rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Günstigerrechnung des § 10 Abs. 4a EStG: Kürzung des Vorwegabzugs bei einem Steuerpflichtigen, der als Arbeitnehmer gesetzlich krankenversichert ist und eine Altersrente bezieht
Leitsatz (redaktionell)
1. Beiträge zu den gesetzlichen Sozialversicherungen werden nicht „für” die Zukunftssicherung erbracht, wenn der Steuerpflichtige keinen Vorteil aus den Zahlungen haben kann.
2. Ein Steuerpflichtiger, der neben einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch Einkünfte aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bezieht, erwirbt dadurch dem Grunde nach Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung als Arbeitnehmer. Folglich hat der Arbeitgeber die Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge „für” die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen geleistet, so dass der Vorwegabzug um den Arbeitgeberanteil zu kürzen ist.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 3-4, 4a, § 3 Nr. 62
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr 2015 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der am … geborene Kläger bezog ab 1. November 2014 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Streitjahr belief sich der Rentenbetrag auf … EUR. Ferner bezog der Kläger Einkünfte aus Altersvorsorgeverträgen. Im Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2015 übte der Kläger eine nichtselbständige Tätigkeit bei der X-GmbH aus. Es handelte sich nicht um eine Geschäftsführertätigkeit, der Kläger war an der X-GmbH nicht als Gesellschafter beteiligt. Der Bruttoarbeitslohn belief sich auf 22.085 EUR. Die Klägerin bezog keine Einkünfte.
Der Kläger war im Jahr 2015 gesetzlich krankenversichert, die Klägerin als Ehegattin mitversichert. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung fielen nicht an.
Im Einkommensteuerbescheid vom … berücksichtigte der Beklagte, das Finanzamt (FA), die beschränkt abziehbaren Sonderausgaben in Höhe von 8.170 EUR.
Unfall- und Haftpflichtversicherungen |
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2.058 EUR |
Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht |
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(88 % von 2.520 EUR gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a Einkommensteuergesetz –EStG– i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG |
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in der Fassung des Jahres 2004 = EStG 2004) |
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2.218 EUR |
Krankenversicherungsbeiträge wegen Rente |
1.486 EUR |
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Pflegeversicherungsbeiträge wegen Rente |
403 EUR |
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Arbeitnehmerbeitrag gemäß Lohnsteuerbescheinigung |
1.745 EUR |
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Pflegeversicherungsbeitrag gemäß Lohnsteuerbescheinigung |
260 EUR |
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Summe Kranken- und Pflegeversicherung |
3.894 EUR |
3.894 EUR |
Summe |
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8.170 EUR |
Ausgehend von einem Höchstbetrag für den Sonderausgabenabzug von Kranken- und Pflegeversicherungen einschließlich der Unfallversicherungen, Haftpflichtversicherungen und der Rentenversicherung gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG von 3.800 EUR und übersteigenden Kranken- und Pflegeversicherungskosten in Höhe von 3.894 EUR nahm das FA im Einkommensteuerbescheid 2015 vom … die sogenannte Günstigerrechnung gemäß § 10 Abs. 4a EStG vor und errechnete einen höheren Sonderausgabenabzug wie folgt:
Aufgrund dieser Berechnung legten die Kläger Einspruch ein, den das FA mit der Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurückwies.
Mit der Klage machen die Kläger geltend, der Vorwegabzug sei nicht zu kürzen. Zur Begründung tragen sie vor, dass sie auch ohne die nichtselbständige Arbeit gesetzlich krankenversichert gewesen wären. Sie hätten daher durch die steuerfreien Arbeitgeberanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung keinerlei Vorteile. Zur Begründung der Kläger wird auf den Schriftsatz vom … verwiesen.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2015 vom …. in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … dergestalt abzuändern, dass beschränkt abziehbare Sonderausgaben in Höhe von 6.964 EUR anstelle von bisher 4.002 EUR abgezogen werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Zur Begründung des FA wird auf die Einspruchsentscheidung und den Schriftsatz vom … verwiesen. Im Wesentlichen beruft sich das FA auf das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 7. November 2007 2 K 299/04, EFG 2008, 446.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Zu Recht gehen beide Parteien davon aus, dass sich in Anwendung des § 10 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Höchstbetrag für die mit 8.170 EUR geltend gemachten Sonderausgaben in Höhe von 3.800 EUR ergibt. Denn der Arbeitgeber des Klägers hat für die Kranken- und Pflegeversicherung steuerfreie Beiträge gemäß § 3 Nr. 62 EStG erbracht.
Da indes die Summe der Beiträge für die K...