Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der den Steuerrückständen zugrundeliegenden Umsatzsteuerbescheiden sind außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen und können nicht im Wege der einstweiligen Anordnung gegen Vollstreckungsmaßnahmen berücksichtigt werden.

 

Normenkette

FGO § 40 Abs. 2, § 114 Abs. 5; AO § 258

 

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller begehren die Nichtigerklärung aller Umsatzsteuerbescheide der Antragstellerin zu 1) sowie das Unterlassen von Vollstreckungsmaßnahmen.

Die Antragstellerin zu 1) ist eine mit Vertrag vom 4. November 2002 gegründete GmbH, Geschäftsführer ist der Antragsteller zu 2). Unternehmensgegenstand ist die Vermarktung von Datenträgern, datenträgerbasierenden Systemen, Etablierung von Kommunikationssystemen wie z. B. medizinischen Internetportalen sowie Aufbau und Vermarktung von Hard- und Softwaresystemen im Bereich des Gesundheitswesens. Der Sitz der GmbH befand sich zunächst in M und wurde am 1. Dezember 2006 nach I verlegt.

Da die Antragstellerin zu 1) mit der Zahlung von Steuern in Rückstand kam, pfändete das vor der Sitzverlegung zuständige Finanzamt M die Konten der Antragstellerin zu 1) bei der C- AG und der D-AG. Die Pfändungen blieben erfolglos, da die Konten kein pfändbares Guthaben aufwiesen bzw. bereits gelöscht waren.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2007 beantragte das nunmehr zuständige Finanzamt B (FA) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin zu 1).

Die Steuerschulden der Antragstellerin zu 1) betrugen mit Stand 9. Oktober 2007 1.290.873,96 EUR. Davon entfallen 220.900,39 EUR auf Umsatzsteuer 2005 und 974.116,80 EUR auf Umsatzsteuer 2006, sowie ein Betrag von 85.745,50 EUR auf steuerliche Nebenleistungen zur Umsatzsteuer 2005 und 2006. Dabei beruht die Umsatzsteuerschuld 2005 auf einer von der Antragstellerin zu 1) eingereichten Umsatzsteuererklärung. Am 29. August 2007 wurden geänderte Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite, dritte und vierte Kalendervierteljahr 2005 mit einer Zahllast von 0 EUR eingereicht, die vom FA noch nicht verbucht worden sind, eine geänderte Jahressteuererklärung liegt dem FA nicht vor.

Auch die Umsatzsteuerschuld 2006 beruht auf den eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen. Den von der Antragstellerin zu 1) am 29. August 2007 eingereichten geänderten Umsatzsteuervoranmeldungen wurde bisher nur für das vierte Quartal zugestimmt, insoweit ergibt sich eine Zahllast von 612.800 EUR. Derzeit wird durch die Steuerfahndungsstelle des FA geprüft, ob die Sollminderungen für das erste bis dritte Quartal anzuerkennen sind.

Zahlungen gegenüber dem FA sind bislang nicht erfolgt.

Die Antragsteller beantragen im Wege einer einstweiligen Anordnung,

alle Bescheide und Erklärungen der Antragsgegnerin betreffend Umsatzsteuer der Antragstellerin zu 1) für nichtig zu erklären sowie alle Vollstreckungsmaßnahmen zum Beitreiben angeblicher Sollstände der Klägerin zu 1) aus Umsatzsteuerbescheiden auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Anträge haben keinen Erfolg.

1. Soweit der Antragsteller zu 2) vorläufigen Rechtsschutz begehrt, liegen die hierfür erforderlichen allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht vor. Denn er hat nicht schlüssig dargelegt, dass ihn die angefochtenen Steuerbescheide und Vollstreckungsmaßnahmen, die gegenüber der Antragstellerin zu 1) ergangen sind, in seiner Rechtsstellung gefährden und er daher eigene Rechte verfolgt (§ 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Die erforderliche Antragsbefugnis ist daher nicht gegeben.

2. Auch der Antrag der Antragstellerin zu 1) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der ausschließlich mit der Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung begründet wird, ist unzulässig (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 11. Januar 1984 II B 35/83, BFHE 139, 508, BStBl II 1984, 210).

Aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung in § 114 Abs. 5 FGO kann eine einstweilige Anordnung nicht ausgesprochen werden, soweit der Regelungsbereich der Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO reicht (vgl. BFH-Beschluss vom 12.06.1991 VII B 66/91, BFH/NV 1992, 156). Das bedeutet, dass vorläufiger Rechtsschutz mit Gründen, die sich wie im Streitfall gegen die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung richten, grundsätzlich nicht im Wege der einstweiligen Anordnung, sondern nur der Aussetzung der Vollziehung erlangt werden kann.

3. Soweit die Antragstellerin zu 1) den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der Aussetzung aller Vollstreckungsmaßnahmen (sog. Regelungsanordnung i. S. d. § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO) begehrt, ist erforderlich, dass ein Anordnungsanspruch und ein A...

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