Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Anhörungsrüge. Eingeschränkter Gehörsanspruch im Verfahren der Einstweiligen Anordnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zulässigkeit einer Anhörungsrüge gem. § 133a FGO erfordert die schlüssige und substantiierte Rüge einer Verletzung des Rechts auf Gehör. Daran fehlt es, wenn im Verfahren der einstweiligen Anordnung die fehlende Gelegenheit zur Äußerung auf einen zugestellten Schriftsatz des FA beanstandet wird. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist in einem solchen Verfahren durch die „Natur der Sache” begrenzt und verlangt nicht den Beteiligten auf jeden Schriftsatzaustausch ausdrücklich Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
2. Auf die Rüge einer prozessrechtlich unfairen Behandlung oder Willkür kann eine Anhörungsrüge nach § 133a FGO nicht gestützt werden.
Normenkette
FGO § 133a Abs. 2 S. 5, § 114
Tenor
1. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Tatbestand
I.
Mit Beschluss vom 12. November 2012 hat das Gericht den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung und Erlass einer einstweiligen Anordnung in Sachen Stundung und Erlass sowie auf Aufhebung der Vollstreckung in Sachen Kontenpfändung abgelehnt. Soweit der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung der in der Rückstandsanzeige vom 2. Oktober 2012 ausgewiesenen Steuerrückstände begehrte, war der Antrag unzulässig, da es sich bei der Rückstandsanzeige nicht um einen vollziehbaren Verwaltungsakt gehandelt hat. Hinsichtlich des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Sachen Stundung und Erlass der Steuerrückstände hatte der Antragsteller keine Tatsachen vorgetragen, die einen Anordnungsanspruch gemäß § 114 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 920 Zivilprozessordnung (ZPO) begründen konnten. Der Antrag auf Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung im Wege der Aussetzung der Vollziehung wurde als unzulässig abgewiesen, da insoweit kein Vorverfahren beim Finanzamt (FA) durchgeführt worden war (§ 347 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung – AO –).
Mit seiner gegen den Beschluss vom 12. November 2012 erhobenen Anhörungsrüge macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei. Das Finanzgericht habe dem FA vier Wochen Frist zur Stellungnahme eingeräumt, ihm jedoch keine Gelegenheit gegeben, sich zu dem Schriftsatz des FA vom 2. November 2011 zu äußern, und damit gegen das Gebot der Fairness des Verfahrens verstoßen. Außerdem seien seine Anträge auf Akteneinsicht und auf mündliche Verhandlung übergangen bzw. in den Entscheidungsgründen nicht behandelt worden.
Hinzu komme, dass das Finanzgericht verkannt habe, dass sich der Anordnungsanspruch bereits aus dem Gesetz ergebe, und außerdem fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass zu seinem Stundungsbegehren nichts konkret vorgetragen worden sei. Des Weiteren sei übersehen worden, dass sich das FA in der Vergangenheit rechtswidrig verhalten und ihm erhebliche Schäden verursacht habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Anhörungsrüge ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO entspricht.
Nach dieser Bestimmung muss der Rügeführer insbesondere schlüssig und substantiiert darlegen, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen er sich im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht habe äußern können oder welches entscheidungserhebliche Vorbringen des Rügeführers das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 20. April 2010 VI S 1/10, BFH/NV 2010, 1467, m.w.N.). Zudem muss er vortragen, was er bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte, dass er keine Möglichkeit besessen hat, die Gehörsversagung bereits vor Ergehen der Entscheidung zu beanstanden, bzw. dass er den Verfahrensverstoß vor dem Gericht gerügt hat und inwiefern durch sein Vorbringen die Entscheidung auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts anders hätte ausfallen können (BFH-Beschluss vom 14. Oktober 2010 X S 24/10, BFH/NV 2011, 279).
Daran fehlt es im Streitfall. Der Antragsteller hat insbesondere nicht schlüssig und substantiiert vorgetragen, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen er sich im Verfahren 14 V 3041/12 nicht habe äußern können bzw. welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.
Soweit der Antragsteller vorträgt, das Finanzgericht habe ihm nach Zustellung des Schriftsatzes des FA vom 2. November 2012 keine Gelegenheit zu einer Äußerung gegeben, liegt darin keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Da es sich bei der einstweiligen Anordnung um eine wegen der Eilbedürftigkeit vorgezogene gerichtliche Entscheidung handelt, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör insoweit durch die „Natur der Sache” begrenzt (vgl. Koch in Gräber, FGO Kommentar, 7. Auflage, § 114, Rz. 87). Im Verfahren der einstweiligen Anordnung ...