Entscheidungsstichwort (Thema)
Langjährige verlustträchtige Sanierung einer denkmalgeschützten Ritterburg mit Anbauten: einkommensteuerliche Einstufung als Liebhaberei. umsatzsteuerliche Berechtigung zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der Sanierungsaufwendungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die langjährige, mangels ausreichender eigener finanzieller Mittel nur mit öffentlichen Zuschüssen sowie Spenden durchführbare Sanierung einer bereits früher in Familienbesitz befindlichen, vom Steuerpflichtigen zurückerworbenen denkmalgeschützten Ritterburg mit Anbauten ist im Hinblick auf eine nach Fertigstellung geplante künftige gewerbliche Nutzung mangels Gewinnerzielungsabsicht als Liebhaberei einzustufen, wenn unter anderem:
- eine Gewerbeanmeldung für den Gewerbebetrieb „Vermietung von Zimmern und Ferienwohnungen” erst ca. 11 Jahre nach dem Erwerb der Burg abgegeben worden ist und in diesem Bereich in einem Zeitraum von 17 Jahren kaum nennenswerte Einnahmen erzielt worden sind,
- nach 17 Jahren mangels ausreichender finanzieller Mittel des Steuerpflichtigen immer noch nicht abzusehen ist, wann die Sanierungsarbeiten abgeschlossen werden können,
- der Fortgang der Sanierung und damit der Beginn der gewerblichen Tätigkeit sich nicht an einem unternehmerischen Plan bzw. Betriebskonzept und der Absicht, erfolgreich wirtschaften zu wollen, orientiert hat, sondern an den zur Verfügung stehenden Mitteln, die im Hinblick auf den erheblichen Sanierungsaufwand offensichtlich viel zu gering waren,
- zu Beginn der geplanten unternehmerischen Tätigkeit kein positives Betriebskonzept vorlag, und
- der geplante Gewerbebetrieb nahezu sicher keinen Totalgewinn mehr erzielen kann.
2. Umsatzsteuerlich ist der Steuerpflichtige als Unternehmer anzuerkennen und zum Vorsteuerabzug bezüglich der Sanierungsaufwendungen berechtigt, wenn er die durch objektive Anhaltspunkte belegte bloße Absicht hat, eine wirtschaftliche Tätigkeit (d. h. Umsätze gegen Entgelt) mit diesen Leistungsbezügen auszuüben (im Streitfall: vor Beginn der in Streitjahren durchgeführten Sanierungsmaßnahmen erstelltes Konzept eines Architekturbüros als Nachweis für die geplante künftige Erzielung steuerpflichtiger Ausgangsumsätze durch steuerpflichtige Vermietungsumsätze).
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1-2; UStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1
Tenor
Die geänderten Bescheide über Umsatzsteuer für 2010 und 2011 jeweils vom 16. Dezember 2016 und für 2012 und 2013 jeweils vom 20. Januar 2017 sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. Dezember 2018 und die Bescheide über Zinsen zur Umsatzsteuer für 2010 und 2011 jeweils vom 16. Dezember 2016 und für 2012 und 2013 jeweils vom 20. Januar 2017 sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. Dezember 2018 werden aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 2/3 und die Kläger zu 1/3.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn die Kläger nicht zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leisten.
Die Zuziehung einer Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Der Streitwert beträgt … EUR.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten ob die erklärten Einkünfte aus einer geplanten gewerblichen Vermietung der Burg A nebst Anbauten zu berücksichtigen seien oder ob es sich hierbei um einen sog. Liebhabereibetrieb handele, weil es an einer Gewinnerzielungsabsicht fehle (1.) und ob dem Kläger der Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Leistungen und Lieferung im Zusammenhang mit der Sanierung der in seinem Eigentum stehenden Ritterburg nebst Anbauten zu gewähren ist (2.).
Der Kläger ist Nachkomme der Familie B in deren Eigentum sich das Herrenhaus die sog. „Burg A” seit 1847 befand. Es handelt sich hierbei um eine ehemalige Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert die im 16. Jahrhundert durch ein Gebäude aus Feldsteinmauerwerk ersetzt wurde. Um 1800 bis etwa 1814 erfolgte auf den Grundmauern aus gehauenen Granitgestein seiner Vorgängerbauten die Errichtung eines zweigeschossigen Herrenhauses mit hohem Mittelrisalit im teilweise frühklassizistischen Stil. Dies geschah unter teilweiser Beibehaltung des Frührenaissancebaustils des Vorgängerbaus. Der Treppenbau und zwei von drei Renaissance-Volutengiebel wurden dabei abgerissen und das Hauptdach zum Walmdach umgestaltet. Die ursprüngliche Burganlage gehört zu den wenigen Rittersitzen in Mecklenburg-Vorpommern die den 30-jährigen Krieg im Kern weitgehend unbeschädigt überdauert hatten. Es ist nach einer Pressemitteilung des ehemaligen MdB C vom 02. Juli 2009 als nationales Kulturdenkmal eingestuft.
Der Kläger hat aufgrund seiner Herkunft seit Anfang der 1990er Jahre in der Umgebung seines Wohnsitzes umfangreiche land- und forstwirtschaftliche Flächen wieder erwerben können. Im J...