Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldner von Tabaksteuer bei Zigarettenschmuggel
Leitsatz (redaktionell)
1. Verbringer i.S. des § 19 TabStG ist nur derjenige, der weiß, dass er steuerpflichtige Ware in das Steuergebiet verbringt.
2. Das Zollrecht, das den Führern von Beförderungsmitteln im grenzüberschreitenden Verkehr eine Garantiehaftung auferlegt, ist auf den Verkehr mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren nicht zu übertragen. Das TabStG folgt der RL (EWG) Nr. 12/92, welche grundsätzlich vom Bestimmungslandprinzip ausgeht. Das gemeinschaftsrechtliche Bestimmungslandprinzip bedeutet im Verbrauchsteuerrecht nicht, dass die Besteuerung nach den Regeln des Mitgliedstaates, in dem die verbrauchsteuerpflichtigen Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt werden, tatsächlich erfolgt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Führer des Beförderungsmittels im grenzüberschreitenden Warenverkehr Kenntnis von dem Vorgang hat.
Normenkette
TabStG §§ 19-20, 12; Richtlinie (EWG) Nr. 12/92; ZK Art. 202, 244; FGO § 69
Tenor
Die Vollziehung des Tabaksteuerbescheides vom 20. April 2007 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ausgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt … EUR..
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob der Antragsteller zu Recht als Schuldner von Tabaksteuer in Anspruch genommen wird.
Der Antragsteller reiste am 10. Januar 2007 mit einem Peugeot Transporter über den Grenzübergang Linken nach Deutschland ein. Der Transporter war mit Paletten beladen auf denen sich in Folie eingeschweißte Kartons befanden. Die Kartons waren mit Aufklebern für Hundefutter versehen.
Der Antragsteller wurde am 10. Januar 2007 um 15.48 Uhr von dem polnischen Staatsbürger … von dessen Handy angerufen, der sich zu diesem Zeitpunkt in seinem PKw auf einem Parkplatz an der B 113 unweit des Grenzüberganges Linken aufhielt. Gegen 16.00 Uhr passierte der Antragsteller den Grenzübergang.
Im Rahmen einer zollamtlichen Überholung des Transporters gegen 16.15 Uhr fanden Beamte des Antragsgegners 409.600 Stück Zigaretten der Marke „L&M light” sowie „L&M red” mit russischen Steuerbanderolen. Darüber hinaus fanden die Beamten in der Fahrerkabine weitere 160 Zigaretten der Marke „Prince” mit russischen Steuerbanderolen. Die Zigaretten wurden beschlagnahmt.
Mit Steuerbescheid vom 20. April 2007 setzte der Antragsgegner eine Tabaksteuer i. H. v. … EUR fest. Der Antragsteller wurde gesamtschuldnerisch gemäß § 44 Abgabenordnung (AO) mit … in Anspruch genommen, da dieser als Haftungsschuldner gemäß § 71 AO i.V.m.
§ 370 AO i.V.m. § 19 Tabaksteuergesetz (TabStG) in Anspruch zu nehmen sei. Über den dagegen eingelegten Einspruch des Antragstellers vom 14. Mai 2007 hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Der Antragsteller hat am 14. Mai 2007 beim Antragsgegner einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Zur Begründung hat der Antragsteller vorgetragen, dass er von der Existenz der Zigaretten nichts gewusst habe. Die Verstecke der Zigaretten seien für ihn nicht erkennbar gewesen. Er habe auch die Zigaretten nicht in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland verbracht, da er die Zigaretten, mangels Kenntnis von deren Existenz, nicht willentlich befördert habe. Er habe den Transport als Gegenleistung für die Reparatur seines PKW durchgeführt. Vor Fahrtantritt habe er die Ladung kontrolliert und ordnungsgemäß verpacktes Hundefutter vorgefunden, welches den Frachtpapieren entsprochen habe. Bei den in der Fahrerkabine vorgefundenen Zigaretten handele es sich um solche, die er zulässigerweise in Polen zum Eigenverbrauch erworben habe.
Den Antrag hat der Antragsgegner am 25. Juni 2007 abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass es für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 19 TabStG allein auf das objektive Verbringen ankomme. Eine Kenntnis des Antragstellers vom Verbringen der Zigaretten sei ebensowenig erforderlich, wie ein Wille die Zigaretten in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verbringen. Nur bei dieser Auslegung der Vorschrift könne sie ihre Schutzfunktion, nämlich die Verhinderung des Verbringens von Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates der Gemeinschaft entgegen § 12 TabStG, erfüllen.
Aufgrund der verbrachten Menge und der Art der Beförderung sei bei der Besteuerung davon auszugehen, dass die Zigaretten vom Antragsteller zu gewerblichen Zwecken i.S.v.
§ 20 Abs. 2 TabStG verbracht worden seien. Da an den Zigarettenschachteln keine deutschen Steuerbanderolen angebracht worden seien, sei die Tabaksteuer entgegen § 12 Abs. 1 TabStG nicht entrichtet worden.
Im Übrigen sei zweifelhaft, dass der Antragsteller von den beförderten Zigaretten keine Kenntnis gehabt habe, da seine Behauptungen als Schutzbehauptungen zu werten seien.
Bei der Berechnung in dem angefochtenen Steuerbescheid sei die Tabaksteuer für die Zigaretten der Marke „Pall Mall Filter” berechnet worden, obwohl es sich...