Berechnung der Gewinngrenze für Investitionsabzugsbeträge
Investitionsabzugsbeträge können nach § 7g Abs. 1 Satz 2 EStG u.a. nur in Anspruch genommen werden, wenn der Gewinn nach § 4 oder § 5 EStG ermittelt wird und im Wirtschaftsjahr, in dem die Abzüge vorgenommen werden sollen, ohne Berücksichtigung der Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG und der Hinzurechnungen nach § 7g Abs. 2 EStG der Gewinn 200.000 EUR nicht überschreitet.
Überschreitung der Gewinngrenze durch außerbilanzielle Hinzu- und Abrechnungen
In einem Fall des FG Baden Württemberg ist zwischen den Beteiligten streitig, wie das Tatbestandsmerkmal "Gewinn" in § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG auszulegen ist. In ihrem beim Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenen Datensätzen durch Datenfernübertragung eingereichten Jahresabschluss zum 31.12.2020 ermittelte die Klägerin (eine Gewerbebetreibende) einen Steuerbilanzgewinn von 199.309,90 EUR. Dieser Betrag stellt nach ihrer Auffassung auch den "Gewinn" für die Prüfung der Überschreitung der Gewinngrenze i.S.v. § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG in Höhe von 200.000 EUR dar. Außerbilanzielle Hinzu- bzw. Abrechnungen seien nicht zu berücksichtigen. Die Gewinngrenze sei daher im Urteilsfall nicht überschritten und der geltend gemachte Investitionsabzugsbetrag von 120.000 EUR könne berücksichtigt werden.
Das Finanzamt erkannte den Investitionsabzugsbetrag jedoch nicht an, weil seiner Meinung nach die Gewinngrenze von 200.000 EUR überschritten ist. Der maßgebliche Gewinn sei wie folgt zu ermitteln:
Steuerbilanzgewinn | 199.309,90 EUR |
Außerbilanzielle Hinzu- und Abrechnungen: | |
§ 3 Nr. 40 EStG steuerfreie Erträge (Teileinkünfteverfahren) | - 1.170,00 EUR |
nichtabziehbare Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5, 6 und 7 EStG | +1.457,00 EUR |
nichtabziehbare Gewerbesteuer nach § 4 Abs. 5 EStG | +10.199,00 EUR |
209.795,90 EUR |
Zur Begründung seiner Auffassung verwies das Finanzamt auf das BMF, Schreiben v. 15.6.2022, IV C 6 - S 2139 - b/21/10001 :001, wonach außerbilanzielle Korrekturen der Steuerbilanz bei der Ermittlung des Gewinns i.S.v. § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG zu berücksichtigen seien.
Entscheidung des FG Baden-Württemberg
Das FG Baden-Württemberg hat der Klage der Steuerpflichtigen stattgegeben ( Urteil v. 2.5.2023, 10 K 1873/22). Nach Auffassung des Gerichts ist unter "Gewinn" i.S.v. § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG der Steuerbilanzgewinn und nicht der steuerliche Gewinn i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu verstehen. Eine Korrektur um außerbilanzielle Positionen wie nichtabziehbare Betriebsausgaben oder einkommensteuerfreie Einnahmen (z.B. Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 EStG) findet danach nicht statt.
Im Gesetz sei zwar nicht geregelt, ob der Gewinn um nichtabziehbare Betriebsausgaben zu erhöhen bzw. um steuerfreie Betriebsvermögensmehrungen zu mindern ist, d.h. ob der steuerliche Gewinn i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG für die Bestimmung der Gewinngrenze ausschlaggebend sein soll. Der Wortlaut des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG deute auf eine Maßgeblichkeit des nicht korrigierten Gewinns hin. Das Gesetz stellt nach Auffassung des FG auf den nach § 4 bzw. § 5 EStG "ermittelten" Gewinn ab. Dies lasse darauf schließen, dass Erhöhungen und Minderungen, die sich außerhalb der Gewinnermittlung vollziehen, bei der Bestimmung des Grenzwerts von 200.000 EUR unberücksichtigt bleiben sollen.
Unter Zugrundelegung dieser Auslegung habe die Klägerin einen Gewinn i.S.v. § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG in Höhe von 199.309,90 EUR (Steuerbilanzgewinn) erzielt. Dies habe zur Folge, dass die Gewinngrenze von 200.000 EUR nicht überschritten wurde und der beantragte Investitionsabzugsbetrag von 120.000 EUR in Abzug zu bringen sei.
Tipp: Revision zugelassen und eingelegt
Das FG hat die Revision gegen sein Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO), die vom Finanzamt wohl auch eingelegt worden ist (Az beim BFH X R 14/23). Die spannende Frage geht nun dahin, ob der BFH der Rechtsauffassung des FG folgt. In vergleichbaren Fällen sollte Einspruch eingelegt werden. Einsprüche ruhen nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes.
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