Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung des gemeinen Werts der Anteile 31.12.1992
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin, eine GmbH, ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Firma P. GmbH & Co KG (im folgenden: KG). Am Stammkapital der Klägerin von 50.000 DM ist Herr A. P. zu 100 % beteiligt. Dieser ist zugleich Kommanditist der KG.
Die Klägerin hat an die KG keine Kapitaleinlage zu leisten. Sie ist weder am Gewinn noch am Vermögen der KG beteiligt. Für die Übernahme des Haftungsrisikos und der Geschäftsführung erhält sie eine jährliche Vergütung. Diese betrug für das Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 1992 2.000 DM. Das Stammkapital hat die Klägerin seit 1992 bei einem Bankinstitut als Sichtguthaben angelegt. Aus diesem Guthaben wurden der Klägerin für das Jahr 1992 Zinsen in Höhe von 149,19 DM gutgeschrieben.
Abweichend von der Erklärung der Klägerin stellte das beklagte Finanzamt den gemeinen Wert der Anteile an der Klägerin auf den 31.12.1992 auf 102 DM je 100 DM des Stammkapitals fest
Dieser Wert entsprach dem Vermögenswert ohne Berücksichtigung der Ertragsaussichten. Zur Begründung bezog sich das Finanzamt auf Abschnitt 13 Abs. 1 Satz 1 der Vermögensteuerrichtlinien (VStR).
Mit ihrem dagegen eingelegten Einspruch machte die Klägerin geltend, die genannte Regelung sei in ihrem Fall nicht anzuwenden, weil sie eigene Einkünfte aus der freien Verfügung über die Anlage ihres Stammkapitals habe und damit nicht – wie in der Regelung vorausgesetzt – nur und damit ausschließlich eine Kosten- und Haftungsvergütung erhalte.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die verzinsliche Anlage des eingeforderten Kapitals reiche für eine Feststellung des gemeinen Werts abweichend von Abschnitt 13 Abs. 1 Satz 2 VStR nicht aus.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Da nach dem eindeutigen Wortlaut des Abschnitts 13 Abs. 1 Satz 2 VStR die Voraussetzungen dieser Regelung nicht gegeben seien, müsse der gemeine Wert der Anteile an der Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen unter Einbeziehung der Vermögens- und Ertragsaussichten der Gesellschaft ermittelt werden.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom … 1.1996 und des Feststellungsbescheids vom … 9.1994 den gemeinen Wert der Anteile auf 58 DM je 100 DM des Stammkapitals festzustellen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist nach wie vor der Ansicht, daß die Anlage des Stammkapitals als Sichteinlage bei einer Bank nicht als das Betreiben eigener Geschäfte im Sinne des Abschnitts 13 Abs. 1 Satz 2 VStR angesehen werden könne. Es sei der Regelfall und nicht die Ausnahme, daß das Stammkapital einer Komplementär-GmbH verzinslich angelegt werde, sofern es nicht für eigene Geschäfte benötigt werde. Die Anweisung in Abschnitt 13 Abs. 1 Satz 2 VStR wäre hinfällig, wenn mit der Anlage des Stammkapitals bereits der Ausnahmetatbestand geschaffen würde.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zur Klagebegründung wird auf die Schriftsätze des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 25.1. und 27.3.1996 sowie zur Klageerwiderung auf das Schreiben des Finanzamt vom 26.2.1996 Bezug genommen.
Mit Beschluß vom 19.4.1996 wurde der Alleingesellschafter der Klägerin zum Verfahren gemäß § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) beigeladen. Eigene Anträge hat der Beigeladene nicht gestellt.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat hält es für zweckmäßig, ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat das Finanzamt bei der Bewertung der Anteile an der Klägerin nur den Vermögenswert angesetzt.
Gemäß § 11 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) ist für die Bewertung nicht notierter GmbH-Anteile der gemeine Wert maßgebend. Läßt sich dieser – wie im Streitfall – nicht aus Verkäufen ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen. Diese Schätzung erfolgt im Interesse einer möglichst gleichmäßigen und praktikablen Wertermittlung nach dem nunmehr in Abschnitt 4 ff VStR (früher Abschnitt 76 ff) geregelten Stuttgarter Verfahren. Nach dieser Bewertungsmethode ist maßgebend der Vermögenswert, der aufgrund der Ertragsaussichten korrigiert wird. Die Rechtsprechung hat das Stuttgarter Verfahren als ein geeignetes Schätzungsverfahren anerkannt, von dem mit Rücksicht auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung nur abgewichen werden könne, wenn es im Ausnahmefall zu offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH– vom 28.6.1995 II R 37/92, BFH/NV 1996, 106).
Ausgangspunkt für die Ermittlung des gemeinen Werts der Anteile an der Klägerin, bei der es sich um eine Komplementär-GmbH handelt, ist die Regelung in Abschnitt 13 Abs. 1 VStR. Danach sind bei der Bewertung der Anteile an einer ...