rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablaufhemmung wegen Betriebsprüfung und Unterbrechung der Betriebsprüfung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO tritt nur ein, wenn ernsthaft mit der Betriebsprüfung begonnen wurde.
2. Nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO tritt die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO nicht ein, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.
3. Die Frist des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO wird nur in Lauf gesetzt, wenn die Prüfung aus Gründen unterbrochen wurde, die in der Sphäre der Finanzverwaltung liegen; auf ein Verschulden der Finanzbehörde kommt es nicht an.
4. Die Unterbrechung der Außenprüfung durch einen Rechtsbehelf ist vom Finanzamt nicht zu vertreten, wenn der mit dem Rechtsbehelf angefochtene Verwaltungsakt einen hinreichenden sachlichen Zusammenhang zu dem Gegenstand der Außenprüfung hat. Dies ist dann anzunehmen, wenn das Ergebnis des Rechtsbehelfsverfahrens den Ablauf der Außenprüfung beeinflussen kann.
5. Erlässt das Finanzamt einen Änderungsbescheid aufgrund der Betriebsprüfung nach der Einspruchsentscheidung, aber vor Abschluss der Klageverfahrens, spricht dies gegen einen hinreichenden sachlichen Zusammenhang mit der Außenprüfung.
6. War der Beigeladene im Verfahren vor dem FG nicht vertreten und hat er auch erklärt, dass ihm besondere außergerichtliche Kosten nicht entstanden sind, besteht kein Anlass für eine Entscheidung gemäß § 139 Abs. 4 FGO über die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Normenkette
AO §§ 169, 171 Abs. 4; FGO § 139 Abs. 4
Tenor
1. Der Bescheid vom 26. Juli 2018 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2021 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Dem Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Der Kläger war (der letzte verbliebene) Kommanditist der aufgelösten [… P-KG]; am […] 2021 wurde im Handelsregister eingetragen, dass die Gesellschaft erloschen ist. Bis zum 31. Januar 2006 war der zwischenzeitlich (im Sommer 2009) verstorbene [… HX] ebenfalls Kommanditist der P-KG. Komplementärin der P-KG war die [… P-GmbH], die am Vermögen der P-KG nicht beteiligt war. Die P-GmbH war an der Gewinnverteilung nicht beteiligt und erhielt nur eine Haftungsvergütung und eine Verzinsung des Verrechnungskontos. Die Auflösung der P-GmbH wurde am […] 2021 im Handelsregister eingetragen. Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin war der Kläger.
Die P-KG wurde nicht liquidiert. Mit Gesellschafterbeschluss vom […] 2020 ist die P-GmbH zum […] 2020 aus der P-KG ausgeschieden.
Mit Vertrag vom 28. Januar 2005 erwarb der Kläger von HX dessen Kommanditanteil. In dem Vertrag war vereinbart, dass der Kläger den Kommanditanteil mit Wirkung zum 31. Januar 2006 für einen Betrag von 10.000 EUR erwirbt. In dem Vertrag wurde weiter vereinbart, dass die Darlehensverbindlichkeit von HX gegenüber der P-KG vom Kläger nicht übernommen wird. Zum 31. Januar 2006 betrug der Buchwert des Kapitalkontos des HX in der Gesamthandsbilanz 29.282,02 EUR.
Mit einem weiteren Vertrag zwischen der P-KG und HX vom 28. Januar 2005 wurde vereinbart, dass das im Verrechnungskonto bei der P-KG gebuchte Darlehen mit einer Frist von sechs Monaten zum Monatsletzten für beide Seiten kündbar ist. Eine Kündigung durch die P-KG zu Lebzeiten von HX wurde ausgeschlossen. Das Verrechnungskonto wurde seit 1. Februar 2005 mit 1 % pro Jahr verzinst (BP-Akte 2006-2008, Bl 14).
Zum Gesamthandsvermögen der P-KG gehörte ein Anteil von 50 % an der […] (E-GmbH). In der Bilanz der P-KG auf den 31.12.2009 war der Anteil an der E-GmbH mit den historischen Anschaffungskosten von 383.468,91 EUR (entspricht 750.000 DM) ausgewiesen. Im Jahr 2013 veräußerte die P-KG ihre Beteiligung an der E-GmbH. Der Veräußerungsgewinn betrug 6.466.531,09 EUR.
In der am 25. März 2011 beim Beklagten, dem Finanzamt, eingereichten Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2009 erklärte die P-KG steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von – 32.929,30 EUR. Außerdem erklärte die P-KG, dass in diesen erklärten Einkünften Einkünfte (Beteiligungserträge), die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, in Höhe von 1.000.000,00 EUR (davon steuerfrei 400.000,00 EUR) enthalten seien, sowie für HX Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von 38.964,32 EUR und Sonderbetriebsausgaben in Höhe von 50.000,00 EUR. Die P-KG hatte dabei in der Gewinn- und Verlustrechnung für 2009 eine Einzelwertberichtigung ihrer Darlehensforderung an HX in Höhe von 1.0...