Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliches Einlagekonto einer Organgesellschaft: Ermittlung einer das Einlagenkonto mindernden Mehrabführung in organschaftlicher Zeit. Korrektur der handelsrechtlich erfolgswirksamen Erfassung eines steuerrechtlich als Einlage anzusehenden Ertragszuschusses
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Begriffe Minder- und Mehrabführung in § 14 Abs. 4 S. 6 KStG und § 27 Abs. 6 KStG sind mit der Maßgabe einheitlich auszulegen, dass die Neudefinition auch im Rahmen der rückwirkenden Anwendung des § 14 Abs. 4 S. 6 KStG zu beachten ist. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rückwirkung bestehen nicht.
2. Die Anpassung der erfolgswirksamen Buchung der Zuführung des steuerrechtlich als Einlage anzusehenden Ertragszuschusses in der Handelsbilanz ist eine Korrektur in der Steuerbilanz.
3. Typischerweise erhöhen sich beim Organträger in Höhe des Ertragszuschusses die Anschaffungskosten für seine Beteiligung. Es ist daher sachgerecht, wenn nach der gewinnneutralen Rückführung der Einlage ein passiver Ausgleichsposten gebildet wird, der zu gegebener Zeit die Abschreibung der Anschaffungskosten neutralisiert.
4. Es ist typischerweise nicht geboten, beim Organträger einen aktiven Ausgleichsposten, der sich ggf. gewinnmindernd auswirkt, anzusetzen. Es ist nicht ersichtlich, dass eine organschaftliche Minderausschüttung als Folge des Abzugsverbots des § 12 Abs. 2 UmwStG zu einer vom Gesetz nicht gewünschten zweiten Benachteiligung im Falle einer späteren Veräußerung führen könnte.
Normenkette
KStG § 14 Abs. 4 S. 6, § 27 Abs. 6; UmwStG § 12 Abs. 2; EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist eine GmbH. Am … 2001 schlossen X und Y einen notariellen Treuhandvertrag mit der B-GmbH. Im Treuhandvertrag verpflichteten sich X und Y, die Klägerin im Auftrag und auf Rechnung der B-GmbH zu erwerben. Mit zweitem Notarvertrag vom … 2001 kauften X und Y alle Geschäftsanteile an der Klägerin. Als neuer Zweck der Gesellschaft wurde in der Satzung die Verwaltung des eigenen Vermögens und das Halten und Verwalten von Beteiligungen an Unternehmen und Gesellschaften im In- und Ausland bestimmt.
Die Klägerin war im Streitjahr 2002 Organträgerin. Die Organgesellschaft führte einen Handelsbilanzgewinn an die Klägerin ab. Diesen Gewinn erfasste die Klägerin in ihrer Handelsbilanz. Steuerrechtlich war der Klägerin ein höherer Gewinn zuzurechnen.
Die B-GmbH zahlte der Klägerin am … 2002 einen nicht rückzahlbaren Ertragszuschuss, den die Klägerin in ihrer Handelsbilanz als Ertrag erfasste. Aufgrund der zum 1. Oktober 2002 erfolgten Verschmelzung mit der Organgesellschaft erfasste die Klägerin in ihrer Handelsbilanz zudem einen Übernahmeverlust. Steuerrechtlich durfte der Übernahmeverlust gemäß § 12 Abs. 2 UmwStG a.F. nicht abgezogen werden.
Die Klägerin schloss am … 2002 mit der B-GmbH einen Gewinnabführungsvertrag, nachdem ihr gesamtes Jahresergebnis ab 2002 der B-GmbH als Organträgerin zustand. Aufgrund dieses Vertrags führte die Klägerin ihren Handelsbilanzgewinn an die B-GmbH ab. Steuerrechtlich war bei der B-GmbH ein höherer Gewinn zu erfassen.
Die Differenz zwischen dem Handelsbilanzgewinn der Klägerin und dem steuerlichen Einkommen berechnete der Beklagte, das Finanzamt (FA), mit folgendem Rechenweg:
Gewinn Handelsbilanz |
99.000 EUR |
Änderungen in der Steuerbilanz: |
|
Erhöhung nach Betriebsprüfung |
+ 600 EUR |
Erhöhung Differenz Handelsbilanz-/Steuergewinn der Organgesellschaft |
+ 400 EUR |
Minderung um Ertragszuschuss der B-GmbH |
-70.000 EUR |
Gewinn Steuerbilanz gemäß Finanzamt |
30.000 EUR |
Außerbilanzielle Korrekturen: |
|
Erhöhung um Verschmelzungsverlust |
+ 60.000 EUR |
Erhöhung um nicht abziehbare Körperschaftsteuer/Solidaritätszuschlag |
+ 100 EUR |
Dem Organträger zuzurechnendes Einkommen |
90.100 EUR |
Ausgehend hiervon errechnete das FA eine Mehrabführung im Sinne des § 27 Abs. 6 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in Höhe von 69.000 EUR (= 99.000 EUR – 30.000 EUR). Hieraus ergab sich folgende Berechnung des steuerlichen Einlagekontos der Klägerin:
Stand 31.12.2001 |
0 EUR |
Einlage |
+ 70.000 EUR |
Übernahme Kapitalkonto wegen Verschmelzung |
+ 100 EUR |
Mehrabführung |
- 69.000 EUR |
Stand 31.12.2002 |
+ 1.100 EUR |
Mit Feststellungsbescheid vom … stellte das FA das steuerliche Einlagekonto mit 1.100 EUR fest … und wies die Einsprüche der Klägerin mit der Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück.
Mit der Klage macht die Klägerin geltend, das Einlagekonto sei um 70.000 EUR zu erhöhen, da hinsichtlich des Ertragszuschusses keine Mehrentnahme vorliege. Der Ertragszuschuss sei eine verdeckte Einlage. Die Korrektur des zu versteuernden Einkommens finde – ebenso wie die Korrektur des Verschmelzungsverlusts – außerhalb der Bilanz statt (R 40 Abs. 2 Satz 2 KStR 2004). Handelsbilanz und Steuerbilanz seien daher identisch, es liege eine Einheitsbilanz vor. Es komme...