Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein deutsches Besteuerungsrecht für von der Deutschen Rentenversicherung Bund an in Kanada ansässige Rentenempfängerin gezahlte, auf frühere Erwerbstätigkeit in Deutschland zurückzuführende Leibrente
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Leibrente, die eine nunmehr in Kanada ansässige Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland infolge einer früheren nichtselbstständigen, in Deutschland ausgeübten Tätigkeit von der Deutschen Rentenversicherung Bund erhält, ist aus deutscher Sicht ein „Ruhegehalt” i. S. d. Art. 18 Abs. 1 DBA-Kanada 2001 und nicht als „Rente” i. S. d. Art. 18 Abs. 2 DBA-Kanada 2001 zu behandeln.
2. Nach der sachlichen Quellensteuerbegrenzung für Deutschland in Ziff. 5 b des Protokolls zum DBA-Kanada 2001, das nach Art. 30 DBA-Kanada 2001 Bestandteil des Abkommens ist, darf von Ruhegehältern aus Quellen innerhalb der BRD die deutsche Steuer nur erhoben werden, wenn die Ruhegehälter von der BRD, einem ihrer Länder oder einer Gebietskörperschaft gezahlt werden. Danach ist eine Quellenbesteuerung nur für Ruhegehälter im öffentlichen Dienst möglich, worunter eine Sozialversicherungsrente der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht fällt (gegen BFH-Beschluss v.13.12.2011 – I B 159/11).
3. Sozialversicherungsrenten sind aus deutscher Sicht Ruhegehälter i. S. d. Art. 18 Abs. 1 DBA-Kanada 2001.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1, 3-4, § 49 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst aa; DBA-Kanada Art. 18 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Sätze 1, 3, Abs. 3 Buchst. c; DBA-Kanada Art. 21 Abs. 3; DBA-Kanada Art. 30; AO §§ 8-9; SGB IV § 29
Nachgehend
Tenor
Abweichend von den Bescheiden über Einkommensteuer für 2009 bis 2011 vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom wird die festgesetzte Einkommensteuer jeweils auf 0,00 Euro herabgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Besteuerung der von der Deutschen Rentenversicherung Bund in den Streitjahren gezahlten Leibrenten streitig.
Die am … geborene Klägerin ist am 02.05.2001 mit ihrem Ehemann in Kanada eingewandert und dort ansässig. Mit ihrem Ehemann besitzt sie in Kanada eine eigene Wohnstätte. Während ihrer Aufenthalte in Deutschland hatten sie und ihr Ehemann die Möglichkeit, bei Freunden und Verwandten zu wohnen. In … hatten Sie einen melderechtlichen Wohnsitz in einer von Freunden unentgeltlich überlassenen Wohnung. Die Klägerin ist ausgebildete …und übte in den letzten 12 Jahren ihres aktiven Berufslebens bis März 2000 die kaufmännische Leitung eines mittelständischen Unternehmens aus. Ihr monatliches Bruttoeinkommen habe nach ihren Angaben der Besoldungsstufe A 15 entsprochen. Die Klägerin bezog seit … von der Deutschen Rentenversicherung Bund folgende Leibrenten:
2009: |
… EUR |
2010: |
… EUR |
2011: |
… EUR. |
Mit den Bescheiden über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom … setzte der Beklagte folgende Einkommensteuer fest:
2009: |
… EUR |
2010: |
… EUR |
2011: |
… EUR. |
Dagegen legte die Klägerin am … Einspruch ein. Mit der Einspruchsentscheidung vom …. wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Auf die Gründe der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.
Die Klägerin hat am …. Untätigkeitsklage erhoben.
Nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom … wird die Klage aufgrund des Schriftsatzes der Klägerin vom …. als Anfechtungsklage fortgeführt. Auf die Begründungen in den Schriftsätzen vom 08.03.2014 und 04.06.2014 wird Bezug genommen. Die Rechtswidrigkeit der streitigen Steuerbescheide begründet die Klägerin im Wesentlichen mit Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Nacherwerbseinkommen aus Quellen der Deutschen Rentenversicherungsträger, mit einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot zwischen Beziehern von Nacherwerbseinkommen aus kanadischen Quellen mit Ansässigkeit in Deutschland und Beziehern von Nacherwerbseinkommen aus deutschen Quellen mit Ansässigkeit in Kanada. Während der kanadische Staat nach der für den Steuerzahler günstigeren Lösung besteuere, hätten Bezieher deutscher Nacherwerbseinkommen nicht diese freie Wahl. In Kanada werde ihre Rente nicht konkurrierend, sondern absolut in voller Höhe besteuert. Eine teilweise Rückerstattung sei kostenaufwendig und nur bei Nachweis der Doppelentrichtung möglich. Eine Besteuerung von Sozialversicherungsrenten durch Deutschland sei nach Art. 18 Abs. 1 DBA-Kanada nicht möglich. Dies folge aus dem Protokoll zum DBA-Kanada.
Nachdem Deutschland in Art. 18 Abs. 3 Buchst. c DBA-Kanada ausdrücklich zugestimmt habe, dass die aus deutschen Altersversorgungskassen un...