Entscheidungsstichwort (Thema)
Abkommensrechtliche Behandlung von Lizenzzahlungen als Sondervergütungen nach Inkrafttreten des § 50d Abs. 10 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelung, wonach § 50d Abs. 10 EStG gemäß § 52 Abs. 59a Satz 8 EStG in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen anzuwenden ist, ist mit dem Grundgesetz vereinbar und wirkt nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise zurück. Bis zum Inkrafttreten des § 50d Abs. 10 EStG konnte noch kein verfassungsrechtlich schutzwürdiges Vertrauen im Hinblick auf die Zuordnung der Lizenzvergütungen nach dem DBA-USA 1989 im Inbound-Fall aufgebaut werden.
2. § 50d Abs. 10 EStG verstößt nicht gegen Völkerrecht. Die darin enthaltene Regelung stellt sich nicht als Überschreibung eines DBA (sog. treaty override) dar.
3. Lizenzvergütungen, die eine in Deutschland ansässige Personengesellschaft an ihre in den USA ansässige Gesellschafterin gezahlt hat, gelten mangels abweichender Regelung im DBA als Unternehmensgewinne und unterliegen der Besteuerung in Deutschland.
Normenkette
EStG 2002 § 50d Abs. 10, § 52 Abs. 59a S. 8, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; GG Art. 20 Abs. 3; DBA USA Art. 7 Abs. 1 S. 2, Art. 12
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Lizenzvergütungen, welche die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft (KG), an ihre Gesellschafterin (Kommanditistin) als Lizenzgeberin gezahlt hat, in Deutschland als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen sind.
Die Klägerin ist eine KG, die durch Rechtsformwechsel der H GmbH (GmbH) gemäß Formwechselbeschluss vom 29. Juni 2001 zum 30. Juni 2001 entstanden ist. Mit Lizenzvertrag vom 7. Mai 2001 gewährte die N Group l (mit Sitz in Lake Lure, USA) – Group – als Lizenzgeber der GmbH als Lizenznehmer die Erlaubnis, die Produkte der Group zu verkaufen, zu vermarkten und zu verteilen und Dienstleistungen zu erbringen sowie die Marke und den Handelsnamen der Group zu benutzen. Im Gegenzug verpflichtete sich die GmbH zur Zahlung einer Lizenzgebühr von 8% auf den Jahresumsatz der GmbH für alle Geschäfte, die sich auf Produkte oder Dienstleistungen oder die Verbindung der Marke des Handelsnamens der Group beziehen. An der KG, deren Sitz in W ist, sind seit 10. August 2001 G mit 74,9% sowie die Group mit 25,1% als Kommanditisten und die D GmbH als Komplementärin beteiligt.
Anlässlich einer bei der KG für den Zeitraum 2001 bis 2003 durchgeführten Prüfung der Auslandsbeziehungen (Bericht vom 21. Dezember 2005) gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass es sich bei den Lizenzzahlungen der KG an die Group bei dieser um Sondervergütungen i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 2 a Einkommensteuergesetz in der für die Streitjahre gültigen Fassung (EStG) ihrer inländischen Betriebsstätte handele, weil die Group als Empfängerin der Zahlungen zugleich Gesellschafterin der KG sei. Aufgrund der Umsatzverhältnisse stehe die insoweit maßgebliche wirtschaftliche Zugehörigkeit der den Lizenzen zu Grunde liegenden Rechte zum (Sonder-) Betriebsvermögen der deutschen Betriebsstätte der Group fest. Da das Abkommen des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 (DBA-USA 1989) die Einkünfteeinstufung nicht ausdrücklich regele, bestimme sich die Zugehörigkeit zur Betriebsstätte nach dem jeweiligen Steuerrecht des Anwenderstaates. Danach sei aus deutscher Sicht maßgebend, dass diese Rechte der Tätigkeit der inländischen Betriebsstätte dienten. Aufgrund der Zuordnung der Lizenzen zur inländischen Betriebsstätte sei – abweichend vom Grundsatz nach Art. 12 Abs. 1 (Lizenzgebühren) DBA-USA 1989, wonach Lizenzgebühren im Ansässigkeitsstaat der die Lizenzgebühren beziehenden Person (hier: USA) zu besteuern sind – über Art. 12 Abs. 3 DBA-USA 1989 (sog. Betriebsstättenvorbehalt) Art. 7 (gewerbliche Gewinne) DBA-USA 1989 anzuwenden. Nach Art. 7 DBA-USA 1989 seien die Lizenzgebühren wegen der Zurechnung zur inländischen Betriebsstätte als gewerbliche Gewinne dem Betriebsstättenstaat (Deutschland) zuzuweisen.
Entsprechend den Feststellungen des Auslandsprüfers und ihm folgend des Betriebsprüfers (vgl. Bericht vom 9. Januar 2006) erließ das beklagte Finanzamt (FA) am 31. Mai 2006 für die KG geänderte Bescheide für 2001 bis 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, in denen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Klägerin (2001: 582.864,83 DM; 2002: -174.636,44 EUR; 2003: 34.369,96 EUR) die streitigen Lizenzgebühren in Höhe von 30.154 DM (2001), 40.666 EUR (2002) und 40.017 EUR (2003) als Sonderbetriebseinnahmen der Group erfasst wurden. Ebenfalls am 31. Mai 2006 erging der entsp...