rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Antragstellerinnen auferlegt.
3. Der Streitwert wird auf 29.188 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren 4 K. ob tatsächlich jemand als Vorerbin oder nur als Nießbrauchsvermächtnisnehmerin eingesetzt war mit der Folge, daß die Antragstellerinnen anstelle Nacherben sofort Erben wurden.
Wegen des Sachverhalts im einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 04. Dezember 1996, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Antragstellerinnen (ASt) beantragen die Aussetzung der Vollziehung des Erbschaftsteuer-Bescheids vom 02. Dezember 1994 in voller Höhe (291.888 DM) wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit und wegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte.
Der Antragsgegner (Finanzamt –FA–) beantragt die Ablehnung des Antrags.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist nicht begründet.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des Bescheides (vgl. Bundesfinanzhof-BFH-Beschluß vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BStBl III 1967, 182), und zwar aus folgenden Erwägungen:
Die Frage, ob der Erblasser (Erbl.) seine Ehefrau als Vorerbin oder nur ein Nießbrauchsvermächtnisnehmerin eingesetzt hat, ist durch Auslegung der letztwilligen Verfügung gemäß § 2084 BGB zu klären (Palandt BGB, 54. Aufl. § 2100 Rdnr. 3 m.w.N.; s.a. Petzoldt Beilage 6/1975 zu BB Heft 13/1975). Diese ergibt nach Auffassung des Senats, daß der Erbl. seine Ehefrau als Vorerbin und die ASt als Nacherben eingesetzt hat. Anhaltspunkte dafür, daß er die Ehefrau nur als Nießbrauchsvermächtnisnehmerin einsetzen wollte und die ASt als „sofortige” Erben, sind nicht ersichtlich. Die frühere Regelung der § 27 ErbStG 1906 und § 23 ErbStG 1919, wonach der nichtbefreite Vorerbe erbschaftsteuerlich als Nießbraucher anzusetzen ist (s. Meinke, ErbStG, 10. Aufl. § 6 Anm. 3), ist weggefallen.
Der Umstand, daß der Erbl. seine Ehefrau nicht von den Beschränkungen der Vorerbschaft nach §§ 2112 ff befreit und zudem eine Dauerverwaltunsvollstreckung (§ 2209, BGB) angeordnet hatte, wodurch wirtschaftlich betrachtet ihre Rechtsstellung der eines Nießbrauchers gleichkam, rechtfertigt noch keine Auslegung der Anordnung als Nießbrauchsvermächtnis (s. Soergel BGB 12. Aufl., § 2100 Anm. 2 sowie RFH-Urteil vom 17. Februar 1931 IeA 73/31, RStBl 1931, 241)
Für die Einsetzung der Ehefrau als Vorerbin und die der ASt als Nacherben spricht zum einen der Gebrauch dieser Worte im Testament. Zwar kann dies (entgegen Troll ErbStG, 3. Aufl. § 6 Rz. 6) aus der bloßen Verwendung des Worts „Vorerbe” noch nicht geschlossen werden, (Münchener Kommentar zum BGB § 2100 Anm. 10; eine solche Aussage hat entgegen Troll der RFH in seinem Urteil vom 12. Oktober 1933 IIIA 288/33, RStBl 1933, 1960 nicht getroffen; der RFH hat nur die Bindung der Finanzbehörden an die in einem Erbschein ausgewiesene Vorerbschaft hervorgehoben). Jedoch gebraucht der Erbl. mehrfach die Begriffe „Vorerbe” und „Nacherbe” (s. Tz. II und III des Testaments), außerdem erstellte er das Testament vor einem Notar.
Mit der Anordnung der Dauerverwaltungstestamentsvollstreckung in Tz. IV des Testaments wollte der Erbl. auch nicht schon zu Lebzeiten seine Ehefrau auf die Stellung einer Nießbrauchsberechtigten herabsetzen zugunsten der ASt als sofortige Erben. Durch die bloße Anordnung der Verwaltungstestamentsvollstreckung (2209, 2210 BGB) wird eine Vorerbschaft noch nicht zu einem bloßen (s. Soergel a.a.O. § 2100 Anm. 2) Nießbrauchsvermächtnis, zumal dann den ASt die Rechtsstellung von Erben zukommen müßte. Daß die ASt nicht anstelle der Ehefrau zuerst den Nachlaß haben sollten, ergibt sich u.a. daraus, daß nicht sie, sondern ein Dritter als Testamentsvollstrecker (TV) eingesetzt worden war und die Testamentsvollstreckung noch über den Tod der Ehefrau hinaus 10 Jahre lang dauern und somit auch sie treffen sollte (s. Tz. VI des Testaments).
Außerdem sollte nur die Ehefrau gegenüber dem TV das Recht auf Vorlage einer Jahresbilanz haben, die ASt hingegen erst bei Auflösung des Nachlasses (und dies auch erst frühestens 10 Jahre nach dem Tod der Ehefrau), was wiederum genau der gesetzlichen Stellung eines Vor- (s. § 2218 II, 2220 BGB) und eines Nacherben (Pal, § 2218 Anm. 9) entspricht. Angesichts des Alters der als Vorerbin eingesetzten Ehefrau zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung (6. Juli 1987) von 86 Jahren (geb. … 1901) sind aus dem Testament keine Gründe ersichtlich, wonach der Erbl. wollte, daß die Erträge aus dem Nachlaßvermögen seiner Ehefrau erst nach der bürgerlich-rechtlichen Bestellung des Nießbrauches an den einzelnen Nachlaßgegenständen zustehen sollten (s. § 1089 i.V.m. 1085 BGB)...