rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzungsbefugnis des Finanzamts wegen auffälliger Unterschreitung der amtlichen Richtsätze und ungeklärter Einzahlungen auf betrieblichen Bankkonten (angebliche Spielbankgewinne). Einkommensteuer 1997
Leitsatz (redaktionell)
Auffällige Unterschreitungen der amtlichen Richtsätze können ein hinreichender Anlass sein, die materielle Richtigkeit der Buchführung anzuzweifeln und eine Zuschätzung gewerblicher Betriebseinnahmen vorzunehmen (Anschluss an das BFH-Urteil vom 24. November 1993 X R 12/89, BFH/NV 1994, 766, 767).
Normenkette
AO § 162 Abs. 1, 2 Sätze 1-2, § 90 Abs. 1
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens; hinsichtlich der Umsatzsteuer 1997 der Antragsteller zu 1) allein.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob der Antragsgegner (das Finanzamt –FA–) zu Recht den Gewinn des Antragstellers aus Gewerbebetrieb 1997 im Schätzungswege um 69.000 DM (angebliche Spielbankgewinne) sowie DM 170.000 (Entnahmezurechnung im Streitjahr) erhöht hat. Entsprechendes gilt für die Erhöhung der Bruttoumsätze.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf Tz. 1.9, 1.10 a und 7.2 des Berichts über die Außenprüfung vom 20. Dezember 2001, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Antragsteller beantragten,
die Vollziehung des ESt-Änderungsbescheids 1997 und des USt-Änderungsbescheids 1997, jeweils vom 15. Februar 2002 in Höhe von 44.456,83 EUR (ESt) und 15.948,78 EUR (USt) wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Bundesfinanzhof-BFH-Beschluß vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674), und zwar aus folgenden Erwägungen:
a) Schätzungsbefugnis gem. § 162 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Abgabenordnung (AO). Das FA war zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen befugt. Auffällige Unterschreitungen der amtlichen Richtsätze können ein hinreichender Anlaß sein, die materielle Richtigkeit einer Buchführung anzuzweifeln (BFH-Urteil vom 24. November 1993 X R 12/89, BFH/NV 1994, 766, 767). Im Streitjahr betrug der Reingewinnsatz nach dem vom Antragsteller deklarierten Zahlenwerk nur 1,74 % der Erlöse und damit nicht einmal 1/4 des untersten Richtsatzes von 8 % bei der einschlägigen Gewerbeklasse „Elektroinstallation” (Richtsatz-Sammlung Kj. 1997 S. 23). Hinzu kommt die hier sehr wesentliche, von den Antragstellern bisher mit keinem Wort erläuterte Diskrepanz zu den Ergebnissen des Vorjahres 1996 und des Folgejahres 1998 (hierzu die Übersicht des Prüfers in der Stellungnahme vom 21. Juni 2002, S. 2): Während der erklärte Rohgewinnaufschlag in 1996 86,31 % und in 1998 82,56 % betrug, fiel er in 1997 auf 60,9 %; der Reingewinnsatz lt. Jahresabschluss betrug in 1996 7,64 % und in 1998 5,62 %, lag also jeweils ein Vielfaches über dem für das Streitjahr erklärten.
Erst mit den Hinzuschätzungen des Prüfers von brutto 239.000 DM wären diese eklatanten Unstimmigkeiten einigermaßen behoben: der Reingewinnsatz beliefe sich bei dem vom Prüfer ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb (257.054 DM) auf 5,97 %.
Die Überlegung des Prüfers ist daher nicht von der Hand zu weisen, dass 1997 vor allem im Wareneinsatz enthaltene Vermögenswerte aus dem Betrieb des Antragstellers abgeflossen sind.
b) Korrektheit der Schätzung ihrer Höhe nach
Auch die Höhe der vorgenommenen Zuschätzungen kann bei summarischer Beurteilung nicht beanstandet werden.
aa) Zuschätzung wegen ungeklärter Einzahlung (angeblicher Spielbankgewinn) Bei Einzahlungen auf ein betriebliches Bankkonto (hier: die Bareinzahlung vom 07. Juli 1997) trifft den Steuerpflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht zur Sachaufklärung hinsichtlich der Herkunft der verbuchten Guthaben (s. BFH-Beschluss vom 04. Dezember 2001 III B 76/01, BFH/NV 2002, 476). An den Nachweis angeblich nicht einkommensteuerpflichtiger Zuflüsse sind daher strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt insbesondere für die von Steuerpflichtigen besonders gern ins Feld geführten Spielbankgewinne. Nach dem rechtskräftigen Urteil des FG Baden-Württemberg vom 17. März 1998 – 1 K 39(96) (Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1998, 919), dessen Grundsätzen der Senat sich anschließt, hat der Steuerpflichtige den Spielbankgewinn nicht nur schlicht zu bezeugen, sondern er muss auch detailliert Angaben über die Höhe der einzelnen Gewinne, über die gespielten Einsätze und die Verwendung der Gewinne machen. Dem genügen die abstrakten Wahrscheinlichkeitserwägungen des Prozessbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 04. Juni 2002 (Bl. 48 f FG-Akte) und die sehr vage erst im AdV-Verfahren vorgelegte Bestätigung vom 16. Mai 2002 (Bl. 56 FG-Akte) zweifellos nicht....