rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
EuGH-Vorlage zur zolltariflichen Einreihung von Strahlenschutzkleidung (Az. beim EuGH C-288/15)
Leitsatz (redaktionell)
1. Dem EuGH wird gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist für die Einreihung in die Unterposition 6211 33 10 00 0 „Arbeits- und Berufskleidung” der Kombinierten Nomenklatur ausschließlich das äußere Erscheinungsbild oder der Verwendungszweck ausschlaggebend, oder ist unter Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 3 Buchst. b zu berücksichtigen, welche Bestandteile der Ware ihren wesentlichen Charakter verleihen?
2. Im Streitfall: Tarifierung einer Mantelschürze, die Personen bei der Ausübung einer Berufstätigkeit vor Röntgenstrahlen schützen soll und den ganzen Oberkörper bis über den Schritt bedeckt (Außen- und Unterseite bestehen jeweils aus etwa 0,2 mm dicken, einfarbigen Geweben aus 100 % synthetischen Chemiefasern wie Polyester und Polyamid; innere Lage besteht überwiegend aus Antimon und weiteren Elementen mit einem Polymer als Trägermaterial).
Normenkette
AEUV Art. 267; KN Pos. 6211 UPos. 3310; KN Pos. 8110 Upos. 9000; KN Allgemeine Vorschrift 3 Buchst. a, b; VO (EU) Nr. 298/2012
Nachgehend
Tenor
Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werden gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist für die Einreihung in die Unterposition 6211 33 10 00 0 „Arbeits- und Berufskleidung” der Kombinierten Nomenklatur ausschließlich das äußere Erscheinungsbild oder der Verwendungszweck ausschlaggebend, oder ist unter Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 3 Buchstabe b zu berücksichtigen, welche Bestandteile der Ware ihren wesentlichen Charakter verleihen?
Tatbestand
I.
Die Klägerin führte im März 2013 Strahlenschutzbekleidung des Modells „…” aus den USA in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein und beantragte beim Hauptzollamt (HZA) – Zollamt mit Zollanmeldung vom 19. März 2013 die Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr unter Angabe der Codenummer 6211 33 10 00 0 der Kombinierten Nomenklatur (KN) mit einem Zollsatz von 12 %. Das HZA nahm die Zollanmeldung an und setzte mit Einfuhrabgabenbescheid vom 19. März 2013 gegen die Klägerin Einfuhrabgaben fest. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Bei der genannten Ware handelt es sich um Strahlenschutzkleidung, deren Außen- und Unterseite jeweils aus etwa 0,2 mm dicken, einfarbigen Geweben aus 100 % synthetischen Chemiefasern (Polyester und Polyamid) besteht. Die innere Lage besteht überwiegend aus Antimon (gewichtsmäßiger Anteil von rund 60 %) und weiteren Elementen mit einem Polymer als Trägermaterial. Die ärmellose Mantelschürze reicht über den Schritt und verfügt über einen runden, halsnahen Ausschnitt ohne Kragen und über eingenähte Schulterpolster. Die Vorderteile überlappen sich vollständig, wobei das Vorderteil mit Klettverschlüssen an der rechten Seite und der Schulter geschlossen wird. Auf der Vorderseite ist außerdem eine Brusttasche aus einem bunt bedruckten Gewebe aufgesetzt. Außerdem verfügt die Ware über einen Schlüsselring aus unedlem Metall, der an einem zur Schlaufe gelegten und in der Randeinfassung des Halsausschnitts eingenähten Band befestigt war. Die Mantelschürze dient dazu, Personen bei der Ausübung einer Berufstätigkeit vor Röntgenstrahlen zu schützen.
Gegen die Festsetzung der Einfuhrabgaben erhob die Klägerin Klage, die sie im Wesentlichen folgendermaßen begründet: Es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Einreihung der Ware in die Unterposition 6211 33 10 KN. Die streitgegenständliche Ware bestehe aus verschiedenen Bestandteilen mit einem vorherrschenden Anteil von Antimon, das den Charakter der Ware im Hinblick auf die Verwendung und den Wert der verschiedenen Bestandteile bestimme, denn eine Kleidung könne ihre Funktion als Schutz gegen Röntgenstrahlung ohne den Anteil an Antimon nicht erfüllen. Die Ware sei daher der Unterposition 8110 90 00 KN zuzuweisen. Das äußere Erscheinungsbild einer Ware sei tariflich bei der Betrachtung einer aus verschiedenen Bestandteilen bestehenden Ware nicht maßgebend und unbeachtlich. Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 298/2012 der Kommission vom 2. April 2012 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. (EU) Nr. L 99/12 vom 5. April 2012, nachfolgend VO 298/2012) finde im vorliegenden Fall keine Anwendung, weil die hier zu beurteilende und die in der Einreihungsverordnung behandelte Ware nicht identisch seien. Abgesehen davon könne die Einreihungsverordnung auch deshalb nicht als Argumentationshilfe herangezogen werden, weil diese nicht den Allgemeinen Vorschriften (AV) für Waren, die aus verschiedenen Bestandteilen bestünden, folge. Denn Waren aus verschiedenen Bestandteilen seien nach den Grundsätzen der AV 3 Buchstabe b einzureihen. Hierbei sei das äußere Erscheinu...