Entscheidungsstichwort (Thema)
Finale Betriebsstättenverluste im Zusammenhang mit Währungsverlusten. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 45/23)
Leitsatz (redaktionell)
Die steuerliche Nichtberücksichtigung von Fremdwährungsverlusten im Zusammenhang mit der Aufgabe einer ausländischen Betriebsstätte verstößt nicht gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit, wenn Deutschland nach dem DBA auf die Besteuerung der Einkünfte aus dieser Betriebsstätte verzichtet hat.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1; DBA-Irland 1962 Art. III Abs. 1 S. 1, Art. XXII Abs. 2 Buchst. a; AEUV Art. 49
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Gegenstand der Klage ist die steuerliche Nichtberücksichtigung finaler Fremdwährungsverluste im Zusammenhang mit der Aufgabe der irischen Betriebsstätte der Organgesellschaft ABC Deutschland GmbH i.H. von … EUR.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in München. Der Gegenstand ihres Unternehmens ist die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von sowie der Handel mit … Produkten aller Art im In- und Ausland.
Die Klägerin ist (körperschaftsteuerlich) Organträgerin der Firma ABC Deutschland GmbH, deren Wirtschaftsjahr jeweils vom 01.04. bis 31.03. lief. Die Organgesellschaft unterhielt in Irland eine Betriebstätte, die mit Wirkung zum 01.01.2007 veräußert wurde. Die Abwicklungsarbeiten erfolgten teilweise noch im Wirtschaftsjahr 2007/2008.
Die irische Betriebstätte hatte das ihr zugeordnete Kapital („Dotationskapital”) bis 1999 in Irischen Pfund und anschließend in Euro ausgewiesen. Das Stammhaus (ABC Deutschland GmbH) hatte das Vermögen der irischen Betriebstätte, insbesondere das ihr zur Verfügung gestellte Dotationskapital, ebenfalls bis 1999 in DM bilanziert. Durch die seit Gründung der Betriebstätte im Jahr 1972 bis einschließlich 1998/1999 aufgetretenen Änderungen der Währungsparität Irisches Pfund/DM ergaben sich beim deutschen Stammhaus bis in das Jahr 2000 Währungskursverluste in Höhe von … EUR, die der irischen Betriebstätte zugeordnet wurden, sich aber in der irischen Betriebstätte steuerlich nicht auswirken konnten. Sie wurden beim Stammhaus handelsrechtlich zu Lasten der Kapitalrücklage gebucht. Zum Stichtag 01.04.2007 nahm die ABC Deutschland GmbH (Organtochter der Klägerin) eine gewinnmindernde Berücksichtigung der Währungskursverluste vor. Das Finanzamt setzte die Körperschaftsteuer 2007 der Klägerin mit dem unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 01.09.2009 unter Berücksichtigung eines zu versteuernden Einkommens von … EUR auf … EUR fest.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung (vgl. Bericht vom 25.01.2011) kam das Finanzamt unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Währungskursverluste im Zusammenhang mit der irischen Betriebstätte nicht berücksichtigungsfähig seien. Mit Änderungsbescheid vom 2.07.2011 wurde die Körperschaftsteuer 2007 unter Berücksichtigung eines zu versteuernden Einkommens der Klägerin von … EUR auf … EUR festgesetzt. Ebenfalls mit Bescheid vom 22.07.2011 wurde der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2007 auf … EUR festgestellt.
Auch im Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 22.02.2017 wurden die Währungskursverluste nicht berücksichtigt. Das zu versteuernde Einkommen der Klägerin wurde mit … EUR und die Körperschaftsteuer 2008 auf … EUR festgesetzt.
Die gegen die Bescheide vom 22.07.2011 und 22.02.2017 eingelegten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 22.11.2018 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich das vorliegende Klageverfahren, das zwischenzeitlich wegen der beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahren I R 17/16, I R 48/17, I R 49/17 und I R 32/18 sowie der beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängigen Verfahren C-607/17 und C-608/17 ruhte.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass die steuerliche Nichtberücksichtigung der Fremdwährungsverluste im Zusammenhang mit der Aufgabe der irländischen Betriebsstätte ihrer Organgesellschaft auf Grundlage der bisherigen EuGH-Rechtsprechung einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV darstelle. Nach dem EuGH-Urteil vom 28.02.2008 „Deutsche Shell” Az. C-293/06, BStBl 2009 I S. 1332) liege ein nicht gerechtfertigter Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vor, wenn Währungsverluste, die Kraft ihrer Natur nach nie im Betriebsstättenmitgliedstaat entstehen können, nicht vom Mitgliedsstaat des ansässigen Unternehmens berücksichtigt würden. Dies gelte auch, wenn der Mitgliedstaat des ansässigen Unternehmens im Rahmen eines bilateralen Abkommens auf seine Steuerfreiheit verzichtet habe.
Die vom EuGH insbesondere mit seinen Urteilen vom 22.09.2022 („W AG” C-538/20) sowie vom 12.06.2018 („Bevola” C-650/16) vorgenommene Einschränkung zu finalen Betriebsstättenverlusten seien im Streitfall nicht einschlägig, da dabei nicht auf die Berücksichtigung von Währungsverlusten eingegangen worden sei. Insbesondere werde in diesen Urteilen nicht auf das explic...