt worden. Da er trotz dieses Hinweises nach wie vor Kindergeld für das Kind B erhalten habe, sei er davon ausgegangen, es bestehe insoweit ein Anspruch. Das Kindergeld sei sodann dadurch verbraucht worden, daß er seine Tochter B finanziell unterstützt habe. Bei Antritt der Berufsausbildung habe sich herausgestellt, daß die Tochter im Rahmen ihrer Ausbildung auch außerhalb des Krankenhauses zum Einsatz kommen werde. Deshalb habe sie einen Führerschein benötigt, um mit dem krankenhauseigenen Pkw mobil zu sein. Die Gesamtkosten für den Erwerb des Führerscheins hätten sich auf 2.113,– DM belaufen. Hierzu habe er das bezahlte Kindergeld i.H.v. 1.320,– DM beigesteuert.

Der Kläger beantragt,

den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 28.08.1998 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 23.07.1999 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Seiner Auffassung nach kommt im öffentlich-rechtlichen Erstattungsverfahren der Entreicherungsgedanke des § 818 Abs. 3 BGB nicht zum Zuge.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

Der angefochtene Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 28.08.1998 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Der Aufhebungsbescheid ist rechtmäßig.

Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes -EStG- gelten die §§ 32 Abs. 25 EStG entsprechend. Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird, nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge von (im Streitjahr 1998) nicht mehr als 12.360,– DM) bezogen hat. Da die Tochter B, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, diese Grenze überschritten hat, steht dem Kläger für die Tochter B ab Januar 1998 kein Kindergeld mehr zu.

Der Aufhebungsbescheid ist auch nicht deshalb gegenstandslos, weil es für den Zeitraum Januar bis Juni 1998 überhaupt keine Kindergeldfestsetzung mehr gäbe. Zwar ist die Kindergeldfestsetzung vom 29.11.1994 durch Bescheid vom 28.08.1998 (den Änderungsbescheid betreffend den Sohn A) geändert worden und das Kindergeld für den Zeitraum Januar 1996 bis März 1997 für die Tocht...

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