Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsausgabenabzug bei Domizilgesellschaften

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine möglicherweise fehlende wirtschaftliche Betätigung im Sitzstaat rechtfertigt es nicht, ein ausländisches Unternehmen bereits deshalb als Domizilgesellschaft zu beurteilen und damit die Betriebsausgaben gemäß § 160 Abs. 1 AO ganz oder teilweise nicht zum Abzug zuzulassen.

 

Normenkette

AO 1977 § 160 Abs. 1

 

Tatbestand

I.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine 1977 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Gegenstand die Ausführung von Dachdeckerarbeiten, Gebäudeisolierungen und Fassadenverkleidungen aller Art ist.

Für 1994 ergingen durch den Beklagten (das Finanzamt – FA –) unter dem 4. Januar 1996 Bescheide über Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermeßbetrag und Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals, alle unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Mit einem Nachunternehmervertrag hat die Klägerin im Streitjahr die englische Firma XY-Bau, …, United Kingdom (XY-Bau), beauftragt, Dachdeckerarbeiten zu erbringen. Auf den Rechnungen der Firma XY-Bau sind neben der Adresse eine Telefon- und Faxnummer sowie die Handelsregisternummer der Eintragung in England angegeben. Die Korrespondenz wurde über eine niederländische Postfachadresse abgewickelt. Herr W.F. D war bevollmächtigt, Verträge zu unterschreiben und Schecks und Bargeld in Empfang zu nehmen. Die Arbeiten wurden in der Zeit vom 14. März bis 6. Mai 1994 auf einer Baustelle in Crailsheim von den Arbeitnehmern A, B, C und D erbracht. Die Klägerin bezahlte 76.178 DM an die Firma XY-Bau, Steuerabzugsbeträge wurden nicht einbehalten.

Dieser Vorgang wurde zunächst im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung durch das Finanzamt NN im Jahr 1997 aufgegriffen und als Arbeitnehmerüberlassung gewertet. Der Lohnsteueraußenprüfer unterwarf den bezahlten Aufwand der pauschalen Lohnsteuer mit 15 %. Die Lohnsteuernachforderung wurde mit Haftungsbescheid vom 30. Juni 1999 auf 11.426,70 DM festgesetzt und von der Klägerin bezahlt.

Mit Schreiben vom 19. April 1999 teilte das FA dem Klägervertreter mit, dass es sich um einen unerlaubten Arbeitnehmer-Entleih handle, der steuerrechtlich nicht zum Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben berechtige. Es wurde angekündigt, den Betrag bei der Einkommensermittlung 1994 gem. § 160 AO den nichtabziehbaren Aufwendungen hinzuzurechnen.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 1999 führte das FA ferner aus, bei der Firma XY-Bau handle es sich um eine Domizilgesellschaft; bei derartigen Gesellschaften bestehe grundsätzlich ein Benennungsverlangen der tatsächlichen und wirtschaftlichen Empfänger der Zahlungen. Dieses Verlangen sei gemäß § 160 AO an den Klägervertreter am 19. April 1999 gerichtet worden. In Hinblick auf die drohende Festsetzungsverjährung erlies das FA nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide unter dem 17. Dezember 1999, die abschließende Zeichnung erfolgte am 3. Dezember 1999. Darin verweigerte das FA den vollen Abzug als Betriebsausgaben und erkannte nur 38.089 DM (die Hälfte der als Aufwand gebuchten Fremdleistung) als Aufwand an. Gegen diese Änderungsbescheide wandte sich die Klägerin mit ihrem Einspruch vom 29. Dezember 1999.

Mit Schreiben vom 7. März 2000 forderte das FA, in Anbetracht der Sach- und Rechtslage, die Klägerin auf, die tatsächlichen, wirtschaftlichen Empfänger der Zahlungen (also die sogenannten Hintermänner) nachprüfbar mit Namen und Anschrift zu benennen.

Mit weiteren Änderungsbescheiden (Teilabhilfebescheide) vom 9. März 2000 bzw. vom 10. April 2000 wurden die gezahlte Lohnsteuer in Höhe von 11.427 DM und eine zusätzliche Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von 3.377 DM berücksichtigt.

Die Körperschaftsteuerveranlagung für 1994 entwickelte sich im Einzelnen wie folgt:

Bescheid vom

4.1.1996

17.12.1999

9.3.2000

10.4.2000

Steuerbilanzgewinn/-verlust:

205.276

243.365

231.938

228.561

Hinzurechnungen:

82.742

82.742

82.742

82.742

Summe der Einkünfte:

abziehbare Spenden

-180

-180

-180

-180

Gesamtbetrag der Einkünfte /

Einkommen /

zu versteuerndes Einkommen

Tarifbelastung:

129.527

146.667

141.525

140.005

KSt-Minderungsbetrag auf Ausschüttungen:

-61.601

-63.981

-63.267

-63.056

KSt-Erhöhungsbetrag auf Ausschüttungen:

18

./.

./.

./.

festgesetzte Körperschaftsteuer:

(Beträge in DM)

Die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1994 entwickelte sich wie folgt:

Bescheid vom

4.1.1996

17.12.1999

9.3.2000

10.4.2000

EK 50

252.459

252.459

252.459

252.459

EK 45

171.813

192.762

186.477

184.620

EK 30

27777

27.777

27.777

27.777

EK 02

12

12

12

12

Summe der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals:

(Beträge in DM)

Der Bescheid für 1994 über den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag wurde zusätzlich mit Bescheid vom 25.8.1999 geändert, diese Änderung (Zinsen nach § 10 Nr. 2 KStG) war unstreitig. Im Einzelnen:

Bescheid vom

4.1.1996

25.8.1999

17.12.1999

9.3.2000

10.4.2000

Gewinn aus Gewerbebetrieb:

287.838

287.838

325.927

314.500

311.123

Hinzurechnungen:

42.669

66.622

66.622

66.622

66.622

Kürzungen:

-480

-480

-480

-480

-480

Verbl...

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