Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung eines Fogebescheids gegen Sicherheitsleistung. Einkommensteuer 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999

 

Leitsatz (amtlich)

Ist bei Aussetzung der Vollziehung eines Grundlagenbescheids (Hier: gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit) eine Sicherheitsleistung nicht ausgeschlossen worden, ist darüber bei Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids, (hier: Einkommensteuerbescheid) zu entscheiden.

Eine Sicherheitsleistung kann angeordnet werden, wenn die Verwirklichung des Steueranspruchs als gefährdet erscheint. Das öffentliche Interesse an einer Sicherheitsleistung entfällt nur, wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens zu erwarten ist.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 Sätze 3, 6

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren gegen die geänderten Einkommensteuer (ESt)-Bescheide 1992 bis 1999 vom 17.12.2001 die Höhe der vom Finanzamt München IV (Berufs-Finanzamt gem. § 18 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung –AO– i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO) gesondert festgestellten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit der Antragstellerin als Röntgenärztin.

Das Berufs-Finanzamt setzte am 15.03.2002 die Vollziehung der Bescheide über die gesonderte Feststellung des Gewinns 1992 bis 1999 vom 14.11.2001 in Höhe der streitigen Gewinne aus. Es wies dabei darauf hin, dass über eine Sicherheitsleistung bei der Aussetzung der jeweiligen Folgebescheide zu entscheiden ist.

Der Antragsgegner (Finanzamt –FA–) teilte der Antragstellerin am 26.03.2002 mit, dass er gem. § 361 Abs. 3 AO die Vollziehung der Folgebescheide (ESt-Bescheide) aussetzen werde, die Aussetzung der Vollziehung aber von einer Sicherheitsleistung abhängig mache. Mit Verfügung vom 9.10.2002 setzte das FA die Vollziehung der ESt-Bescheide 1996 bis 1999 in Höhe von 167.006 EUR (ESt 1996), 223.109 EUR (ESt 1997), 127.964 EUR (ESt 1998) und 103.988 EUR (ESt 1999) gegen eine Sicherheitsleistung in derselben Höhe aus.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die vom FA vorgelegten Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung, der ESt-Bescheide vom 17.12.2001 für 1992 bis 1999 in vollem Umfang – ohne Sicherheitsleistung – auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist unbegründet.

1. Einkommensteuer 1992 bis 1995

Eine Aussetzung der Vollziehung der ESt-Bescheide 1992 bis 1995 ist nicht möglich, da die ESt jeweils auf 0 DM festgesetzt ist. Bei Steuerbescheiden ist die Aussetzung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer (vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, und um die festgesetzten Vorauszahlungen) beschränkt (§ 69 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 8 Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Frage nach einer Aussetzung ohne Sicherheitsleistung stellt sich daher nicht.

2. Einkommensteuer 1996 bis 1999

Da die Vollziehung der Grundlagenbescheide (Gewinnfeststellungsbescheide) ausgesetzt wurde, war vom FA auch die Vollziehung der Folgebescheide (ESt-Bescheide) gem. § 361 Abs. 3 Satz 1 AO auszusetzen. Es ist angebracht, die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 FGO kann die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundslagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 6 FGO). Letzteres trifft hier nicht zu.

Durch die Sicherheitsleistung sollen Steuerausfälle nach einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens vermieden werden (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 29.11.1995 X B 328/94, BStBl II 1996, 322, 327 m.w.H.). Nach Aktenlage erscheint bei der Höhe der strittigen Steuernachforderung sowie der weiteren ESt-Forderungen in Höhe von 129.857,91 EUR und angesichts der wirtschaftlichen Lage der Antragstellerin, soweit sie ersichtlich ist, die Realisierung des Steueranspruchs als gefährdet. Zwar hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass sie über ein ererbtes Grundstück verfügt. Sie hat aber nichts zum Wert des Grundstücks und etwaiger Belastungen des Grundstücks vorgetragen. Nach den Feststellungen des FA ist das Grundstück mit Grundschulden in Höhe von insgesamt 598.000 DM; belastet. Es ist nicht erkennbar, dass die Steuernachforderungen durch den Vermögenswert des Grundstücks abgesichert sind. Der Steueranspruch ist auch nicht deshalb ungefährdet, weil die Antragstellerin im Jahr 2000 einen Gewinn von 280.562 EUR erwirtschaftet hat. Nach dem unbestrittenen Vortrag des FA wurde der Gewinn vorrangig zum Ausgleich der hohen Investiti...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge